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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Nachthemd klebte an mir wie feuchter Zellstoff.
    »Birdie! Bist du da?«
    Wieder erhellte ein Blitz Wege, Büsche, Gärten und Gebäude.
    »Birdie!« schrie ich. »Bird!«
    Regentropfen prasselten auf Ziegel und klatschten auf Laub über meinem Kopf.
    Ich rief noch einmal.
    Keine Antwort.
    Immer und immer wieder rief ich seinen Namen, eine Verrückte, die über die Ländereien von Sharon Hall irrte. Schon nach wenigen Minuten zitterte ich unkontrolliert.
    Und dann sah ich ihn.
    Er kauerte unter einem Busch, den Kopf gesenkt, die Ohren aufgestellt. Sein Fell war naß und klebte ihm an der Haut, die in blassen Streifen durchschien wie Risse auf einem alten Gemälde.
    Ich ging zu ihm und kauerte mich hin. Er sah aus, als hätte man ihn paniert. Kiefernnadeln, Rindenschnipsel und Grünzeug klebten ihm auf Kopf und Rücken.
    »Bird?« fragte ich leise und streckte die Arme aus.
    Er hob den Kopf und suchte mit gelben, runden Augen mein Gesicht ab. Wieder blitzte es. Bird stand auf, machte einen Buckel und sagte: »Mrrrrp.«
    Ich hielt ihm die Handflächen hin. »Komm, Bird«, flüsterte ich.
    Er zögerte erst, kam dann zu mir, drückte sich an meinen Schenkel und machte noch einmal: »Mrrrrp.«
    Ich nahm ihn in die Arme, drückte ihn an mich und rannte zur Küche zurück. Birdie legte mir die Vorderpfoten auf die Schulter und drückte sich an mich, wie ein junger Affe sich an seine Mutter klammert. Ich spürte seine Krallen durch das regennasse Nachthemd.
    Zehn Minuten später hatte ich ihn trockengerubbelt. Weiße Katzenhaare kringelten sich auf mehreren Handtüchern und wirbelten durch die Luft. Dieses eine Mal hatte er nicht protestiert.
    Birdie verschlang eine Schüssel Science Diet und eine Untertasse Vanilleeiskrem. Dann trug ich ihn hoch ins Bett. Er kroch unter die Decke und drückte sich mit seinem ganzen Körper an mein Bein. Ich spürte, wie seine Muskeln sich anspannten und erschlafften, während er die Tatzen streckte und es sich dann auf der Matratze bequem machte. Sein Fell war noch feucht, aber das machte mir nichts aus. Ich hatte meine Katze wieder.
    »Ich liebe dich, Bird«, sagte ich in die Nacht.
    Zu einem Duett aus gedämpftem Schnurren und plätscherndem Regen schlief ich ein.

25
    Der nächste Tag war ein Samstag, und ich mußte nicht in die Universität. Ich hatte vor, Hardaways Befund zu lesen und dann meinen Bericht über die Murtry-Opfer zu schreiben. Anschließend wollte ich im Gartencenter Blumen kaufen, die ich in die großen Töpfe auf meiner Terrasse pflanzen wollte. Dann ein langes Gespräch mit Katy, ein wenig Zeit mit meiner Katze, das CT-Paper und ein Abend mit Élisabeth Nicolet.
    Doch es sollte anders kommen.
    Als ich aufwachte, war Birdie bereits verschwunden. Ich rief ihn, erhielt aber keine Antwort, und so zog ich mir Shorts und ein T-Shirt an und ging nach unten, um ihn zu suchen. Ich hatte ihn bald gefunden. Er hatte seine Schüssel geleert und schlief im Sonnenlicht auf der Couch vor dem Panoramafenster.
    Der Kater lag auf dem Rücken, die Hinterläufe gespreizt, die Vorderläufe auf der Brust. Ich sah ihn an und lächelte dabei wie ein Kind am Weihnachtsmorgen. Dann ging ich in die Küche, machte mir Kaffee und einen Bagel, holte den Observer herein und setzte mich an den Küchentisch.
    Im Myers Park war die Frau eines Arztes erstochen aufgefunden worden. Ein Kind war von einem Pitbull angegriffen worden. Die Eltern verlangten, daß das Tier eingeschläfert werden müsse, doch der Besitzer war empört über diese Forderung. Die Hornets hatten Golden State mit 101 zu 87 geschlagen.
    Ich las den Wetterbericht. Sonnenschein und Höchsttemperaturen um die dreiundzwanzig Grad. In Montreal war das Thermometer am Freitag auf neun Grad geklettert. Kein Wunder, daß die Südstaatler etwas blasiert sind…
    Ich las die Zeitung von vorne bis hinten. Die Leitartikel. Die Stellenangebote. Die Werbebeilagen. Es ist ein Wochenendritual, das ich sehr genieße, auf das ich aber in den letzten Wochen hatte verzichten müssen. Wie ein Junkie auf Entzug verschlang ich jedes gedruckte Wort.
    Danach räumte ich den Tisch ab und nahm meine Aktentasche zur Hand. Ich stapelte die Autopsiefotos links von mir und legte Hardaways Bericht vor mich auf den Tisch. Mein Stift gab schon beim ersten Schreibversuch den Geist auf. Ich stand auf, um mir einen anderen zu holen.
    Als ich die Gestalt vor meiner Haustür sah, setzte mein Herz einen Schlag aus. Ich hatte keine Ahnung, wer es war oder wie lange derjenige

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