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Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Titel: Klotz Und Der Unbegabte Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Klier
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knallte eine geöffnete Flasche Bier auf die Theke, um gleich darauf in der Menge zu verschwinden.
    Klotz versuchte sich zu beruhigen. Nahm die nulldreiunddreißiger Flasche Astra in die Hand und schüttete die Plörre in sich hinein. So etwas kann man echt nur zur Abkühlung trinken und zu sonst nichts, dachte er, als er die leere Flasche zurück auf den Tresen stellte.
    Er zuckte zusammen, als er aus den übersteuerten Lautsprechern plötzlich eine Stimme hörte, die ihm bekannt vorkam. Dann drehte er sich um und staunte nicht schlecht, als er Willibald Schittkowski auf der Bühne stehen sah. Er trug ein dunkelbraunes Hemd, auf dem sich weiße Kringel und orangefarbene Kreise darum stritten, wer dem Publikum zuerst die Erfahrung eines weit fortgeschrittenen Augenkrebses bescheren durfte. Dazu kam eine verspiegelte Sonnenbrille in goldfarbenem Gestell. Hätten nur noch eine Panzerkette um den Hals und ein paar Klunker an den Wurstfingern gefehlt, um den Zuhälter perfekt zu machen.
    »Hallo, Leute! Nach den glorreichen Furious Five darf ich euch jetzt eine Truppe der besonderen Art vorstellen. Ich weiß gar nicht, wie ich das nennen soll, was dieser Haufen so spielt. Indie, Punkrock, Minimal oder von allem etwas? Begrüßt mit mir die einzigartigste und übercoolste Schüler-Band Nürnbergs. Hier ist World Wide Suicide!«
    Wo war er hier? War das noch die Realität? Oh Gott, nein! Jetzt winkte Schittkowski auch noch zu ihm rüber.
    »Scheint Sie ja mächtig sympathisch zu finden, der Schittkowski. Noch ‘n Bier, Meister?«
    Erst jetzt bemerkte er, dass ihm der Mund weit offen stand.
    »Am besten gleich zwei.«
    »Geht klar, Meister.«
    Nachdem er zwei, drei Schlucke genommen und die Fassung wieder einigermaßen zurückerlangt hatte, stand er auf, um eine bessere Sicht auf die Bühne zu bekommen. Der rothaarige Junge mit den dicken Brillengläsern saß am Schlagzeug, Cem Bülent bearbeitete den Bass, und zwischen den beiden, am Mikrofon, spielte Maximilian Rausch auf der Gitarre. Was Klotz da hörte, erinnerte ihn an stumpfe Metallteile, die wieder und wieder gegeneinander gedroschen wurden. Der rohe, sperrige Sound, der durch die Boxen hier nach unten schallte, hatte mit Melodie oder Musik etwa so viel gemeinsam wie ein Stapel Holz mit einem Goldbarren. Vielleicht hätte ja ein Barney Geröllheimer dem Ganzen hier irgendwie etwas abgewinnen können. Klotz sehnte sich nach der souligen Stimme von Bono, dem Leadsänger seiner Lieblingsband  U2 . Nun, dachte er, vielleicht fehlte ihm auch einfach nur das Feingefühl für eine Jugendlichkeit, die er nicht mehr verstand.
    Plötzlich spürte er ein Tippen auf seiner Schulter.
    »Hallo, Herr Bieringer!«
    Klotz drehte sich um und war nicht wenig erstaunt, als er Anja Löterich erkannte. »Hallo, Anja.«
    »Ich hoffe, Sie sind nicht sauer auf mich.«
    Sie klimperte mit ihren falschen Wimpern, die umgeben waren von den Farben Gold und Grün.
    Warum nur sollte er sauer sein? Weil sie ihn bei ihrem Vater angezeigt hatte? Oder etwa weil er mehr oder weniger öffentlich vorgeführt worden war? Weil sich seine Autorität nun in irgendeinem Mülleimer befand? Wer wird schon so kleinlich und nachtragend sein!
    Klotz überlegte. Er war hier zum Ermitteln da, und diese Schulsache würde sowieso in ein paar Tagen vorbei sein. Insofern war es scheißegal, ob er nun Autorität hatte oder nicht. Es galt einzig und allein, der Wahrheit ans Licht zu helfen.
    »Nun, Anja, sagen wir mal so …«
    Sie senkte den Blick. Ihre Finger spielten halb verlegen und halb anzüglich um den Hals seiner offenen Bierflasche. »Das war wohl ein Griff in die Kloschüssel, was ich da heute Morgen gemacht habe, oder?«
    Es war das erste Mal, dass Klotz etwas halbwegs Geistvolles von Anja Löterich hörte.
    »Aber ein gaaanz tiefer«, präzisierte er und hielt dabei den Zeigefinger der rechten Hand in die Höhe. Und wie um der Feststellung noch mehr Gewicht zu verleihen, nahm er ihr die Bierflasche fort und trank sie in einem Zug aus. Schmeckte nach Haaren auf der Brust, irgendwie.
    Die Band World Wide Suicide hatte das Lied mit dem gleichnamigen Titel beendet. Wieder erschien Schittkowski, aufgedreht, überkandidelt. Moderierte den nächsten Song an. Eine Coverversion eines Nancy-Sinatra-Stücks. Plötzlich spürte Klotz etwas Weiches an seiner Schulter. Er drehte seinen Kopf. Sein Blick fiel auf Anja Löterichs Dekolleté, und er begriff, dass sie ihn gerade mit ihren Brüsten berührte. Ein Versehen

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