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Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenarbeit: 2. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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keine Gefühle mehr erlauben. Nach einer Weile öffnete er den Mund.
    »Wenn hier für mich nichts zu tun ist, Temperance, dann gehe ich jetzt nach oben.«
    »Natürlich«, sagte ich und dachte an die wärmende Sonne. »Das hier wird noch eine Weile dauern.«
    Ich sah auf die Uhr. Zehn nach elf. Hinter LaManche sah ich Sincennes und Martineau, die Schulter an Schulter mit gesenkten Köpfen vorwärts krochen, wie Bergleute, die eine Goldader suchen.
    »Brauchen Sie irgend etwas?«
    »Ich werde einen Leichensack mit einem sauberen weißen Tuch darin brauchen. Sorgen Sie dafür, daß er auf einem flachen Brett oder in einer Leichenwanne liegt. Ich will nicht, daß beim Abtransport alles durcheinandergeschüttelt wird.«
    »Natürlich.«
    Ich machte mich wieder ans Schaufeln und Sieben. Ich fror so sehr, daß ich am ganzen Körper zitterte, und mußte immer wieder unterbrechen, um mir die Hände zu wärmen. Irgendwann wurden Wanne und Leichensack gebracht. Der letzte Feuerwehrmann ging. Es wurde sehr still im Keller.
    Schließlich hatte ich das ganze Skelett freigelegt. Ich machte mir Notizen und skizzierte seine Lage, während Halloran eifrig fotografierte.
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mir einen Kaffee hole?« fragte er, als wir fertig waren.
    »Nein, ich rufe, wenn ich Sie brauche. Ich werde jetzt für eine Weile einsammeln.«
    Als er ging, fing ich an, die Überreste in den Leichensack zu legen, wobei ich bei den Füßen anfing und mich zum Kopf vorarbeitete. Das Becken war in gutem Zustand. Ich hob es auf und legte es auf das Tuch. Die Schambeinfuge war in verkohltes Gewebe eingebettet. Die brauchte ich nicht zu stabilisieren.
    Die Bein- und Armknochen ließ ich so sedimentverkrustet, wie sie waren. Das würde sie zusammenhalten, bis ich sie im Autopsieraum säubern und sortieren konnte. Dasselbe machte ich mit der Thoraxregion, deren einzelne Teile ich behutsam mit einer flachen Schaufel vom Boden hob. Vom vorderen Brustkorb war nichts mehr übrig, ich mußte mir also keine Gedanken wegen einer Beschädigung der Rippenenden machen. Den Schädel ließ ich vorerst noch, wo er war.
    Nachdem ich das Skelett entfernt hatte, machte ich mich daran, die obersten fünfzehn Zentimeter Sediment durchzusieben. Am südwestlichen Pflock fing ich an und arbeitete mich nach Nordosten vor. Ich war in der letzten Ecke angelangt, als ich ihn entdeckte, ungefähr fünfundvierzig Zentimeter östlich des Schädels, in einer Tiefe von sechs Zentimetern. Mein Magen machte einen kleinen Satz. Ja!
    Der Unterkiefer. Behutsam löste ich Erde und Asche und legte so einen kompletten rechten aufsteigenden Ast, ein Fragment des linken Astes und einen Teil des Unterkieferkörpers frei. Letzterer enthielt sieben Zähne.
    Das Knochenäußere war mit einem Geflecht aus Rissen überzogen. Es war dünn und pulverig weiß. Das schwammige Innere sah blaß und spröde aus, als wäre jede Faser von einer Liliput-Spinne gesponnen und dann luftgetrocknet worden. Der Zahnschmelz splitterte bereits, und ich wußte, daß das ganze Ding zerbröseln würde, wenn ich es bewegte.
    Ich holte mir eine Flasche mit Flüssigkeit aus meiner Tasche und schüttelte die Lösung, damit sich etwaige Kristallpartikel auflösten. Dann legte ich mir eine Handvoll Fünf-Millimeter-Einwegpipetten zurecht.
    Auf allen vieren kauernd, öffnete ich die Flasche, zog eine Pipette aus der Verpackung und tauchte sie in die Flüssigkeit. Dann drückte ich auf den Sauggummi, um Lösung in das Röhrchen zu ziehen, und träufelte die Flüssigkeit auf den Unterkiefer. Tropfen um Tropfen benetzte ich jedes Fragment, immer darauf achtend, daß die Lösung gut in den Knochen eindrang. Ich verlor jedes Gefühl für die Zeit.
    »Schöner Anblick.« Englisch.
    Ich zuckte zusammen und spritzte mir VINAC auf den Jackenärmel. Mein Rücken war steif, Knie und Gelenke angespannt, es war also unmöglich, schnell den Hintern zu senken. So hob ich langsam den Oberkörper und setzte mich auf die Fersen. Ich mußte nicht nachsehen, wer es war.
    »Vielen Dank, Detective Ryan.«
    Er ging um das Quadrat herum und schaute auf mich herunter. Trotz des trüben Lichts sah ich, daß seine Augen genauso blau waren, wie ich sie in Erinnerung hatte. Er trug einen schwarzen Kaschmirmantel und einen roten Wollschal.
    »Lange nicht gesehen.«
    »Ja. Keine Zeit. Wann war es?«
    »Im Gerichtsgebäude.«
    »Der Fortier-Prozeß.« Wir waren beide als Zeugen geladen gewesen.
    »Immer noch mit Perry Mason liiert?«
    Ich

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