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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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war und sich die Prozession in Bewegung gesetzt hatte. Nach hundert Schritt verwischte sie, als ginge sie in einen Nebel. Aber hier war kein Nebel. Keiner, der zur greifbaren Wirklichkeit gehört hätte.
    »Wollen wir zurückgehen?«, fragte Velon.
    »Ich weiß es nicht.« Alles, was Bren jetzt wollte, war, Lisannes Willen zu tun. Und wenn es ihn die Unsterblichkeit kostete.

    Nach dem Auszug der Prozession wanderte Bren ziellos durch die Stadt, die ebenso betäubt war wie er selbst. Niemand wusste, was die Zukunft brächte. Eine Zukunft, die nur zwei Nächte entfernt war. Als hätte der Herzschlag der Ewigkeit ausgesetzt.
    Am Tag, als die Osadroi schliefen, all die Barone, Grafen und Fürsten, beobachtete er die Kleriker, wie sie nervös jedes Staubkorn aus dem Königspalast entfernten. Namen von SCHATTENKÖNIGEN wurden so häufig gewispert, dass schließlich der Wind selbst sie um die Erker heulte. KON. ZAREFIM. TUKADDA. Jeder könnte der Nächste sein. Jeder außer ELIEN VITAN .
    Es war ein stürmischer Tag, als wolle er Bren und ganzOrgait aus der Apathie rütteln, wie ein Kind am Bett des sterbenden Vaters. Dennoch fand Bren in einen unruhigen Schlaf, auf dem Boden neben dem verwaisten Bett seiner Herrin, vor der Kammer, in der die Gardisten an Helions Sarkophag wachten.
    Dann die erste Nacht seit Langem, in der Lisanne nicht in seiner Nähe war, abgesehen von dem Prickeln, das seine Lippen vielleicht nie wieder verließe. Er suchte nach Velon, aber ohne echten Willen, den Schattenfürsten zu finden. Er brach den Versuch ab und ging zu Kiretta. Er konnte nicht von dem sprechen, was in ihm war. Nicht mit Worten. Dennoch verstand sie ihn, wie ihr besorgter Blick verriet. Niemals hatte er sie so hart genommen wie in dieser Stunde. Sein Abschied war eine Flucht.
    Und dann – die Festtafel.
    Der runde Bau lag verlassen wie ein schlafender Riese. Die Tore, durch die den Zuschauern Einlass gewährt wurde, waren geschlossen und auf sein Klopfen an dem Eingang, der zum Steg führte, antwortete niemand. Die Tür zu Monjohrs Unterkunft lag direkt an der südlichen Stadtmauer.
    »Was führt Euch zu mir am Ende der Nacht der Erweckung?«, fragte der Ghoulmeister.
    Bren hörte das Prasseln des Flammenschilds, den er wieder über den Rücken geworfen hatte. Er hatte überlegt, ihn zurückzulassen, aber das hätte Verdacht erregt. Er wusste, dass er ständig beobachtet wurde.
    »In dieser Nacht werden viele Empfänge gegeben. Wie kommt es, dass alle davon auf Euch verzichten müssen?«
    Monjohrs Grinsen war undeutbar. »In der Gesellschaft Lebender fühle ich mich selten wohl. Aber kommt doch herein.«
    Monjohrs Domizil war klein, es umfasste nur drei Räume.
    Links hatte er eine Art Waffenkammer, in der er Instrumente aufbewahrte, um Ghoule zu züchtigen. Verschiedene Peitschen waren darunter, mit und ohne Dornen, Schlagstangen, stachelbewehrte Keulen und Gelenkschellen, die sich eng zusammenziehen ließen.
    Rechts lag ein Schlafzimmer, das von dem großzügigen Bett vollständig ausgefüllt wurde. Auch hier gab es Peitschen, aber weniger.
    Der mittlere Raum, in den auch der Eingang führte, war der größte. Bis auf den letzten Zoll waren die Wände mit Regalen zugestellt. In ihnen lagen Köpfe. Ein paar menschliche waren darunter, aber die meisten waren mehr oder minder missgestaltete Ghoulschädel, einige mit Teer oder Kupfer überzogen.
    »Ihr habt mich erwartet, nicht wahr?«, fragte Bren.
    Monjohrs Grinsen blieb. »Die Ehre Eures Besuchs trifft mich nicht gänzlich unerwartet, General.«
    »Wer hat mich angekündigt?«
    Der kahle Kopf neigte sich ein wenig zur Seite. Die Bronzeringe im Zopf klackten. »Ich muss Euch mein Prachtstück zeigen!«, meinte er, schritt zu einem Regal an der rechten Wand und nahm einen Kopf heraus. »Glaubt Ihr, er freut sich, bei einem Verwandten untergekommen zu sein?« Er zeigte die Hand mit dem zweiten Daumen.
    Der Schädel war annähernd keilförmig. Die Spitzen der riesigen Ohrmuscheln berührten sich beinahe am Hinterkopf. Die Augenhöhlen, in denen zu Lebzeiten ein bunter Nebel gewallt haben musste, waren mit Bronze ausgegossen, sodass sie ihre Umgebung spiegelten.
    »Ein Fayé«, erkannte Bren.
    »Der Beweis, dass der Begriff ›Unsterblichkeit‹ oft allzu leichtfertig gebraucht wird.« Monjohrs Grinsen wurde zu einemLächeln, das auch einen Kindermund hätte zieren können.
    »Ihr habt meine Frage nicht beantwortet.«
    Schulterzuckend stellte Monjohr den Schädel zurück. »Er

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