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Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Titel: Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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Jeder Hocker, jeder Stuhl und jede Bank waren besetzt, dazwischen standen überall Typen herum. Die wenigsten Gäste waren weiblich. War ich hier in einer Schwulenkneipe gelandet? Ich sah mich um, konnte aber weder Knutscherei unter Kerlen noch die üblichen aufgetakelten Tunten sehen. Nein, hier waren hauptsächlich Männer, weil die Gespräche in der Werkstatt sich um Männerthemen drehten. Motoren, Tuning, Fahrgestellabstimmung. Hubraum, PS, manche laberten auch über kW. Aber mal im Ernst, wer noch selbst an seinem Mofa, Mokick oder Leichtkraftrad herumgeschraubt hatte, bevor die Hersteller ihre Schüsseln mit stromlinienförmig gestylten Haftschalen umschlossen, für den waren Leistungsangaben in Kilowatt Beamtenscheiß.
    Ich hörte einigen Gesprächen zu und bedauerte nicht, dass ich zu Lebzeiten nie in diesem Laden gelandet war. Dass ich nie hier war, lag natürlich daran, dass das Belgische Viertel mit seinen hippen Kneipen, albernen Bistros und dem ganzen wichtigtuerischen Gesocks, das hier herumhing, einfach nicht mein Ding war. Insofern passte die Werkstatt hierher, obwohl die Einrichtung kein künstliches Design war, sondern wirklich noch nach Altöl roch. Hätte sie in einem anderen Viertel von Köln gelegen, hättedas Publikum sicher mehr aus Leuten wie mir bestanden. Echten Freaks, die ihr Leben der Beschleunigung gewidmet hatten. Hier allerdings trafen sich Männer in der unverkennbaren Lebensmitte, die sich daran erinnern wollten, wie sie mit sechzehn unerlaubt fünf Stundenkilometer zu schnell nach Hause gebraten waren. Und das auch nur, damit sie pünktlich zum Abendessen mit gezuckertem Hagebuttentee an Mamis Küchentisch saßen. Die meisten von ihnen trugen Designerjeans statt Arbeitshosen und am Ringfinger breite Goldfesseln, da, wo der Pfaffe sie hingesteckt hatte.
    Ioannis stand hinter der Theke, zwei ausreichend hübsche Mädels in Boxenluder-Outfits schleppten nicht nur Bier, sondern auch moderne, bunte Mixgetränke durch den Laden. Eine richtige Schrauberkneipe war das hier definitiv nicht. Immerhin war die Einrichtung gemütlich und die Musik war okay, also blieb ich ein bisschen, waberte durch den Raum und lauschte mal hier und mal dort einem Gespräch, wenn es einigermaßen qualifiziert um Technik ging. Obwohl ich nie ein Oldtimer Fan gewesen war, hatte ich natürlich trotzdem viele Stunden an den alten Dingern herumgeschraubt. Es gibt keine bessere Schule, als ein paar Mopeds auseinanderzunehmen und wieder zusammenzubauen. So was lernt man heute in der Kfz-Lehre gar nicht mehr. Eine echte Schande.
    Mein Interesse wurde erst in dem Moment richtig geweckt, als ich über einem Tisch hing, an dem die Typen eine Art Flohmarkt zu veranstalten schienen. Zwischen den Biergläsern lagen Schriftzüge und Plaketten, wie sie früher auf den Tanks oder Getriebeabdeckungen der Motorräder angebracht gewesen waren, bevor die schönen, erhabenen Buchstaben durch billige Aufkleber ersetzt worden waren. Und zwischen einer BMW-Plakette und einem GPZ900-Schriftzug lag ein Typenschild von Kreidler.Genau so eins wie Gregors, das nun in der Asservatenkammer der Düsseldorfer Kripo vor sich hin gammelte.
    »… für einen Zwanni kannst du sogar die Fahrgestellnummer aussuchen«, sagte gerade der eine Typ, dessen Jeans eindeutig nicht von einem Designerlabel, sondern aus einer Kaufhauskollektion stammte.
    »Beliebig?«, fragte der Kerl gegenüber.
    »Total beliebig«, bestätigte die Kaufhausjeans. »Wenn du willst, macht er dir sogar dein Geburtsdatum drauf. Einschließlich Punkt und Komma.«
    »Und die Schilder sind echt?«
    »Absolut. Aus dem Original-Kreidler Werk in Kornwestheim. Waren nicht mehr verwendbar nach der Übernahme des Werkes durch Prophete, weil der Herstellername schon eingraviert war. Hier: Kreidler Fahrzeuge GmbH & Co KG.«
    »Und wo genau bekommt man das?«, fragte der Arsch mit dem Label.
    »Na hier. Bei Ioannis im Teileverkauf. Immer sonntagsvormittags hinten im Hof.«
    4. Juli, Tag 7 nach Gregors Festnahme
    »Du musst noch mal zu dieser Kneipe. Im Hinterhof ist ein Teileflohmarkt, auf dem du Typenschilder kaufen gehst«, begrüßte ich Martin aufgeregt am Sonntagmorgen, sobald er das Elektrosmogschutznetz über dem Bett geöffnet hatte.
    »Bist du noch zu retten? Unser Kind kann jede Minute kommen und ich soll auf einen Flohmarkt gehen? Überhaupt muss ich mich jetzt um Birgit kümmern«, wiegelte Martin ab.
    »Gute Idee, nimm sie mit. Eine blonde, hochschwangere …«
    »Das kannst du

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