Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Titel: Klotz Und Der Unbegabte Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Klier
Vom Netzwerk:
ihm das. Diese Wappen hatten etwas Heiteres an sich. So etwas in dieser Art hatte er noch nirgendwo gesehen. Durch die hohen, transparenten Glasfenster wirkte das Gebäude hell und freundlich.
    Er lehnte sich zurück und schloss die Augen. Ließ die Seele für einige Momente baumeln. Ob diese Regeneration im Schnellverfahren auf Dauer etwas brachte, das wusste er nicht, aber als er die Augen wieder öffnete, fühlte er sich deutlich geordneter.
    Eine ältere Dame mit grauen Locken auf dem Kopf und einer grünen Gießkanne in der Hand schlich auf dem Weg vor ihm in seine Richtung. Klotz stand auf.
    »Entschuldigen Sie, darf ich Sie mal etwas fragen?«
    »Jo freilich. Was hammsa denn für a Brobleem?«
    »Ähm, ich suche eine Familie Cordes. Die soll hier in Haßfurt wohnen.«
    Der Blick der Frau nahm einen gedankenvollen Charakter an und schweifte langsam in die Ferne.
    »Gordes hommsa gsacht?«
    »Ja, genau.«
    »Schwierich, do muss ich nochdenk.«
    »Also, die Tochter heißt Linda. Die Eltern dürften so um die fünfzig sein, vielleicht ein wenig älter.«
    »Sonst wissnsa nix?«
    »Die Familie stammt aus Südamerika.«
    Die Frau runzelte die Stirn, dann plötzlich erhellte sich ihre Miene.
    »Kann des sei, dass des die Archentinier sinn?«
    »Ja, ja! Argentinien, genau.«
    »Nacher wäss ich Bescheid. Wenn des die Archentinier sinn, die ich meen, dann wohna die in der Näh vo der Talstraß. Des is in Sylbi. Do müssnsa nach Nordn. In die Richdung da.«
    Die Frau streckte den Finger gegen die Fassade der Kirche.
    »Gut. Dann fahr ich da mal hin. Haben Sie vielen Dank … Ach ja, und noch was.«
    »Bidde?«
    »Wie heißt denn die Kirche hier?«
    »Des is die Ridderkappeln. Des wäss doch a jeds!«
    In der Sylbacher Talstraße hatte er noch zwei Passanten fragen müssen, bis er in einer der Querstraßen das Haus endlich ausfindig gemacht hatte. Jetzt öffnete er eine schmiedeeiserne Tür, die zwischen zwei schneeweißen Balusterreihen hing, und schritt auf einen quadratischen Baukörper zu, der so tat, als sei er ein italienisches Landhaus. Während er über blitzblanke Terrakottafliesen der Haustür entgegenstrebte, irritierte ihn etwas, das sich in seinen linken Augenwinkel geschlichen hatte. Er drehte sich um. Im Vorgarten der mediterranen Villa stand ein rostiges Gebilde aus gebogenen Stangen, das von Ferne an ein Tier erinnerte. Ein Hirsch, ein Rentier oder ein Elch? Wie passte das zu Italien?, fragte sich Klotz und drückte die Klingel.
    »Ja bitte?«
    Das stahlblond gefärbte Haar der Mittfünfzigerin war zu einem Dutt gebunden. Die blauen Augen stachen aus einem Gesicht, das in seinem Leben wohl zu oft schon einer unkontrollierten Sonneneinstrahlung ausgesetzt worden war. Anders waren die massiven Verwerfungen der Haut nicht zu erklären, mutmaßte Klotz.
    »Grüß Gott, Frau Cordes. Mein Name ist Bieringer, ich bin …«
    »Wir kaufen nichts!«
    »Nicht doch, Frau Cordes, ich bin ein –«
    Klotz spürte den Windhauch im Gesicht, den ihm die Eichentür zufächelte, als sie ins Schloss fiel.
    »Ich bin ein Kollege Ihrer verstorbenen Tochter!«, brüllte er das dicke Holz an.
    Ein Nachbar, der sich bis dato hinter einer Buchsbaumhecke versteckt gehalten hatte, zeigte sein erschrockenes Gesicht. Es verschwand, als sich die Tür wieder öffnete.
    Aus Frau Cordes’ Miene war jede Strenge gewichen.
    »Ein Kollege meiner Tochter?«
    »Ja, Bieringer, Deutsch und … hat sie nie etwas von mir erzählt?«
    Ihr Blick war plötzlich verhangen, der Mund geöffnet. Ihre Hände begannen, einander zu kratzen. Klotz bemerkte die vielen blutigen Stellen an Fingern und Handrücken.
    »Darf ich reinkommen?«
    »Bitte.«
    Durch ein großes Fenster sah er nach draußen in den Garten. Auf einem Tisch stand ein leeres Weinglas, das nach und nach von winzigen Regentropfen benetzt wurde und zu schimmern begann.
    »Kann ich Ihnen etwas anbieten? Einen Kaffee vielleicht?«
    Klotz drehte sich um. »Nein danke. Nichts.«
    »Bitte setzen Sie sich doch. Ja, die Sache mit Linda. Am Sonntag kamen zwei Beamte der örtlichen Polizei vorbei und haben gesagt, Linda sei ermordet worden. Ich kann es immer noch nicht fassen. Wer macht so was? Linda war so ein gutes, so ein diszipliniertes und zielstrebiges Mädchen. Eine große Karriere stand ihr bevor.«
    Wenn Klotz etwas gelernt hatte, dann war es, den Redefluss von trauernden Menschen nicht zu unterbrechen. Bei den Vernehmungen musste man in der Regel das Mittel finden, das die Verzweiflung

Weitere Kostenlose Bücher