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Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Titel: Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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an einem Samstagabend allein in Köln? Man geht in eine Kneipe. Ich hatte tatsächlich Bock auf eine Kneipentour, obwohl ich so was selten mache, seit ich nicht mehr mitpegeln kann. Es ist auch für mich ziemlich bescheuert zuzusehen, wie sich die Leute um mich herum immer mehr die Birne zulöten, während ich stocknüchtern bleibe. Das ist sowieso vielleicht das Allerdämlichste am Geistsein, dass man nicht mehr Pegeln kann. Kein noch so winziger Rausch half mir, öde Zeiten zu überstehen oder Probleme kurzzeitig den Rhein runterzuschicken.
    Wenn schon Kneipe ohne Pegeln, konnte ich das Ganzegleich mit dem Nützlichen verbinden und bei Sahnes haarigem Freund abhängen. Also auf in die Werkstatt .
    Auf halbem Weg bremste ich ab. Ich hatte noch eine bessere Idee. Bevor ich einen einsamen Abend inmitten saufender Zweiradfreunde verbrachte, konnte ein bisschen Zipfeln nicht schaden. Auch das konnte ich natürlich nicht mehr selbst, und spannen ist viel weniger spannend, als die meisten Leute sich das vorstellen, aber es gab ein Paar, das mich reizte. Und zwar aus einer Art wissenschaftlichem Interesse. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie Jenny und Offermann zipfelten. Ob Jenny die ganze Zeit albern kicherte? War Offermann ein Kuscheltier oder ein Tiger? Ich hatte keine Ahnung. Dabei war ich inzwischen geübt, Leute einzuschätzen. Logo, wenn man jeden Abend beobachten kann, wie Hormonjunkies auf die Pirsch gehen, eine Beute aufreißen und dann zur Sache kommen, schult das ungemein den Blick. Aber Jenny und Offermann? Keine Ahnung.
    Die beiden waren drauf und dran, wie es so schön heißt, dabei war es kaum halb neun, als ich bei Offermann eintraf. Die Klamotten lagen zwischen Eingangstür und Schlafzimmer verstreut. Den Anfang machte Jennys Bluse, dann Offermanns T-Shirt, weiter ging es mit dem Rock, einem Schuh, BH, zweiter Schuh, Jennys Höschen, dann lange nichts und neben dem Bett Offermanns Jeans und Boxershorts im Hawaiimuster. Es ist ein Zeichen von männlicher Dominanz, wenn das Perlhuhn nackt ist, bevor der Typ auch nur die Jeans auszieht, hat mal eine Psychotante im Frühstücksfernsehen gesagt, und hier schien mir diese Analyse nicht wirklich überraschend. Jedenfalls lag Offermann oben, was mich auch nicht wunderte. Und er fragte, wie er war. Okay, um der Wahrheit die Ehre zu geben, fragte er, wie es für Jenny gewesen sei. Sie schieltevor Glück und hatte mit der Bildung ganzer Sätze offenbar noch Probleme, aber so genau hatte Andy es sicher auch gar nicht wissen wollen. Es gibt schließlich Grenzen. Mann will Bestätigung und fertig.
    Offermann pennte kurz weg, aber als Jenny aufstand, kam er wieder zu sich. Er folgte ihr in die Dusche und leistete ihr Gesellschaft. Das war problemlos möglich, da seine Dusche nicht etwa aus einer kleinen, wackeligen Kabine aus dem Baumarkt bestand, sondern ein Drittel des Badezimmers einnahm, abgetrennt durch eine fast zwei Meter breite Glaswand und ausgestattet mit so einem geilen Regenwald-Duschkopf, durch den wahrscheinlich zwanzig bis dreißig Liter Wasser pro Minute rauschten.
    Die Dusche entsprach dem Standard der übrigen Wohnung, wie ich jetzt, nachdem die interessante Action vorbei war, bemerkte. Mindestens hundertzwanzig Quadratmeter, Granit-, Stein- oder Parkettböden. Wenig Wände, wenig Möbel, ganz viel Platz. Das fiel auch Jenny auf, als sie frisch geföhnt und angekleidet aus dem Bad kam, wohin Offermännchen ihr freundlicherweise ihre Klamotten gebracht hatte.
    »Wow, jetzt bin ich aber platt«, hauchte sie angesichts der großzügigen Tanzfläche zwischen frei stehendem Küchenblock und Flatscreen-Glotze. »So was habe ich bis jetzt nur im Fernsehen gesehen.«
    »Genau. Ich bin hier auch nur der Hausmeister und hüte die Bude für den WDR.«
    Jenny riss die Augen auf.
    Offermann zauste ihr durch das noch leicht feuchte Haar. »Kleiner Scherz. Ich habe geerbt.«
    »Die Wohnung?«, fragte Jenny.
    Klar, so hatte die Wohnung meiner Patentante auch ausgesehen.
    »Ein Haus. Uralt und grottenhässlich, aber in erstklassiger Lage in Bonn.«
    Mich interessierten diese Immobiliengeschäfte nicht, und als die beiden endlich auf dem Weg in eine romantische Liebeskomödie im Kino waren, setzte ich mich ab. Ich kann viel ertragen, aber gemeinsam mit hundertfünfzig händchenhaltenden Liebespaaren bei der Suche einer flachbrüstigen Hollywoodtussi nach Mister Right mitzufiebern, gehört nicht dazu.
    Um elf Uhr war in der Werkstatt die Hölle los.

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