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Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition)

Titel: Knochenbett: Kay Scarpettas 20. Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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ist ein neuer Trend, der mir wirklich zu schaffen macht. Zahnärzte injizieren ihren Patienten Faltenauffüller sowie Botox. Ich mag ja altmodisch sein, aber ich finde, es ist nicht die Aufgabe von Zahnärzten, Wangen aufzublasen und Sorgenfalten zu glätten.«
    Als wir die Tote vom Rollwagen auf einen Autopsietisch umlagern, wirkt sie auf der kalten Stahlplatte kläglich klein und eingeschrumpft. Ich schalte eine Untersuchungslampe ein und verschiebe sie auf der Schiene an der Decke, während Luke auf einem Instrumentenwagen stehende Behälter für Proben beschriftet. Ich habe, was ihn angeht, gemischte und verwirrende Gefühle. Sie sind widersprüchlich und ängstigen mich, und ich versuche, nicht an die empörenden Anschuldigungen zu denken, die Marino heute Morgen im Auto erhoben hat. Ich will mir nicht eingestehen, dass vielleicht etwas Wahres dran ist.
    »Hat dieser Dr. Zieher, bei dem sie im März war, ihr während des Termins auch Faltenauffüller oder Botox gespritzt?« Ich richte sechstausend Lux auf die Innenseite ihrer Oberarme.
    »Lippenaufspritzen. Und einen Milliliter Restylane«, erwidert Ned. »Das steht in ihrer Akte. Zumindest hat der Kerl ordentlich Buch geführt.«
    »Vier kleine Blutergüsse.« Ich weise Luke darauf hin. »Und noch einer hier.«
    »Ein Daumenabdruck?« Als er nach der Halterung der Lampe greift, streift mich leicht sein Arm.
    »Mag sein. Auf der gegenüberliegenden Seite. Ziemlich wahrscheinlich ein Daumenabdruck. Ja.« Ich zeige es ihm, woraufhin er sich nah zu mir hinüberlehnt.
    »Die Abdrücke von Fingerspitzen, weil sie jemand gepackt hat«, konstatiert er. »Sie wurde am Oberarm festgehalten. Vier Finger hier und der Daumen dort.«
    »Danke, Ned.« So will ich ihm mitteilen, dass ich ihn jetzt nicht mehr brauche.
    »Wenigstens kriege ich so etwas selten zu sehen.« Er nimmt seine schwarze Arzttasche. Sie ist zerschrammt und abgewetzt, ein Hochzeitsgeschenk von seiner inzwischen verstorbenen Frau. »Alle möglichen nie erbrachten Leistungen wurden aufgeführt, damit der Zahnarzt sie mit der Versicherung abrechnen konnte, oder um nicht erstattungsfähige Arbeiten als erstattungsfähige zu tarnen. Ganz zu schweigen vom Pfusch.«
    »In ihrem Zustand ist das nicht leicht festzustellen.« Luke begutachtet die leichten Blutergüsse, auf die ich ihn hingewiesen habe, mit einer Lupe. Ich höre, wie sein weißer Kittel bei jeder Bewegung raschelt, und sehe das grelle Licht, das sich in seinem hellblonden Haar fängt.
    »So kann man die Bereiche aus verschiedenen Winkeln beleuchten und sich einen Überblick verschaffen, bevor man ein bestimmtes Merkmal oder mehrere genauer überprüft«, erkläre ich ihm. Dabei spüre ich seine Wärme und auch die der Lampe. »Genauso, wie man auch einen Tatort betritt. Erst der Überblick, dann die Details. Man darf sich nicht so auf eine Einzelheit fixieren, dass man den Rest übersieht.«
    »Das möchte ich natürlich vermeiden.« Wieder rückt Luke die Lichtquelle zurecht.
    »Vor nicht allzu langer Zeit hatte ich einen Fall, bei dem ich als Berater hinzugezogen wurde.« Ned nimmt seinen Regenmantel vom Stuhl. »In New Hampshire. Einige Patienten, die noch abgebrochene Instrumente in den Zähnen hatten.«
    »Ich danke Ihnen vielmals, Ned.« Ich sehe ihn an. »Sie haben uns wie immer den Tag gerettet. Ich bin Ihnen dankbar, das FBI ist Ihnen dankbar, alle sind Ihnen dankbar.«
    Er verharrt an der Tür. »Der fragliche Zahnarzt hat jetzt mehr als einhundert Kunstfehlerprozesse am Hals.«
    »Benton ist Pizza holen gefahren. Er ist inzwischen bestimmt zurück«, teile ich Ned mit.
    »Wahrscheinlich muss er für ein paar Jahre in den Knast und wird anschließend vielleicht sogar in den Iran ausgewiesen.«
    »Wollen Sie nicht im sechsten Stock vorbeischauen?«, schlage ich ihm vor. »Die freuen sich bestimmt über Ihre Gesellschaft, falls Sie noch nicht nach Hause wollen.«
    »Hier sind, glaube ich, auch noch ein paar.« Luke deutet auf weitere braune Flecken. Sie sind klein und beinahe kreisrund. Sein Arm berührt meinen, und ich spüre seine Muskeln durch den Tyvek-Ärmel. »Wenn sich ein Griff immer wieder verändert, das heißt, wenn jemand festgehalten wird und die Hand mal locker, mal kräftiger zupackt, würde man doch nicht mit Fingerabdrücken durch die Kleidung rechnen.«
    Ich nehme die Kamera und das Zwanzig-Zentimeter-Lineal, das Marino vorhin beschriftet hat.
    »Würdest du erwarten, dass jemand, der eine Bluse und eine Jacke aus Wollstoff

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