Klotz Und Der Unbegabte Moerder
irgendwo einmal gehört hatte. Jeder möchte die Welt retten, aber niemand hat Lust, den Müll runterzubringen . Klotz zog die Tür hinter sich zu.
Er war wieder auf dem Flur. Nachdem ihm das Geräusch eines leisen Wimmerns versichert hatte, dass Cordes immer noch mit seinem Nervenzusammenbruch beschäftigt war, öffnete er die gegenüberliegende Tür.
Die Bettwäsche war bordeauxrot und durchwühlt. In ihrer Mitte hatte es sich eine schwarze Katze bequem gemacht. Sie drehte Klotz den Kopf zu und begann zu schnurren, als sie seiner ansichtig wurde. Klotz sah ihr für eine Weile in die grünen Augen. Ihre Lider hoben und senkten sich wie im Takt. Schließlich ging er in das angrenzende Bad.
Er hatte jedes Fach durchsucht, hinter jede Schranktür geschaut, doch nichts gefunden, was irgendwie interessant erschienen wäre. Jetzt sah er sich im Spiegel, und ihm fiel auf, dass sein Gesicht ganz schön verschwitzt war. Auf Brusthöhe wies sein T-Shirt einen feuchten Fleck auf. Klotz zog am Gummizug der Halsöffnung und steckte seine Nase hinein. Nachdem er sich kurz beschnüffelt hatte, verzog er das Gesicht. Dann öffnete er eine Tür des Spiegelschranks, hinter der er vorhin so etwas wie ein Deodorant zu sehen geglaubt hatte. Pech gehabt. Doch nichts. Oder vielleicht doch? Er hatte ein Fläschchen Eau de Toilette in die Hand genommen. Drehte langsam den Verschluss auf und roch.
Und was er da roch, ließ ihn für Sekunden vergessen, wo er war und was er gerade tat. Er sah wieder diesen wunderschönen Frauenkörper vor sich liegen. Beinahe schwebend, entrückt, wie ein Engel erschien diese tote Frau vor seinem inneren Auge. Ihre gekreuzten Beine, ihre Knie, der kurze schwarze Rock, die weiße Bluse darüber und diese Rose. Er sah ihr Gesicht, diese dunklen, verschleierten Augen und das ausgeworfene Haar. Dieses blonde Haar, das in alle Richtungen floss.
Als Klotz sich wieder im Spiegel sah, erschrak er. Dann verschraubte er das Fläschchen und stellte es zurück. Bevor er die Tür des Spiegelschranks schloss, las er die Aufschrift auf dem Flakon: »White Linen Light Breeze«. Wie er diesen Duft wohl an Melanie finden würde, fragte er sich flüchtig und schüttelte den Kopf.
Paul Cordes hatte die beiden Ermittler bis nach unten vor die Haustür begleitet. Die spätnachmittägliche Sonne, die sich unweigerlich auf ihrem Weg gen Westen befand, brachte die Menschen auf den Straßen der Südstadt immer noch ordentlich zum Schwitzen. Klotz sah in den Rinnstein, wo ein halb zerknülltes Dönerpapier vor sich hin wirbelte, und fragte sich, ob er es nicht aufheben und Cordes zum Abschied in die Hand drücken sollte. Dann hätte der ein weiteres Ausstellungsstück für seine Müllsammlung. Er entschied sich, Cordes stattdessen die rechte Hand zu reichen.
»Bitte halten Sie sich zur weiteren Verfügung. Wir werden in den nächsten Tagen sicher auf Sie zukommen. Ich kann Ihre Trauer zwar verstehen, aber Sie wollen ja bestimmt auch, dass wir den Mörder Ihrer Frau finden. Denken Sie nach: Hatte Ihre Frau Feinde? Gibt es da irgendjemanden, der ein Interesse daran gehabt haben könnte, Ihre Frau umzubringen?«
Als Klotz Cordes’ Hand losließ, bemerkte er, dass sein Gegenüber an Unterarmen und Handrücken ziemlich behaart war. Er sah seiner Kollegin ins Gesicht. Haevernick hatte die Lippen zusammengepresst, ihr Blick war vorwurfsvoll, was Klotz nicht wunderte, was ihm aber auch relativ egal war. Ermittlungsarbeit war nun einmal kein Zuckerschlecken, zumal wenn man Oberkommissarin war und gleichzeitig bei der Mordkommission. Sollte sie halt Streife fahren, wenn ihr die menschlichen Schicksale zu nahe gingen, denen sie hier tagtäglich ausgesetzt waren. Und diese Trostspenderei, das war nun einmal nicht sein Ding, da brauchte man ihn nur anzusehen. Das sah ja ein Blinder mit Krückstock, dass er dazu völlig unfähig war, zumindest wenn die Betroffenen dem männlichen Geschlecht angehörten. Genau so etwas in der Art würde er ihr nachher sagen, wenn sie ihn auf das, was in der letzten halben Stunde geschehen war, ansprechen würde.
Klotz blickte wieder zu Cordes, und ihm fiel auf, dass ihn der Journalist ein wenig an George Clooney erinnerte. Also bitte, weshalb denn nur diese vorwurfsvolle Mimik, die Haevernick hier an den Tag legte! Da gab es doch überhaupt keinen Grund, die beleidigte Leberwurst zu spielen!
Plötzlich bemerkte er eine junge Frau, die über die Straße lief und auf sie zukam. Sie trug ein violettes
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