Klondike
solange ihr währt.
Die Zeit, sie soll euch verfliegen.
Die Blume, die heut noch ein Lachen gewährt, Wird morgen im Sterben liegen.
Die Sonne, das herrliche, himmlische Licht,
Je mehr sie an Hohe gewinnt,
Desto eher ihr Wettlauf dem End’ zugericht’ Und näher sie dann verrinnt.
Die beste Zeit, die Jugendzeit,
Wenn’s Blut noch wärmer fließt.
Doch ist sie um, nicht viel verbleibt,
Und Schlimm’res sich ergibt.
Drum seid nicht scheu, und nutzt die Jahre, Wenn es sich gibt, nehmt einen Mann.
Denn welkt die Blut’, es wäre schade,
Weil man nicht ewig zaudern kann.
ROBERT HERRICK
Lord Luton fuhr dann in seinen Anmerkungen an dieser sehr persönlichen Lyriksammlung fort: »Es kamen aber auch harte Zeiten, schreckliche Zeiten, in denen wir nicht der Erbauung durch Liebesverse bedurften, sondern der gestrengen Mahnung daran, was den wesentlichen Charakter des Menschen ausmachen sollte. In solchen Augenblicken wendeten wir uns jenen unumstößlichen Lebensregeln zu, die sagen, wie man sich als Engländer in mißlichen Lagen zu verhalten hat; Gedichten, die wie Hornsignale tönen, steht die unzivilisierte Welt vor unserer Tür. Mein Herz schlägt höher, wenn ich sie noch einmal lese.«
CXXIV
Welch Schlaf den Tapfren, zur Ruhe gebettet,
Vom Land gesegnet, das sie errettet!
Wenn Frühlingsfinger kalt betaut,
An Deck kehrt ihre hohle Haut,
Wird schmücken sie ein süß’rer Boden Als Dichterfüße je betreten.
Ihr Totengeläut, von Feenhand geschlagen Ihr Klag’lied auf fremder Zunge getragen:
Euer Ehr’ kommt, ein Pilger in Grau,
Zu beseel’gen die Narbe, die umhüllt ihre Asche,
Daß Freiheit eine Weile herrscht,
Wo weilt ein weinend Eremit, dort!
WILLIAM COLLINS
LXXI
Wenn ich bedenke, wie auf halbem Wege Mein Licht erlosch und mich die Nacht umbreitet,
Das Pfund, das zu vergraben Tod bedeutet,
Verdirbt trotz aller Inbrunst, die ich hege.
Zum Dienst des Herrn (denn schilt er sonst mich nicht) Am jüngsten Tag?), dann frag ich Narr mich wohl: »Wie? Gott heischt Arbeit, die ich schaffen soll,
Und er versagt das Licht dazu?« - Drauf spricht
Die Demut: »Murre nicht! Gott hat nicht not Des Menschenwerks; sein Joch ist sanft, und wer Es trägt, tut Dienst, den Höchsten aller Arten.
Bedenk, Gott ist ein König; sein Gebot Schickt rastlos Tausende durch Land und Meer:
Auch jene dienen, die nur stehn und warten.«
JOHN MILTON
LXXIII
Nicht wie beim Baum die Höh’ und Pracht Ist’s, was den Menschen edler macht: Dreihundert Jahr’ lang steht die Eiche stolz Und schließlich stürzt sie und ist dürres Holz.
Ein Schneeglöckchen im Hag,
Lebt’s auch nur einen Tag,
Des lichten Lenzes reinster Traum,
Kann edler sein als Strauch und Baum.
Im engsten Kreis kann Schönheit reich gedeihn: Auch kleines Leben kann vollendet sein.
BEN JONSON
CCXLVI
Einen traf ich, fern aus antikem Land Der sprach: Zwei Beine, steinern, riesig, rumpflos Stehn in der Wüste ... Nahbei, halb im Sand Liegt ein zerbrochnes Antlitz, dessen Runzeln Kommandolächeln, kalten Hohn und Lauem Erzähln, sein Bildner las die Züge gut,
Die, aufgepreßt auf Totes, überdauern
Die formende Hand und das Herz, das sie trug:
Und auf dem Sockel ist dies eingemeißelt:
»Ich heiß’ Osymandias, Königskönig:
Seht, Mächtige, mein Werk an, und verzweifelt!« Nichts sonst ist übrig. Rings um den Verfall Des kolossalen Wracks, glatt, einsam, eben, Strecken sich Sande grenzenlos und kahl.
PERCEY BYSSHE SHELLEY
LXXXIII
Nenn, Lieb, mich nicht unfreundlich du, Flieh aus der Nonnenklaus Deiner keuschen Brust und Seelen Ruh Ich in den Krieg hinaus.
Wohl denn, ein neue Buhlschaft sei Der Feind mir im Gefild;
Ergreif ich nun nicht minder treu Ein Schwert, ein Pferd, ein Schild.
Und doch in solchem Wechsel blieb Ich dir getreu wie sehr:
Nie liebt ich dich so heiß, mein Lieb, Liebt ich nicht Ehre mehr.
COLONEL LOVELACE
»Und dann gab es da noch jenes kleine Lied von dem Meister unserer Sprache. Seine Worte sind schlicht, und einige Zeilen entbehren nicht der Komik, aber aus ihnen spricht die reine Freude am Dasein. Diese Verse schätzten wir vor allen anderen, lasen sie uns oft gegenseitig vor, wenn die Temperaturen draußen in die Tiefe rutschten.«
XXVII
Wenn Eis in Zapfen hängt am Dach,
Und Thoms, der Hirt, vor Frost erstarrt, Wenn Hans die Klötze trägt ins Fach,
Die Milch gefriert im Eimer hart,
Die Spur verweht, der Weg verschneit, Dann nächtlich friert der Kauz und schreit: Tuhu,
Tuwitt, tuhu -
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