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Knochenbruch

Knochenbruch

Titel: Knochenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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niemals, ihre Sympathie zu erringen. Damit weckst du nur Feindseligkeit. Und mach niemals Witze: Sie haben keinen Humor.
    Ich erwiderte den Blick des Sergeants mit entsprechender Gleichgültigkeit und fragte, ob er den Namen und die Adresse des Fahrradfahrers habe. Nach nur geringfügigstem Zögern blätterte er ein oder zwei Seiten in seinem Notizbuch weiter und las sie mir vor. Margaret schrieb mit.
    »Und die Adresse der jungen Frau?«
    Er steuerte auch diese bei. Dann fragte er mich, ob er eine Aussage von Miss Craig bekommen könne, und ich sagte, aber gewiß doch, Sergeant, und führte ihn auf den Hof. Etty unterzog ihn einer schnellen, taxierenden Musterung und beantwortete seine Fragen absolut sachlich. Ich ließ sie allein und kehrte ins Büro zurück, um den Papierkram mit Margaret hinter mich zu bringen, die es vorzog, die Mittagspause durchzuarbeiten, damit sie um drei Uhr gehen und ihre Kinder von der Schule abholen konnte.
    »Es fehlen einige Rechnungsbücher«, bemerkte sie.
    »Ich habe sie gestern abend mitgenommen«, sagte ich. »Sie sind im Eichenzimmer … Ich hole sie.«
    Das Eichenzimmer war still und leer. Ich fragte mich, wie der Sergeant wohl reagieren würde, wenn ich ihn hierherbrächte und ihm erzählte, daß mich gestern nacht zwei gesichtslose Männer niedergeschlagen, gefesselt und mit Gewalt aus meinem Haus verschleppt hatten. Daß sie mich außerdem fast getötet und mich schließlich mit einem Narkosemittel vollgepumpt hatten, bevor sie mich wieder zurückbrachten.
    »Ach ja, Sir? Und wollen Sie Anzeige erstatten?«
    Ich lächelte flüchtig. Das Ganze schien lächerlich. Der Sergeant würde mich mit einem Maximum an Ungläubigkeit ansehen, und ich würde ihm kaum einen Vorwurf daraus machen können. Lediglich mein desolater Gesundheitszustand und das zerschmetterte Telefon auf dem Schreibtisch verliehen den nächtlichen Ereignissen überhaupt eine gewisse Glaubwürdigkeit.
    Der dicke Mann, so überlegte ich, hätte mir eigentlich vom Gang zur Polizei gar nicht abraten müssen. Das erledigte schon der Sergeant für ihn.
    Als ich Margaret die Rechnungsbücher zurückbrachte, kam Etty wutschnaubend ins Büro gestürmt.
    »Von allen wichtigtuerischen Schwachköpfen …«
    »Passiert so etwas oft?« fragte ich.
    »Ganz bestimmt nicht«, sagte Etty nachdrücklich. »Es kommt natürlich schon mal vor, daß ein Pferd sich losreißt, aber für gewöhnlich wird dergleichen ohne viel Aufhebens erledigt. Und ich habe diesem alten Mann mit dem Fahrrad gesagt, daß Sie für den Schaden aufkommen würden. Warum er auch noch zur Polizei gehen mußte, ist mir schleierhaft.«
    »Ich werde ihn heute abend aufsuchen«, sagte ich.
    »Also, der alte Sergeant, Sergeant Chubb«, sagte Etty ungehalten, »der hätte die Sache selbst in die Hand genommen. Der wär’ nicht hierhergekommen, um Aussagen aufzunehmen. Aber der von heute ist ein neuer. Sie haben ihn von Ipswich hierher versetzt, und das scheint ihm nicht zu gefallen. Frisch befördert, würde ich sagen. Ganz erfüllt von seiner eigenen Wichtigkeit.«
    »Die Streifen waren neu«, murmelte Margaret zustimmend.
    »Wir hatten hier immer gute Beziehungen zur Polizei«, fuhr Etty düster fort. »Ist mir wirklich ein Rätsel, was die sich dabei gedacht haben, uns jemanden herzuschicken, der nicht die geringste Ahnung von Pferden hat.«
    Der Dampf war abgelassen. Etty atmete hörbar durch die Nase ein, zuckte mit den Schultern und zauberte ein kleines resigniertes Lächeln hervor.
    »Na ja … gibt Schlimmeres auf der Welt.«
    Sie hatte sehr blaue Augen und feines braunes Haar, das sich bei feuchtem Wetter kräuselte. Die mittleren Jahre hatten ihre Haut rauh werden lassen, ohne ihr jedoch Falten zu bescheren, und wie die meisten Frauen mit unterentwickeltem Geschlechtstrieb hatten ihre Gesichtszüge etwas Männliches. Sie hatte dünne Lippen und buschige Augenbrauen, die sie sich niemals zupfte, und die Attraktivität ihrer Jugend gab es nur noch in meiner Erinnerung. Etty erschien vielen, die sie beobachteten, als ein trauriger, verbrauchter Mensch, aber an und für sich fand sie Erfüllung in ihrem Beruf und war in ihrer Geschäftigkeit zufrieden.
    Sie stapfte in ihren Reithosen und Schaftstiefeln davon, und wir hörten, wie sie mit einem glücklosen Jungen schimpfte, den sie bei einer Schandtat ertappt hatte. Rowley Lodge brauchte Etty Craig. Alessandro Rivera brauchte es so dringend wie ein Loch im Kopf.
     
    Er kam am Spätnachmittag.
    Ich war

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