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Kloster Northanger

Kloster Northanger

Titel: Kloster Northanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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ließ es keine Ruhe. Auch um Hauptmann Tilney machte sie sich große Sorgen. Obwohl ihr sein Aussehen nicht gefiel, gab ihm sein Name doch Anspruch auf ihr Wohlwollen, und sie dachte mit echtem Mitgefühl an die bevorstehende Enttäuschung; denn trotz allem; was sie in der Brunnenhalle mit angehört zu haben glaubte, ließ sich sein Betragen so wenig mit der Kenntnis von Isabellas Verlobung vereinbaren, dass sie bei genauerem Nachdenken sich nicht vorstellen konnte, dass er davon wusste. Auf ihren Bruder als Rivalen mochte er ja eifersüchtig sein, aber wenn es ihr vorgekommen war, als ob mehr dahinterstecke, dann musste sie etwas missverstanden haben. Sie hätte Isabella gerne durch einen freundlichen Wink an ihre Situation erinnert, aber für einen solchen Wink fehlte entweder immer Gelegenheit oder Bereitwilligkeit. Wenn sie Gelegenheit zu einer Anspielung hatte, verstand Isabella sie nie. In dieser verzweifelten Lage wurde die bevorstehende Abreise der Tilneys ihr ganzer Trost. Ihre Reise nach Gloucestershire sollte in ein paar Tagen stattfinden, und Hauptmann Tilneys Entfernung würde wenigstens die Seelenruhe aller außer seiner eigenen wiederherstellen. Aber Hauptmann Tilney hatte im Moment gar nicht die Absicht, sich zu entfernen, er wollte gar nicht mit nach Northanger kommen, er wollte in Bath bleiben. Als Catherine dies erfuhr, stand ihr Entschluss fest. Sie wandte sich in der Angelegenheit an Henry Tilney, bedauerte die offensichtliche Vorliebe seines Bruders für Miss Thorpe und bat ihn, ihm ihre seit längerem bestehende Verlobung mitzuteilen.
    »Mein Bruder weiß davon«, war Henrys Antwort.
    »Wirklich! Aber warum bleibt er dann hier?«
    Er gab keine Antwort und begann, von etwas anderem zu sprechen, aber sie fuhr hartnäckig fort: »Warum überreden Sie ihn nicht, abzureisen? Je länger er bleibt, um so unangenehmer wird es schließlich für ihn sein. Bitte, raten Sie ihm um seinet- und aller anderen willen, Bath sofort zu verlassen. Die Trennung wird ihm auf die Dauer darüber hinweghelfen, aber hier hat er gar nichts zu hoffen, und bleiben bedeutet nur, sich unglücklich zu machen.« Henry lächelte und sagte: »Ich bin sicher, daran liegt meinem Bruder gar nichts.«
    »Dann werden Sie ihn also überreden, abzureisen?«
    »Überredung nützt nichts, aber entschuldigen Sie bitte, wenn ich nicht einmal versuchen kann, ihn zu überreden. Ich selbst habe ihm erzählt, dass Miss Thorpe verlobt ist. Er weiß, was er tut, und ist sein eigener Herr.«
    »Nein, er weiß nicht, was er tut«, rief Catherine, »er weiß nicht, was er meinem Bruder für Kummer bereitet. Nicht dass mein Bruder mir das je gesagt hat, aber ich fürchte, er fühlt sich sehr unbehaglich.«
    »Und sind Sie sicher, dass das an meinem Bruder liegt?«
    »Ja, ganz sicher.«
    »Sind es die Aufmerksamkeiten meines Bruders gegenüber Miss Thorpe oder ist es Miss Thorpes Entgegenkommen, das ihm Kummer bereitet?«
    »Ist das nicht dasselbe?«
    »Ich glaube, Mr. Morland würde den Unterschied anerkennen. Kein Mann ist beleidigt, wenn ein anderer Mann die Frau bewundert, die er liebt; nur die Frau kann es zur Qual machen.«
    Catherine errötete für ihre Freundin und sagte: »Isabella tut unrecht. Aber ich weiß, sie will ihn nicht quälen, denn sie liebt ihn sehr. Sie liebt ihn seit ihrer ersten Begegnung, und solange die Zustimmung meines Vaters noch ausstand, hat sie sich vor Sorge fast in ein Fieber hineingesteigert. Dann muss sie doch an ihm hängen.«
    »Ich verstehe: Sie liebt James und flirtet mit Frederick.«
    »O nein, sie flirtet nicht. Eine Frau, die in einen Mann verliebt ist, kann gar nicht mit einem anderen Mann flirten.«
    »Wahrscheinlich würde sie überzeugender lieben oder flirten, wenn sie beides unabhängig voneinander täte. Die Herren müssen beide ein wenig nachgeben.«
    Nach einer kurzen Pause nahm Catherine den Faden wieder auf: »Dann glauben Sie also nicht, dass Isabella so sehr an meinem Bruder hängt?«
    »Darüber steht mir kein Urteil zu.«
    »Aber worauf will Ihr Bruder hinaus? Wenn er weiß, dass sie verlobt ist, worauf will er dann mit seinem Benehmen hinaus?«
    »Sie stellen sehr präzise Fragen.«
    »Wirklich? Ich frage nur, was ich erfahren möchte.«
    »Aber fragen Sie auch nur, was Sie Aussicht haben, von mir zu erfahren?«
    »Ich glaube, ja, denn Sie müssen doch das Herz Ihres Bruders kennen.«
    »Über das Herz meines Bruders, wie Sie es nennen, kann ich bei dieser Gelegenheit, wie ich Ihnen

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