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Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Titel: Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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ähnlich, denn sie stützte den Kopf in die Hände, dann passierte lange Zeit nichts mehr. Bis ihr der Kopf auf den Tisch sackte und sie anfing zu schnarchen. Na, klasse!
    Ich zischte zurück zu Karpi und hoffte, dass ich dort eine Info über Yuri finden konnte, aber Karpi war nicht in seinem Büro. Auch oben im Nachtclub war er nicht.
    Ich hing noch eine ganze Weile in dem Zappelbunker herum und entspannte mein Hirn zum ersten Mal seit Sonntagabend. Hier gab es einiges zu sehen, und ich genoss einfach die aufgebrezelten Perlhühner, die ihre Körper in ekstatische Zuckungen versetzten, um einen der Testosteronbomber auf sich aufmerksam zu machen. Das alte Spiel, an dem ich selbst zu Lebzeiten selten beteiligt war, weil meine Vorzüge im irdischen Leben weniger körperlicher Natur waren. Ich überzeugte die Weiber eher mit der Schüssel, die ich unter dem Hintern, und den PS, die diese unter der Haube hatte. Ich schwelgte noch ein bisschen in Erinnerungen an die Raketen, die ich in meinem kurzen Leben gefahren hatte, aber irgendwann musste ich mir mal wieder eingestehen, dass es als Geist unter Irdischen irgendwie noch einsamer ist als allein, also schaltete ich mich weg.
    3. Juli, Tag 6 nach Gregors Festnahme
    Noch bevor ich Martin am nächsten Morgen unter dem Elektrosmognetz erreichen konnte, klingelte ein Handy in der Wohnung.
    Birgits Handy.
    Martin sprang alarmiert auf, stellte fest, dass es nicht seins war, und ging trotzdem ran.
    »Hallo? Hallo? Wer ist denn da?«, fragte er.
    »Wer sind Sie denn?«, piepste eine Stimme zurück.
    »Gänsewein«, stellte Martin sich vor. »Am Apparat von Frau Arend.«
    »Genau die möchte ich sprechen. Die Wohnung ist nämlich jetzt freigegeben.«
    »Welche Wohnung?«, fragte Martin.
    »Die von Frau Hauschild, natürlich.«
    Wenn Martin wütend wird, dann werden seine Wangen rot und die Nasenspitze weiß. Das ist ganz lustig anzusehen, vor allem, wenn er dann noch zittert. Was er jetzt tat. Er war echt am Anschlag.
    »Da steckst du dahinter!«, zischte er mich an.
    »Na ja, was soll ich sagen …«, begann ich. Hätte ich gekonnt, hätte ich gegrinst, so lächerlich war Martin, der Wutwichtel.
    »Du wagst es, Birgit in diese lebensgefährliche Sache mit hineinzuziehen?«
    »Mach dich mal locker«, riet ich ihm. »Birgit kam um vor Langeweile. Außerdem will sie Gregor helfen. Und ich konnte gerade jemanden brauchen, der ein paar Fragen …«
    »Wie hast du Kontakt mit ihr aufgenommen?«
    »Rate mal.«
    Martin hielt das Handy noch in der Hand, trotzdem dauerte es mehrere Sekunden, bis er darauf glotzte, als hätte er noch nie so ein Ding gesehen.
    »Du kannst telefonieren?«, flüsterte er.
    »Kalt«, erwiderte ich, obwohl es Geräte gab, mit denen ich telefonieren konnte, wenn eine bestimmte Freisprecheinrichtung angeschlossen war. Leider waren die Dinger schon fast wieder vom Markt verschwunden.
    »SMS?«, fragte Martin.
    »Heiß!«
    »Aber woher hast du ein Handy?«
    »Eiskalt.«
    Birgit kam in die Küche getaumelt. Sie war weiß wie die Wand, hatte Schweißtröpfchen auf der Stirn und hielt sich den Bauch, als würde er ihr sonst auf die Füße platschen. »Ich glaub, es geht los.«
    Damit waren ich und unsere kleine Meinungsverschiedenheit für Martin natürlich sofort vergessen. Ausnahmsweise konnte ich das sogar verstehen, denn auch ich war auf einmal – ja, man könnte fast sagen: aufgeregt. Während Martin hektisch die Hebamme anrief, umschwirrte ich Birgit und beobachtete sie misstrauisch. Sie sah irgendwie nicht gut aus. Als Martin, offenbar etwas beruhigt durch die Telefonseelsorge der Gebärtante, die wimmernde Birgit mitsamt dem seit Tagen gepackten Köfferchen in die Klinik bugsierte, folgte ich gespannt.
    Auf der Station wurde Birgit dann gleich von der schon kindgeil grinsenden Hebamme in das Gebärzimmer Nummer drei geschleust. »Das ist das Schönste«, flüsterte sie Birgit zu, die das momentan aber nicht zu interessieren schien, dabei waren diese besonderen Zimmer der Grund, warum Birgit in genau die Klinik gewollt hatte. Kinderkriegen ist keine Krankheit, sagte sie immer, und deshalb wollte sie ihr Kind in einer freundlichen, farbigen Umgebung bekommen und nicht in einem weiß gekachelten Scheißsaal. Dieser Versprecher war ihr nur ein einziges Mal passiert, aber seitdem war klar, wie ich die Bude nannte, die Martin am liebsten seit Wochen bewohnen würde, damit er schon da war, wenn’s losging.
    »Martin, könnten wir bitte mal …«, versuchte ich,

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