Klotz Und Der Unbegabte Moerder
Augen vor der Realität. Bis es nicht mehr ging. Dann explodierte er. Kein Wunder, dass er an die falsche Frau geraten war.
»Was ist mit Theo Barkhoff?«
»Ja, mit dem hatte sie mal was. Aber das war vorbei, glaube ich.«
»Maximilian Rausch?«
»Wer?«
»Einer ihrer Schüler.«
»Das glaube ich nicht. Zu ihren Schülern hatte Linda immer schon ein sehr distanziertes Verhältnis. Außerdem war sie nicht der Typ, der wegen einer Affäre mit einem Schutzbefohlenen seine Karriere versaute.«
Das konnte sich Klotz gut vorstellen. Nach außen hin immer adrett und sauber. Ja nicht irgendwie etwas Ungesetzliches tun. Der schöne Schein musste stets gewahrt werden. Inzwischen war Klotz mit der allgemeinen Psychologie der Lehrerschaft einigermaßen bekannt geworden.
»Herr Cordes! So kommen wir nicht weiter. Sie müssen mir schon ein paar Namen nennen! Sie brauchen nicht zu denken, dass Sie durch Ihre Aussage entlastet sind. Im Gegenteil: Es bestätigt nur Ihr Motiv. Alles spricht dafür, dass Sie nach Ihrem missratenen Mordversuch Ihrer Frau noch ein zweites Mal aufgelauert und Ihre Sache zu Ende gebracht haben.«
»Das glauben Sie doch selber nicht!«
»Was ich glaube, ist unerheblich. Was zählt, ist die Faktenlage. Und da sieht es nun mal ziemlich duster für Sie aus!«
Cordes besann sich. Er nannte Klotz eine Reihe von Namen, unter denen sich auch der des Schuldirektors und seines Stellvertreters Spielmann befanden.
»Was ist mit Schittkowski? Willibald Schittkowski?«
»Ich denke nicht. Nicht ihr Typ.«
»Aber ausschließen können Sie es nicht.«
Cordes stöhnte auf. »Nein. Kann ich nicht. Bekomme ich nun ein Strafverfahren an den Hals?«
Klotz ging, ohne zu antworten.
***
Kriminalkommissar Peter Escherlich trat auf die Erlanger Universitätsstraße hinaus und sah in die aufsteigende Julisonne. Gerade hatte er Rechtsmediziner Laanschaf zwei Zigarettenkippen zur DNA -Analyse übergeben. Klotz hatte sie ihm gestern kurz vor Maximilian Rauschs Ermordung zugesteckt.
Er fuhr sich durch sein halblanges tiefschwarzes Haar und fragte sich, was Klotz jetzt wohl machte. Ein ziemlicher Schlamassel war das, in den sich Werner da hineinmanövriert hatte. Er hatte es allein ihm zu verdanken, dass er selbst kein Disziplinarverfahren am Hals hatte. Werner hatte sich vor ihn gestellt und die Verantwortung ganz allein auf sich genommen.
Das war ihm hoch anzurechnen, fand Escherlich, verdammt hoch, und er schritt auf den Wagen zu, der neben dem Jakob-Herz-Denkmal stand.
Haevernick saß im Auto und sah erwartungsvoll zu ihm herüber. Sie konnte es wohl kaum erwarten, wieder zurück zum Tatort zu fahren und ihrem angeborenen Hang zur Akkuratesse zu frönen. Da würde der hölzerne Dacherker, der zu einem Haus am Maxplatz gehörte, noch einmal genau unter die Lupe genommen werden müssen. Von dort aus hatte der Täter geschossen. Das hatte die ballistische Untersuchung inzwischen zweifelsfrei ergeben.
Escherlich stieg in den Wagen.
»Wir können.«
Haevernick wischte sich eine blonde Strähne aus der Stirn und ließ den Wagen an.
»Lackner hat angerufen, während du weg warst.«
»Und, neue Erkenntnisse?« Escherlich zündete sich eine Gauloise an.
»Das kann man so sagen. Die Kugel, die Maximilian getötet hat, stammt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aus einer Heckler und Koch PSG 1.«
»Ein Präzisionsgewehr?«
»So ist es.«
»Dann kann es also kein Versehen gewesen sein.«
»Definitiv nein.«
»Wenn wir es mit dem gleichen Täter zu tun haben, der Linda Cordes umgebracht hat, dann hat der Bursche offensichtlich mächtig dazugelernt.«
»Glaub ich nicht«, antwortete Haevernick schnippisch und setzte den Blinker nach links.
»Dass der Täter lernfähig ist?«
»Nein. Ich glaub nicht, dass wir es mit dem gleichen Täter zu tun haben.«
»Und warum bist du dir da so sicher?«
»Ganz einfach. Warum sollte der gleiche Täter den ersten Mord mit einer quasi mittelalterlichen Waffe begehen, wenn er doch über ein Scharfschützengewehr verfügen kann?«
Escherlich sog nachdenklich an seiner Zigarette.
»Vielleicht weil er beim ersten Mal keinen Lärm machen wollte.«
»Ach komm, Peter! Das ist doch Unsinn! Und das weißt du auch.«
»Wahrscheinlich hast du recht.«
Inzwischen waren sie auf dem Frankenschnellweg angelangt. Eine Baustelle verengte die Fahrbahn, und Haevernick bremste auf die vorgeschriebenen sechzig Stundenkilometer ab. Hinter ihnen blendete ein BMW -Fahrer auf und fuchtelte mit den
Weitere Kostenlose Bücher