Knall auf Fall
holte sich ein Glas, schenkte sich Wasser ein und trank es in einem Zug aus. Ein Bier wäre ihm jetzt lieber, aber er hatte das Gefühl, als brauchte er heute noch einen klaren Kopf.
Das heißt, wenn er zu dieser Eröffnung ginge.
Sicher hatte sie wegen ihrer Party viel zu tun, und er konnte immer noch nicht ganz glauben, dass sie diese anfängliche Idee von einem eigenen Geschäft in die Tat umsetzte.
Für ihn blieb jetzt bestimmt nicht mehr viel Zeit übrig.
Rafe stand noch immer vor dem geöffneten Kühlschrank. “Ich bin kurz vor dem Verhungern.”
Ryan verdrehte die Augen. Sein kleiner Bruder hatte seit der Geburt fast ununterbrochen Hunger. “Du kannst bei Suzanne was essen.”
“Bei Suzanne?”
“Ja, bei ihrer Eröffnung.” Er schob Rafe zur Seite und machte den Kühlschrank zu. “Euch hat sie doch bestimmt auch eingeladen, oder?”
Angel stieß Rafe, der sich neben sie gestellt hatte, in die Seite. “Na klar, das hat sie.”
Rafe blinzelte verwirrt. “Aber …”
Angel stieß ihn noch einmal an und lächelte Ryan strahlend zu. “Doch, doch, wir sind alle mit dabei. Fahr du nur schon vor. Wir kommen dann später nach.” Sie sprang vom Tresen, nahm Ryan bei den Armen und drehte ihn zur Tür. “Nun geh schon. Und viel Spaß auch.”
Bevor Ryan sich noch dagegen wehren konnte, schob sie ihn bereits aus seinem eigenen Haus hinaus und schloss die Tür hinter ihm.
“Euch auch viel Spaß”, murmelte er verdutzt, während er zu seinem Auto ging.
Wenig später parkte er vor dem Haus, wo alles begonnen hatte. Hier war er aus dem Baum gesprungen, direkt vor die Füße der Frau, die sein Leben verändert hatte.
Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor und nicht erst wie ein Monat. Er hatte seitdem vieles erlebt und wusste, wie er sich die Zukunft vorstellte. Leider wusste er nicht, wie er dieses Ideal seiner Zukunft erreichen sollte.
Nach der letzten Nacht würde es ihm bestimmt schwerfallen, Suzanne unbefangen gegenüberzutreten. Aber offenbar hatte sie einige Entscheidungen über ihre eigene Zukunft getroffen, und da wollte er dabei sein.
Ich werde lächeln und mich unterhalten, beschloss er. Ich werde alles tun, um ihr an dem heutigen Abend zu helfen. Vielleicht lenkt es mich sogar etwas von meinem Kummer ab.
Während er den Vorgarten durchschritt, betrachtete er die Fassade. Allmählich sah das Haus auch nicht mehr wie ein Fremdkörper zwischen den hübschen anderen Gebäuden in der Straße aus. Auch der Garten machte einen ordentlichen Eindruck. Die Bäume waren gestutzt, zwei komplett gefällt, und das Haus wirkte bewohnt, obwohl die beiden Schaufenster im Erdgeschoss immer noch leer waren. Allerdings schien sie jemand geputzt zu haben, wie Ryan jetzt feststellte.
Und dank Taylors Versicherung war das Loch im Dach auch nicht mehr zu sehen. Trotzdem blieb noch eine Menge an Renovierungsarbeiten. Ryan hatte Taylor bei der Auswahl der Handwerker und dem Vergleich der einzelnen Angebote geholfen. Ein paar verlässliche Kollegen hatte er ihr auch empfohlen. Finanzieren musste sie die Renovierung durch den Verkauf der ganzen Antiquitäten, die sie über so viele Jahre gesammelt hatte. Dann allerdings würde das Haus schon bald wieder im alten Glanz erstrahlen.
Als Ryan näher kam, sah er das Schild im linken Schaufenster:
Hier eröffnet demnächst “Earthly Delights”, der Party-Service von Suzanne Carter.
Wollte Suzanne auch gleich ein Geschäft eröffnen? Das konnte Ryan kaum glauben, und sein Herz schlug schneller.
Bestimmt herrschte jetzt bereits Gedränge in ihrem Apartment, und er fragte sich, ob sie sich noch ein paar Möbel gekauft hatte, außer dem Küchentisch, den er bereits kannte. Er betrat den Hausflur und ging erwartungsvoll die Treppe hinauf.
Aus dem Apartment kam kein Laut, und als er klopfte, hörte er nur ein leises Rascheln, dann einen unterdrückten Fluch.
“Suzanne?”
Wieder ein Rascheln. “Ja! Komm rein!”
Er trat ein, blickte sich um und lächelte. Nein, Möbel gab es immer noch nicht, aber das Wohnzimmer mit der Fensterfront blitzte vor Sauberkeit und roch nach Zitronen. Suzanne hatte auf dem Holzfußboden ein paar Teppiche verteilt, damit es anheimelnder aussah.
Ein eingetopftes Bäumchen stand auf der Fensterbank, und Ryan musste fast lachen. Es sah aus, als wollte Suzanne das Schicksal, das ihr mit einem großen Baum so übel mitgespielt hatte, verhöhnen.
Überall standen Kerzen und verbreiteten ein gedämpftes, schimmerndes Licht.
Außer ihm war niemand
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