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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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schon dort gestanden hatte.
    Die Gestalt drehte sich zur Seite, kam zum Fenster und schaute herein. Als unsere Blicke sich trafen, starrte ich ungläubig in das Gesicht.
    Dann ging ich sofort zur Tür und öffnete.
    Mit vorgestreckten Hüften, die Hände an den Riemen ihres Rucksacks, stand sie da. Der Saum ihres Rocks umspielte die Schäfte ihrer Wanderstiefel. Die Morgensonne fing sich in ihren Haaren und umgab ihren Kopf mit einem kupferfarbenen Schein.
    Mein Gott, dachte ich. Und jetzt?
    Kathryn war die erste, die etwas sagte.
    »Ich muß reden. Ich –«
    »Ja, natürlich. Bitte, kommen Sie rein.« Ich trat zurück und streckte die Hand aus. »Geben Sie mir Ihren Rucksack.«
    Sie trat ein, nahm den Rucksack ab und ließ ihn zu Boden sinken. Ihr Blick wich keinen Augenblick von meinem Gesicht.
    »Ich weiß, daß ich Sie störe, und ich –«
    »Kathryn, ich bitte Sie. Ich freue mich, Sie zu sehen. Ich war nur so überrascht, daß ich nicht wußte, wie ich reagieren sollte.«
    Sie öffnete die Lippen, aber es kam kein Wort heraus.
    »Wollen Sie was zu essen?«
    Die Antwort lag in ihrem Gesicht.
    Ich legte den Arm um sie und führte sie an den Küchentisch. Sie ließ es geschehen. Ich räumte Fotos und Bericht beiseite und setzte sie auf meinen Stuhl.
    Während ich ein Bagel toastete und mit Frischkäse bestrich und ein Glas Orangensaft eingoß, musterte ich meine Besucherin verstohlen. Kathryn starrte auf die Tischplatte hinunter, während ihre Hände nicht existente Falten in dem Platzdeckchen glätteten, das ich vor ihr ausgebreitet hatte.
    Mir wurde flau im Magen. Wie war sie hierhergekommen? War sie ausgerissen? Wo war Carlie? Ich hielt meine Fragen zurück, solange sie aß.
    Als Kathryn zu Ende gegessen hatte und eine zweite Portion ablehnte, räumte ich das Geschirr ab und setzte mich zu ihr an den Tisch.
    »Nun. Wie haben Sie mich gefunden?« Ich tätschelte ihr die Hand und lächelte sie aufmunternd an.
    »Sie haben mir Ihre Karte gegeben.« Sie zog sie aus der Tasche und legte sie auf den Tisch. »Ich habe die Nummer in Beaufort ein paarmal angerufen, aber Sie waren nie da. Irgendwann hat dann ein Mann abgenommen und mir gesagt, daß Sie nach Charlotte zurückgefahren sind.«
    »Das war Sam Rayburn. Ich habe auf seinem Boot übernachtet.«
    »Jedenfalls habe ich beschlossen, aus Beaufort wegzugehen.« Sie sah mir kurz in die Augen und senkte den Blick gleich wieder. »Ich bin hierher getrampt und dann gleich zur Universität gegangen, aber es dauerte länger, als ich gedacht hatte. Als ich ankam, waren Sie schon weg. Ich habe bei einer Frau übernachtet, und heute morgen hat sie mich auf dem Weg zur Arbeit hierhergefahren.«
    »Woher wußte sie denn, wo ich wohne?«
    »Sie hat in so einer Art Adreßbuch nachgeschaut.«
    »Verstehe.« Ich war mir sicher, daß meine Privatadresse nicht im Fakultätsverzeichnis stand. »Ich bin jedenfalls froh, daß Sie hier sind.«
    Kathryn nickte. Sie sah erschöpft aus. Ihre Augen waren gerötet und dunkel umrandet.
    »Ich hätte Sie gern zurückgerufen, aber Sie haben keine Nummer hinterlassen. Als Detective Ryan und ich am Dienstag Ihre Kommune besuchten, haben wir Sie nirgends gesehen.«
    »Ich war dort, aber –« Sie verstummte.
    Ich wartete.
    Birdie erschien in der Tür, doch die Spannung im Raum vertrieb ihn wieder. Die Uhr schlug die halbe Stunde.
    Schließlich hielt ich es nicht länger aus.
    »Kathryn, wo ist Carlie?« Ich legte meine Hand auf die ihre.
    Sie sah mich an. Ihr Blick war trüb und leer.
    »Sie kümmern sich um ihn.« Ihre Stimme war dünn, wie die eines Kindes, das auf einen Vorwurf antwortet.
    »Wer?«
    Sie zog ihre Hand aus der meinen, stützte die Ellbogen auf den Tisch und massierte sich mit den Fingern die Schläfen. Der Blick war wieder starr auf das Platzdeckchen gerichtet.
    »Ist Carlie auf St. Helena?«
    Sie nickte.
    »Wollten Sie ihn dort zurücklassen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Geht es dem Baby gut?«
    »Er ist mein Junge! Meiner!«
    Kathryns Heftigkeit überraschte mich.
    »Ich kann für ihn sorgen.« Als sie den Kopf hob, glitzerten Tränen auf ihren Wangen. Ihr Blick bohrte sich in meine Augen.
    »Wer sagt, daß Sie es nicht können?«
    »Ich bin seine Mutter.« Ihre Stimme zitterte. Warum? Vor Erschöpfung? Vor Angst? Vor Zorn?
    »Wer kümmert sich um Carlie?«
    »Aber was ist, wenn ich mich täusche? Wenn das alles stimmt?« Sie senkte den Blick wieder.
    »Wenn was stimmt?«
    »Ich liebe meinen Jungen. Ich will das Beste für

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