Knochenbruch
nicht nach Anweisung geritten sei, waren alle schnell bereit, ihm jedes Verdienst abzusprechen. Da er jedoch nur selten mit einem von ihnen sprach, erfuhr er wohl nichts davon.
Als er am nächsten Morgen nach Rowley Lodge kam, war er äußerst reserviert. Etty war mit dem ersten Lot runter zur Flachbahn gegangen, um den Pferden ein paar lange, ruhige Kanter zu geben, die ich wegen der Fahrt, die mir noch bevorstand, nicht mit ansehen konnte. Sie schien nichts dagegen zu haben, sich drei Tage allein um alles zu kümmern, und hatte mir versichert, daß Lancat und Lucky Lindsay (die für ein Tausend-Meter-Rennen für Zweijährige mit einem erfahrenen Jockey aus dem Norden bestimmt waren) am Samstag sicher in Teesside ankommen würden.
Alessandro fuhr mit mir im Jensen, und Carlo folgte uns wie zuvor. Auf dem Hinweg besprachen wir hauptsächlich die Taktiken, die er auf Buckram und Lancat anwenden würde, und wieder war da dieser seltsame Mangel an Erregung, nur diesmal noch deutlicher. Wo ich erwartet hätte, daß er nervös und aufgeregt sein würde, war er vollkommen entspannt. Jetzt, da er tatsächlich Rennen bestritt, schien es, als habe sich sein ungeduldiges Fieber gelegt.
Buckram ging nicht als Sieger durchs Ziel, aber nicht, weil Alessandro das Rennen nicht so geritten hätte, wie er es vorhatte. Buckram lief als Dritter ein, weil zwei andere Pferde schneller waren, und Alessandro akzeptierte dies mit überraschender Gelassenheit.
»Er hat sein Bestes getan«, erklärte er einfach. »Mehr war nicht drin.«
»Das habe ich gesehen«, sagte ich; und das war es.
Während der restlichen Zeit des Drei-Tage-Meetings lernte ich noch sehr viele andere Leute aus der Rennwelt kennen und begann, ein Gefühl für das Gewerbe zu bekommen. Ich sattelte unsere vier Starter, die Tommy Hoylake ritt, und gratulierte ihm, als einer von ihnen siegte.
»Komische Sache«, sagte er, »die Pferde sind dieses Jahr genausoweit wie sonst.«
»Ist das gut oder schlecht?« fragte ich.
»Machen Sie Witze? Aber das nächste Zauberstückchen wird darin bestehen, sie bis September am Laufen zu halten.«
»Mein Vater wird bis dahin zurück sein und dafür sorgen«, versicherte ich ihm.
»Oh … ja. Das wird er wohl«, sagte Tommy ohne den Enthusiasmus, den ich erwartet hätte, und machte sich davon, um sich fürs nächste Rennen abzuwiegen.
Am Samstag segelte Lancat in Teesside mit vier Längen Vorsprung und einem Kurs von fünfundzwanzig zu eins durchs Ziel, was meine Saisongewinne von zweitausend auf viertausendfünfhundert anwachsen ließ. Und das, so überlegte ich, würde wohl die letzte leichte Beute sein: Lancat war der dritte Sieger des Stalls von neun Startern, und niemand würde länger davon ausgehen, daß Rowley Lodge eine Flaute durchmachte.
Alessandros und Vic Youngs Berichterstattung über die Ereignisse in Teesside fiel vorhersehbarerweise sehr unterschiedlich aus.
Alessandro sagte: »Erinnern Sie sich noch an den Probegalopp, als ich recht viel Boden gutgemacht hatte … Aber das war zu früh, denn er wurde müde … Nun ja, er hat diese gewaltige Geschwindigkeit tatsächlich wieder erreicht, so wie wir es uns gedacht haben, und es hat wunderbar funktioniert. Ich habe ihn kurz vor dem letzten Zweihundert-Meter-Pfosten losgelassen, und er ist an den anderen regelrecht vorbeigezischt. Es war ungeheuer.«
Vic Young sagte: »Er war beinahe zu spät. Hat sich einschließen lassen. Die anderen konnten natürlich Ringe um ihn herum reiten. Dieser Lancat muß wirklich etwas Besonderes sein, wenn er gewinnen konnte, obwohl er von einem Lehrling geritten wurde, der erst sein drittes Rennen hatte.«
Während der nächsten Woche hatten wir noch acht weitere Starter, von denen Alessandro drei ritt. Nur eins seiner Rennen war ein Lehrlingsrennen, und keines der Pferde gewann. Bei einem Rennen wurde er vom Champion-Jockey in einem sehr knappen Finish geschlagen, aber alles, was er dazu sagte, war, daß er sich mit ein wenig Übung wohl verbessern könnte.
Die Besitzer von allen drei Pferden waren zum Rennen gekommen, und nicht das geringste Murren wurde laut. Alessandro benahm sich ihnen gegenüber mit Vernunft und Höflichkeit, obwohl ein unbedachtes Hohngrinsen, das ihm entschlüpfte, als er sich unbeobachtet wähnte, mir verriet, daß er sich die Seele aus dem Leib schauspielerte.
Einer der Besitzer war ein Amerikaner, der sich als eines der Mitglieder des Syndikats erwies, das meine Geschäfte aufgekauft hatte. Es
Weitere Kostenlose Bücher