Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Titel: Klotz Und Der Unbegabte Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Klier
Vom Netzwerk:
beide verheiratet waren, zwischen Daniel und Linda mehr war als nur Freundschaft?«
    Frau Cordes sah Klotz mit einem Blick an, dem etwas Konspiratives anhaftete.
    »Sie sind gut, Herr Bieringer, sehr gut. Man könnte fast meinen, sie wären eine Art Ermittler, ein Privatdetektiv vielleicht.«
    »Damit kann ich leider nicht dienen. Ich bin nur ein Pauker, der versucht, den Kindern ein wenig Deutsch beizubringen«, log Klotz, ohne auch nur im Geringsten rot zu werden.
    »Ja, ich glaube, die beiden haben sich geliebt. Wissen Sie, die große Liebe, das gibt es nur einmal im Leben. Und wer die beiden sah, wie sie sich anblickten, wie sie miteinander umgingen …«, Frau Cordes stand auf, »warten Sie, ich will Ihnen etwas zeigen.«
    Klotz stierte in einen offenen Kamin, der sich ihm gegenüber an der Wand befand. Er konnte den Geruch von Asche wahrnehmen.
    Als Frau Cordes wiederkam, hatte sie nicht nur ein Kaffeetablett dabei, unter ihrem Arm klemmte auch ein dickes Fotoalbum.
    Es handelte sich im Wesentlichen um Jugendfotos von Linda. Auf einigen war auch Daniel Spielmann zu sehen, wahlweise mit einem Tennisschläger oder einer Grillzange in der Hand. Klotz musste Frau Cordes recht geben. Die beiden machten einen glücklichen Eindruck.
    »Sehen Sie hier, Herr Bieringer. Da waren die zwei gemeinsam im Urlaub, in Ägypten. Linda war gerade volljährig geworden.«
    Geduldig sah sich Klotz Aufnahmen von Kamelen, Beduinen, Sphinxen, Tempeln und Pyramiden an. Von Luxor ging es ins Tal der Könige und schließlich nach Gizeh. Von Zeit zu Zeit stieß Frau Cordes einen Laut des Bedauerns aus, dann blätterte sie weiter.
    »Und wo ist das?« Klotz deutete auf ein Foto, das ein hell leuchtendes Korallenriff zeigte.
    »Hm. Das müsste am Roten Meer sein.«
    »Ist das nicht gefährlich, dort zu tauchen?«
    Frau Cordes lachte auf.
    »Da haben Sie recht, Herr Bieringer. Aber der Daniel hat sich von den Haien nicht abschrecken lassen. Sehen Sie mal da. Was ist das für ein Fisch, den er da hochhält? Ist das ein Rochen?«
    Klotz, der gerade mal einen Karpfen von einer Forelle unterscheiden konnte, warf zunächst einen oberflächlichen Blick auf das Bild. Als Frau Cordes schon umblättern wollte, bat er sie, noch eine Sekunde zu warten. Sah sich die Aufnahme genauer an. Erschrak. Überlegte. Nahm den Kaffee und trank ihn in einem Zug aus. Guckte mit enttäuschter Miene in die Tasse.
    »Möchten Sie noch einen?«
    »Gerne, wenn’s keine Umstände macht.«
    Klotz reichte ihr die leere Tasse.
    »Augenblick, ich bin gleich wieder da.«
    Als Frau Cordes den Raum verlassen hatte, entfernte Klotz die Fotografie aus dem Album und steckte sie ein. Dann blätterte er einige Seiten weiter.
    Es war genau zwölf Uhr dreiunddreißig, als Klotz seinen Wagen neben der Fußballsäule auf dem Parkplatz des Max-Morlock-Gymnasiums abstellte.
    In der Aula waren vereinzelt einige Schüler unterwegs. Sie nahmen keinerlei Notiz von ihm. Er war hier wohl doch weniger bekannt, als er vermutet hatte. Nun ja, schließlich hatte er hier auch nur drei Tage lang so etwas Ähnliches veranstaltet wie Unterricht. Und außerdem hatte lediglich eine einzige Klasse in den Genuss desselben kommen dürfen. Eigentlich ein bisschen schade, dachte Klotz, der sich nicht gänzlich für eine pädagogische Null hielt, und stieg die Treppe Richtung Verwaltungstrakt empor. Vielleicht hätte er diesem System etwas zu geben gehabt.
    Als er am oberen Stiegenabsatz angekommen war, sah er eine Frau in einem froschgrünen Shirt aus der Lehrertoilette huschen. Er sah ihr Gesicht, und ihm fiel die Zeile eines Liedes ein, das er gerade im Radio gehört hatte. »Sie mit ihren gelben Augen und dem starken Überbiss … die transsilvanische Verwandte ist da …« Frau d’Abottiglia-Müller begegnete ihm mit einem hochnervösen Blick. Dann beschleunigte sie ihre Schritte und klopfte an die Tür des Direktorats.
    Klotz klopfte nicht. Ohne Vorwarnung riss er die benachbarte Tür zum Büro des stellvertretenden Schulleiters auf.
    Er sah auf den schwarz behemdeten Rücken von Daniel Spielmann. Der Beamte rührte sich nicht. Starrte auf einen Computerbildschirm, der auf einem breiten Schreibtisch vor ihm stand.
    »Das scheint ja mächtig spannend zu sein«, rief Klotz nach ein paar Sekunden.
    Langsam begann sich der Bürostuhl des Studiendirektors zu drehen.
    »Ach, Herr Bieringer!«
    Spielmanns Stimme vermittelte den Eindruck, als sei der Mann irgendwie abwesend. Klotz griff einen Chefsessel, der

Weitere Kostenlose Bücher