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Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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bin, aber ich finde, die Herrschaften wirken wirklich ein bisschen unengagiert. Sie pupen ordentlich rum, auch wenn ich mir eine echt wasserdichte Geschichte ausgedacht habe, warum die Situation jetzt so ist, wie sie ist: Carla hat seit Jahren einen Verehrer auf dem Kiez. Sie weiß nicht, wer das ist, sie weiß nicht, wie er heißt, sie weiß nicht, wie er aussieht. Sie weiß nur, dass es jemand aus der Unterwelt sein muss, vom Hörensagen. Sie hat den Mann noch nie gesehen, aber hinter vorgehaltener Hand tuschelt der ganze Kiez. Und ihr Verehrer macht ihr immer mal wieder etwas fragwürdige Geschenke. Sie erzählt irgendwem, dass ein Depp die Zeche geprellt hat – am nächsten Tag hat der ein blaues Auge. Sie beschwert sich in lustiger Runde, dass ein Nachbar ihr immer den Parkplatz wegschnappt – zack, wird dem der dicke Audi A8 geklaut. Genauso ist es dann wohl auch mit den Vergewaltigern gelaufen. Sie hat’s den falschen Leuten erzählt. Prompt saßen die Jungs gefesselt und geknebelt in ihrem Keller. Als Geschenk. Carla hat mich dann natürlich sofort angerufen, die Ärmste war ja richtig in Panik. So was aber auch.
    Meine Kollegen schämen sich offensichtlich kein Stück dafür, dass nicht sie es waren, die Carlas Peiniger geschnappt haben, sondern dieser unbekannte Verehrer, offiziell. Und sie machen sich ziemliche Sorgen darum, dass den beiden Delinquenten hier jemand Gewalt angetan haben könnte. Das ist doch eine Frechheit.
    Je länger ich mir das blöde Getue anschaue, desto wütender werde ich. Verdammte Scheiße. Hätte ich Carla mal machen lassen.
    *
    Ich bin wieder nicht an der roten Lampe vorbeigekommen. Das passiert mir oft. Ich will eigentlich nur nach Hause gehen, und dann ist vorm Nachthafen diese Lampe an. Tagsüber ist das eine schlichte weiße Milchglaslaterne über einer unspektakulären Kneipentür. Vollkommen unauffällig. Da geht man leicht dran vorbei. Aber sobald es dämmert, fängt die Lampe an zu glühen. Ihr Licht ist von einem blassen Rot, fast ein bisschen pink. Eine Farbe, wie sie die Wangen von Comicfiguren annehmen, wenn sie sich verlieben. Die Laterne strahlt nicht. Sie wirft kein Licht. Sie beleuchtet nur sich selbst. Sie wirkt unglaublich zufrieden. Vielleicht ist es das, was mich so anzieht. Ich will für ein paar Stunden Teil dieser Zufriedenheit sein.
    Und schon sitze ich wieder im Nachthafen an der Bar und habe einen doppelten Wodka auf Eis vor mir. Klatsche hat sein erstes Bier direkt inhaliert, er bestellt ein zweites.
    Wir haben noch lange mit Carla und Rocco diskutiert. Wir sind beide müde, ich fühle mich abgewohnt und beige. Ich setze meinen Wodka an und nehme einen großen Schluck.
    »Es war richtig, die Bullen anzurufen«, sagt Klatsche.
    »Nein«, sage ich. »Es war falsch. Ich könnte mir eine knallen, dass ich von hier bis Montreal fliege.«
    Carla hätte die beiden Männer ja nicht gekillt.
    »Carla wollte den Typen doch nur ein bisschen Angst einjagen«, sage ich. »Wär’ doch fair gewesen.«
    »Und wahrscheinlich hätte sie ihnen auch noch ein bisschen weh getan«, sagt Klatsche. »Oder weh tun lassen. Es war richtig, die Bullen zu rufen, Chas. Rocco kennt jede Menge Männer ohne Nerven. Das hätte auch schnell heftig werden können.«
    »Und wenn schon«, sage ich. »Die Pissbirnen haben ihr auch weh getan.«
    »Seit wann bist du der Auge-um-Auge-Typ?«
    Ich kippe meinen Wodka.
    »Seit heute«, sage ich.
    Ich bestelle mir noch einen Wodka und ein Bier, und Klatsche kriegt auch noch eins. Mir ist nach trinken, nicht nach reden.
    »Dir ist nicht nach reden, hm?«
    Ich nicke.
    Er nimmt meinen Kopf in seine Hände, gibt mir einen Kuss auf den Scheitel, und dann trinkt er sein Bier und lässt mich in Ruhe. Das sind dann so die Momente. In denen ich dankbar bin, dass Klatsche an meiner Seite ist und niemand anders.
    Irgendwann zwischen unserem dritten und vierten Bier klingelt Klatsches Notfalltelefon. Das 24-Stunden-Schlüsseldienst-Telefon. Er geht ran. Muss ja. Er gibt sich große Mühe, nüchtern zu klingen.
    »Verstehe«, sagt er. »Abgeschlossen?«
    Er schaut mich an, und dann verdreht er die Augen.
    »Oje. Wo?«
    Er nimmt einen Stift von der Theke und schreibt sich eine Adresse auf die Hand.
    »Okay«, sagt er. »Ich bin so in zehn Minuten da.«
    Er legt auf, rutscht vom Barhocker und schnappt sich seine Jacke.
    »Schlüssel verloren«, sagt er. »Vorher aber schön zweimal abgeschlossen. Plus Sicherheitsbalken, viermal abgeschlossen. Das wird ’ne

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