Knecht – Die Schattenherren II
Unsterbliche für das Mondschwert hegte? Für ihren fanatischen Feind? Hatte das nicht etwas Krankhaftes? War es dann nicht Heilung, das Geschwür herauszuschneiden, auch wenn das schmerzte?
Waren dies Brens eigene Gedanken? Oder die ELIENS ? Dann hätte der SCHATTENKÖNIG sie sehr subtil in Brens Verstand gesät. Bren dachte nicht an ELIEN , er dachte an sich selbst, an seine eigene Unsterblichkeit, an die Qualen, von denen er verschont bliebe. So tief er sein Streben auch erforschte: Er tat dies für sich, nicht für den SCHATTENKÖNIG , der jetzt schon in der Burg der Alten schlief.
Trotz seiner Ungeduld ging Bren langsam genug, damit sie den Königspalast erst bei Sonnenaufgang erreichten. Die Ghoule jammerten wegen des Lichts, das in ihren Augen schmerzte, aber auch die Osadroi waren keine Freunde des Tages. Sie hatten sich bereits in ihre Schlafräume zurückgezogen, als Bren durch das Tor schritt. Die Gardisten mochten sich über die Ghoule in seinem Gefolge wundern, waren aber sicher exzentrischere Mitbringsel gewöhnt. Niemand zweifelte die Gnade an, in der Bren stand, und so hielt ihn auch niemand auf.
Bis er Jittara begegnete. War es Zufall, dass die Nachtsucherin an der Spitze katzbuckelnder Dunkelrufer und Seelenbrecher, beschützt von einer Handvoll Gardisten, gerade jetzt seinen Weg kreuzte? Oder war es ihre Absicht? Gar die von jemandem, der in den Schatten lebte?
Sie trafen in einem runden Raum mit kuppelförmigem Dach aufeinander, in den sieben Wege einmündeten. Der Palast war zu groß, als dass Bren alle seine Winkel gekannt hätte. Er wusste nicht, woher die Kleriker kamen. Lag dort eine Kapelle? Ein Raum der Unterweisung? Oder etwas so Triviales wie eine Mensa, in der sie ihr Morgenmahl eingenommen haben mochten?
Die Gardisten waren kampfstärker als Brens Ghoule, daran bestand kein Zweifel. Mit dem Vorteil der Überraschung hätte er sie überwinden können, aber wenn Jittara ihm absichtlich den Weg verstellte, dann würden sie mit einem Angriff rechnen und den Ghoulen innerhalb von drei Herzschlägen die eigenen hässlichen Schädel vor die Füße legen. Zudem durfte man die Kleriker nicht unterschätzen. Sie waren in den seltensten Fällen Kämpfer, aber das bedeutete nicht, dass ihnen das Töten fremd gewesen wäre. Viele besaßen vergiftete Klingen, und Dunkelrufer hießen nicht umsonst so. Wenn man ihnen die Zeit gab, die die Gardisten ihnen verschaffen würden, konnten sie Wesenheiten beschwören, deren eisige Finsternis durch Rüstungen schlug wie durch dünnen Stoff. Bren konnte hier nur mit vertretbaren Verlusten gewinnen, wenn Jittara nicht mit ihm gerechnet hatte. Dann aber gäbe es gar keinen Grund für eine Konfrontation.
Jittara hob die Hand und brachte ihr Gefolge damit zum Stehen. Klackend stellte sie den Zeremonialstab auf dem Boden ab und sah Bren an.
»Nachtsucherin«, nickte er und hielt ebenfalls inne. Die Ghoule verharrten grunzend.
»Welche Überraschung, General. Ihr seid im Auftrag Eurer Herrin unterwegs?« Sie zeigte auf den Schild, aus dem lange Flammen züngelten.
»Stets.«
»Wie jeder gute Knecht.« Sie blinzelte. »Ich will Euch nicht kränken. Wir alle sind Knechte der Schatten. Und stolz darauf.«
»Natürlich.« Nur welcher Schatten?
»Auf ein Wort, General. Wenn es Euch gefällt.«
Der Raum war ungewöhnlich licht für den Königspalast. Einladend deutete sie in einen Gang, der die üblichen schattenschaffenden Vorsprünge aufwies. Seiner Gewohnheit folgend hatte Bren die Rechte an seinem Morgenstern. Wenn er jetzt nicht zuschlüge, würde er von den Ghoulen getrennt. Sie waren nicht auf ihn geprägt, deswegen würden sie nicht reagieren, sollte er angegriffen werden. Sie bräuchten seinen direkten Befehl, dann würden sie gehorchen, weil Monjohr es ihnen aufgetragen hatte.
Aber Bren glaubte nicht, dass Jittara selbstlos genug war, um ihn abseits in eine Falle zu führen, wo er sie dreimal hätte erschlagen können, bevor ein Gardist vermocht hätte, sie zu schützen. Also folgte er ihr.
»Wir leben jetzt zwischen zwei Zeitaltern, Bren Stonner«, flüsterte sie. »Alle alten Bindungen werden gelöst. Wollen wir nicht auch die Feindschaft lösen, die uns miteinander verbindet?« Ihr Blick gab ihr etwas von den jungen Hunden, die sie ihre angehenden Seelenbrecher erdrosseln ließ.
»Ihr wollt Frieden mit mir schließen?«
»Ich habe nachgedacht und keinen Grund gefunden, warum wir Feinde sein sollten.«
»Lehrt der Kult neuerdings, dass man
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