Klotz Und Der Unbegabte Moerder
Toilettenraum warf.
»Also, da hast du dich ja ganz schön zugelötet gestern, mein Freund«, Schittkowski hatte eine Hand auf Klotz’ Schulter gelegt und sah ihm fest in die Augen, »aber mach dir keine Sorgen. Von mir erfährt keiner was.«
Jetzt hätte Klotz etwas sagen sollen, aber ihm fiel nichts ein. Das müde Gefühl in seinen Knochen gab ihm zu verstehen, dass im Moment ein hundertjähriger Schlaf angebrachter wäre als irgendwelche Diskussionen vom Zaun zu brechen.
»Das war ein Abend gestern. Du scheinst dich ja auch gut amüsiert zu haben. Ja, ja. Die Tochter von unserem Häuptling, die hat schon was.«
Schittkowski zwinkerte Klotz auf eine Art an, die etwas Konspiratives an sich hatte.
»Diesem Doktor Löterich. Dem wird noch Hören und Sehen vergehen.«
Klotz machte ein fragendes Gesicht.
»Keine Sorge. Hat nichts mit dir zu tun, Werner. Aber du kannst dich sicher noch daran erinnern, als ich dir erzählt habe, dass mit dem Doktortitel von unserem Massa etwas nicht stimmt. Und jetzt ist es so weit. Ich habe lange genug recherchiert und jede Menge Stellen gefunden, die der Herr Schulleiter einfach abgeschrieben hat. Keine Quellenangabe, nichts. Nächste Woche geh ich mit meinen Ergebnissen online. Das gibt einen Knall, das sag ich dir.«
Schittkowski klopfte ihm fest auf die Schulter. Klotz fühlte sich unwohl.
»Da machen wir ein Fest, tausendmal so heftig wie das, was gestern abgelaufen ist. Da löterichen wir uns ordentlich zu, ganz ohne Titel und Würden.«
Ein schallendes Lachen brach aus Schittkowskis Mund hervor. Klotz musste gähnen.
»Ich muss dann mal«, entschuldigte sich Klotz und war erstaunt darüber, dass seine Stimme einigermaßen frisch klang. »Bis später, mein Freund.«
Schittkowski hielt ihn fest. »Hast du schon mal an dir heruntergeschaut?«
Klotz stand benommen da und senkte den Blick. Ach du Schande! Was waren das da für Flecken auf seinem Hemd? Und der Ärmel da? War der etwa zerrissen?
»So kannst du unmöglich nach draußen gehen«, schlussfolgerte Schittkowski richtig, »aber mach dir keinen Kopf. Ich hab da was für dich. Ich geh nur schnell um die Ecke ins Lehrerzimmer, bin gleich wieder da. Du rührst dich nicht vom Fleck. Hörst du?«
Irgendwie schwante es Klotz, dass Schittkowski aufrichtig um ihn besorgt war, und er fragte sich, womit er das verdient hatte.
»Ja. Ich bleib schon da, Willibald .«
Während Schittkowskis Abwesenheit betrachtete Klotz seine Erscheinung im Spiegel und dachte darüber nach, wie weit er in diesen wenigen Tagen gesunken war. Dieser unselige Auftritt auf dem Lorenzer Platz, die Sache mit diesem Bayer, ein Einsatzwagen, der aussah wie die Karre des größten Zuhälters von ganz Nürnberg, und jetzt das da: ein vollgekotztes Hemd und ein zerfetztes Sakko. Er überlegte, ob er nicht wieder mit dem Rauchen anfangen sollte.
Schittkowski kam zur Tür herein und schwenkte das braune Hemd mit den knalligen Kreisen und Kringeln, das er gestern bei dem Bandabend getragen hatte.
»Muffelt vielleicht ein bisschen, aber immer noch besser als Auswurf am Kittel«, kommentierte Schittkowski.
Klotz zog sich um. Die zerstörten Kleidungsstücke warf er in den Mülleimer.
Als er auf den Gang hinaustrat, war er erstaunt über die Helligkeit des Tageslichts, das durch ein Panorama-Glasdach ins Innere der Schule flutete. Instinktiv fasste er sich an die Brusttasche und bemerkte, dass dort eine Sonnenbrille steckte. Dann wurde er sich der Situation bewusst, und ihm wurde klar, dass es einem Lehrer am Gymnasium wohl nicht besonders gut anstand, wenn er mit verspiegelten Gläsern vor den Augen durch die Gänge huschte.
Für einen Moment fiel ihm Leonie Zangenberg ein, die sich heute Morgen sicherlich darüber gewundert haben dürfte, nicht ihn, sondern Wasim Ashkani im Frisierkeller des Polizeipräsidiums vorgefunden zu haben. Die Arme hatte bestimmt einen ordentlichen Schreck bekommen. Aber das war jetzt auch nicht mehr rückgängig zu machen, wie so vieles.
Während er sich auf den Weg zum Klassenzimmer der 11a machte, stellte er fest, dass er gar keine Schultasche bei sich trug. Er tastete die Taschen seiner Hose ab, in der unsinnigen Hoffnung, dass sich dort irgendetwas Unterrichtverwertbares befinde. Das Einzige, was er zu Tage förderte, waren zwei Handys. Sein eigenes und das, welches er Frederik zu seinem Geburtstag hatte schenken wollen. Frederik.
In seiner Herzgegend spürte er ein leichtes Ziehen, und er beschloss, einen kleinen
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