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Knochenbruch

Knochenbruch

Titel: Knochenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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Höflichkeitsfloskeln über das Wetter irritierten ihn. Margaret schien eine verwandte Seele zu sein, und sie kamen hervorragend miteinander aus.
    Ich ließ mich in den drehbaren Bürosessel meines Vaters fallen und wies Margaret an, die Briefe selbst zu öffnen. Mein Vater ließ niemals jemanden seine Briefe öffnen und war in dieser Hinsicht geradezu verbohrt. Sie tat einfach, was ich sagte, ohne Kommentar, sei es mit Worten oder Gesten. Wunderbar.
    Das Telefon klingelte. Margaret nahm den Hörer ab.
    »Mr. Bredon? O ja. Er wird sich freuen, daß Sie anrufen. Ich werde Sie zu ihm durchstellen.«
    Sie reichte mir den Hörer über den Schreibtisch und sagte: »John Bredon.«
    »Danke.«
    Ohne eine Spur des Eifers, den ich noch tags zuvor gezeigt hätte, nahm ich den Hörer. Ich hatte drei aufreibende Tage damit zugebracht, jemanden zu finden, der kurzfristig frei war und Rowley Lodge übernehmen konnte, bis das Bein meines Vaters geheilt war. Und von allen Leuten, die hilfsbereite Freunde vorgeschlagen hatten, schien einzig John Bredon, ein älterer, vor kurzem in den Ruhestand getretener Trainer, über ausreichend Erfahrung und Format zu verfügen. Er hatte sich Bedenkzeit erbeten und gesagt, er würde mich seine Entscheidung so bald als möglich wissen lassen.
    Er rief an, um mir zu sagen, daß er gern kommen würde. Ich dankte ihm und erteilte ihm mit einer verlegenen Entschuldigung eine Absage. »Es ist so, ich habe noch einmal darüber nachgedacht und beschlossen, selbst hierzubleiben …«
    Langsam legte ich den Hörer auf die Gabel; Margarets Erstaunen war deutlich zu spüren. Ich erklärte nichts. Sie fragte nichts. Nach einer Pause machte sie sich daran, die übrigen Briefe zu öffnen.
    Wieder klingelte das Telefon. Diesmal fragte sie mich mit undurchdringlichem Gesichtsausdruck, ob ich vielleicht Mr. Russell Arletti zu sprechen wünsche.
    Schweigend streckte ich die Hand nach dem Hörer aus.
    »Neil?« blaffte eine Stimme durchs Telefon. »Wo zum Teufel steckst du? Ich habe Grey und Cox für gestern deinen Besuch angekündigt. Sie beschweren sich. Wie bald kannst du dort sein?«
    Grey und Cox in Huddersfield warteten darauf, daß Arletti Incorporated untersuchte, warum ihr einst gewinnträchtiges Geschäft langsam den Bach runter ging. Doch der von Arletti mit der Untersuchung Beauftragte saß verzagt in einem Stallbüro in Newmarket und wünschte, er wäre tot.
    »Du wirst Grey und Cox sagen müssen, daß ich nicht kommen kann.«
    »Daß du was ?«
    »Russell … Schreib mich für eine Weile ab. Ich muß hierbleiben.«
    »Aber warum um Gottes willen?«
    »Ich kann niemand finden, der den Stall übernimmt.«
    »Du hast gesagt, du würdest nicht länger als eine Woche brauchen.«
    »Dann habe ich mich eben geirrt. Ich finde keinen passenden Ersatz. Ich kann nicht Grey und Cox bei ihren Schwierigkeiten helfen und in Rowley Lodge derweil die Zügel schießen lassen. Es geht hier um sechs Millionen. Ob es dir gefällt oder nicht, ich muß bleiben.«
    »Verdammt, Neil …«
    »Es tut mir wirklich leid.«
    »Grey und Cox werden fuchsteufelswild sein.« Er war verzweifelt.
    »Fahr doch selbst. Es ist sicher nur das Übliche. Schlechte Kalkulationen. Festlegung zu niedriger Preise für ihre Produkte im Planungsstadium. Mieser Cash-flow. Sie sagen, sie hätten keine Störenfriede im Betriebsrat, also steht’s hundert zu eins, daß es lausige Finanzpolitik ist.«
    Er seufzte. »Ich habe nicht ganz deine Fähigkeiten. Ich habe bessere, klar, aber nicht dieselben.« Er hielt inne, um nachzudenken. »Werde wohl James hinschicken, wenn er von Shoreham zurückkommt. Falls du dir ganz sicher bist.«
    »Schreib mich besser für mindestens drei Monate ab.«
    »Neil!«
    »Besser sogar bis nach dem Derby …«
    »So lange kann ein Bein doch unmöglich brauchen«, protestierte er.
    »Es ist in einem verheerenden Zustand. Die Knochen sind gesplittert und durch die Haut gedrungen, und es stand auf des Messers Schneide, ob amputiert werden mußte.«
    »Ach zum Teufel!«
    »Ich ruf dich an«, sagte ich. »Sobald es so aussieht, daß ich wieder frei bin.«
    Nachdem er eingehängt hatte, saß ich mit dem Hörer in der Hand da und starrte ins Leere. Langsam legte ich ihn wieder auf die Gabel.
    Margaret saß reglos da, die Augen beflissentlich niedergeschlagen, der Mund ausdruckslos. Sie machte keinerlei Bemerkung zu der Lüge, die ich soeben erzählt hatte.
    Es war, so überlegte ich, wohl nur die erste von vielen.

3
     
    Ein

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