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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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aber nach ihrer Rückkehr ändern.
    Nach ihrer Rückkehr.
    Wenn sie Helion tot vorfände.
    Vergeblich bemühte sich Bren, die Vorstellung zu verdrängen, wie der Schmerz Lisannes Gesicht verzerren würde. Jahrzehnte hatte sie damit verbracht, ihrem Geliebten so nahe zu sein, wie es die Umstände erlaubt hatten. In den Träumen, wo die Grenze zum Nebelland verschwamm, hatte sie nach ihm getastet. Dennoch musste sie auch seinem Erwachen, der Erweckung durch den SCHATTENKÖNIG , mit gemischten Gefühlen entgegensehen. Endlich würde er wieder atmen, sich bewegen, sie könnten sich berühren. Aber Helion war ein Mondschwert gewesen, und wenn seine Stasis für ihn wie eine Bewusstlosigkeit war, dann würde er sich bei seinem Erwachen auch noch als Mondschwert fühlen. Als erbitterter Feind aller Osadroi und speziell Lisannes, die er zu töten versucht hatte. Würde er sie umarmen wegen des Bandes, das sie in den Träumen geknüpft hatte? Oder nach seinem Mondsilberschwert greifen, um ihr damit den Kopf abzuschlagen? Ging Lisanne keine Bindungen ein, weil sie erst abwarten musste, wie diese Begegnung ausginge?
    Ganz anders, als sie es sich wünscht, dachte Bren, und wieder sah er sie an dem geschändeten Sarkophag mit dem endgültig und vollkommen toten Helion darin. Gemordet von seiner, Brens, Hand. Der Schild an seinem Arm loderte.
    Erst als er sich auf seine Pflicht als Leibwächter konzentrierte, gelang es Bren, diese entsetzlichen Gedanken auf ein Murmeln zu dämpfen. Die meisten Zuschauer waren Menschen, Ondrier. Viele Angehörige des Kults waren darunter, aber in der Menge, die sich nicht nur ebenerdig, sondern auch an Fenstern, Balkonen und auf Dächern drängte, verloren sie sich dennoch. Man flüsterte, um die Würde des Augenblicks zu wahren.
    Unmittelbar vor dem Tor warteten die Gesandtschaften der menschlichen Reiche. Sie brachten kostbare Gaben für den neuen SCHATTENKÖNIG , Duftwässer, Schmuck, prachtvolle Gewänder, und suchten, sie einem Herzog anzuvertrauen, dersie unmittelbar nach der Erweckung an den neuen Herrscher überreichen sollte. Lisanne ignorierte sie alle, verlangsamte ihren Schritt erst, als sie das Tor durchquert hatte.
    Als Bren an den drei Gesandten aus Ilyjia vorbeiging, befühlte er den Griff seines Morgensterns. Diese drei kamen aus Helions Heimat. Die alte Frau, die schon mehr als ein halbes Jahrhundert gesehen hatte, streckte ihnen eine goldene Schale entgegen, die mit Juwelen besetzt war. Bren tat, als nähme er sie in Augenschein, während er die beiden Männer musterte. Der eine war wohl der Gemahl der Frau, er war im gleichen Alter. Der Verlust des rechten Arms hatte ihn verkrüppelt. Vermutlich eine Kriegsverletzung, denn sein Körper, obwohl alt, strahlte Kraft aus und seine Bewegungen waren noch immer geschmeidig. Den Jüngeren hatte Bren noch nie gesehen. Seine Züge waren eine Mischung aus denen der Frau und des Mannes, also war er wahrscheinlich deren Sohn. Das störte Bren nicht. Was ihn misstrauisch machte, waren die gerade Körperhaltung, die breiten Schultern und die kräftigen Hände. Auch dieser Mann war ein Krieger, kein Gesandter. Wenn diese abtrünnigen ilyjischen Fürsten wirklich eine so kleine Delegation nach Orgait schickten, warum wählten sie dann zwei Greise, die jede Nacht entschlafen konnten, und einen Leibwächter? Hätte man dann nicht wenigstens einige zusätzliche Gesandte geschickt? Oder war der Kontakt zu den Schattenherren in Ilyjia tatsächlich so verrufen, dass sich niemand anderes für diesen Posten fand?
    Velon räusperte sich. Stirnrunzelnd löste sich Bren von der Delegation aus dem Land der Mondschwerter.
    Die meisten Herzöge waren schon eingetroffen, auch die Tribute, die einzigen Menschen, die die Burg der Alten betreten würden. Verlassen würden sie sie niemals wieder. Sie waren nun einem Zauber unterworfen, der sie willenlos machte. Sanft schwankten sie in der kalten Nachtluft.
    ELIEN VITAN stand an der Spitze des Zuges, das Gesicht nach Norden gewandt, sodass Bren nur SEINEN Rücken sah. Das Sternenlicht schien schwach durch die rote Krone.
    Lisanne hielt inne und zog Bren auf die Seite. Die Berührung ließ alle Liebkosungen Kirettas wie das tumbe Bemühen eines unerfahrenen Bauernmädchens erscheinen.
    Lisanne brachte die Lippen neben Brens Ohr. Ihr Atem streifte ihn, als sie kaum hörbar flüsterte: »Schütze Helion.« Dann küsste sie ihn auf die Lippen.
    Bren stand noch immer benommen, als längst der letzte Herzog eingetroffen

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