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Knochenbruch

Knochenbruch

Titel: Knochenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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Eindruck, daß er etwas sagen wolle, um zu erklären, zu vermitteln … irgend etwas in der Art …, aber daß die Loyalität zu seinem Vater ihn davon abhielt. Ich lächelte ihn ein wenig bedauernd an und fügte hinzu: »Aber wann immer Sie den Wunsch haben, können Sie mit mir fahren.«
    Ich bemerkte ein Flackern in den schwarzen Augen, aber er wandte sich ab, ohne zu antworten, und ging zu Carlo hinüber, der auf ihn wartete, und als wir in Epsom ankamen, stellte ich fest, daß Enzo ebenfalls mitgekommen war.
    Enzo fing mich vor dem Waageraum ab, eine kleine, gedrungene Gestalt, die harmlos im Aprilsonnenschein stand. Keine Pistole mit Schalldämpfer. Keine Handlanger mit Gummigesichtern. Kein Seil um meine Handgelenke, keine Nadeln in meinem Arm. Und doch zog sich mir der Magen zusammen, und die Haare auf meinen Beinen standen zu Berge.
    Er hielt den Brief, den ich an ihn geschrieben hatte, in der Hand, und die Feindseligkeit in seinen geschwollenen Augen schlug alles, was Alessandro je zustande gebracht hatte, um gut zwanzig Längen.
    »Sie haben sich meinen Anweisungen widersetzt«, sagte er, und der Klang seiner Stimme hätte kühnere Männer als mich dazu bewegen können, sich im nächsten Gebüsch zu verstecken. »Ich habe Ihnen gesagt, daß Alessandro an die Stelle von Hoylake treten soll. Ich muß feststellen, daß dies nicht geschehen ist. Sie haben meinem Sohn nur armselige Krümel gegeben. Das werden Sie ändern.«
    »Alessandro«, sagte ich mit möglichst ungerührter Miene, »hat mehr Chancen gehabt als die meisten Lehrlinge in den ersten sechs Monaten.«
    In seinen Augen blitzte ein Tausend-Kilowatt-Funke auf. »Sie werden nicht in diesem Ton mit mir sprechen. Sie werden tun, was ich sage. Haben Sie verstanden? Ich werde Ihre fortgesetzte Mißachtung meiner Anweisungen nicht mehr hinnehmen.«
    Ich betrachtete ihn eingehend. War er in der Nacht meiner Entführung noch besonnen und kühl gewesen, wurde er nun von irgendeinem inneren starken Gefühl getrieben. Das machte ihn nicht weniger gefährlich. Im Gegenteil.
    »Alessandro reitet heute nachmittag ein sehr gutes Pferd im Dean Swift Handicap«, sagte ich.
    »Er hat mir gesagt, dieses Rennen sei nicht wichtig. Es sei das Great Metropolitan, das zählte. Er wird auch dort reiten.«
    »Hat er gesagt, daß er das möchte?« erkundigte ich mich neugierig, denn unser Starter im Great Met war der Durchgänger Traffic, und nicht einmal Tommy Hoylake betrachtete diese Aussicht mit besonderer Freude.
    »Natürlich«, behauptete Enzo, aber ich glaubte ihm nicht ganz. Ich hielt es für wahrscheinlich, daß er Alessandro dazu gedrängt hatte, einen solchen Wunsch auszusprechen.
    »Ich fürchte«, sagte ich mit unaufrichtigem Bedauern, »daß man den Besitzer nicht dazu überreden kann. Er besteht darauf, daß Hoylake reitet. Er ist unerbittlich.«
    Enzo kochte, ließ aber von der verlorenen Sache ab. Statt dessen stellte er fest: »Sie werden sich in Zukunft mehr bemühen. Über die Geschichte von heute werde ich hinwegsehen. Aber es besteht kein Zweifel, nicht der Schatten eines Zweifels, verstehen Sie, daß Alessandro jenes Pferd, von dem wir schon gesprochen haben, im Two Thousand Guineas reiten wird. Nächste Woche wird er Archangel reiten, wie er es sich gewünscht hat. Archangel.«
    Ich sagte nichts. Es war nach wie vor unmöglich, daß Alessandro den Ritt auf Archangel bekommen würde, selbst wenn ich es gewollt hätte, was nicht der Fall war. Der Bankier würde niemals einverstanden sein, Tommy Hoylake durch einen Lehrling mit nur fünf Wochen Erfahrung zu ersetzen, nicht bei dem aussichtsreichsten Derby-Kandidaten, den er je besessen hatte. Und auch um meines Vaters willen mußte Archangel den besten Jockey haben, den er kriegen konnte. Enzo nahm mein Schweigen als Zustimmung, begann weniger wütend und deutlich zufriedener dreinzuschauen und wandte mir schließlich den Rücken zu, um mir zu bedeuten, daß ich entlassen war.
    Alessandro ritt im Handicap ein schlechtes Rennen. Er wußte, daß das Rennen über die Derby-Distanz ging, und er wußte, daß ich ihm auf den anderthalb Meilen Erfahrung verschaffen wollte, weil ich hoffte, er würde das große Lehrlingsrennen in zwei Tagen gewinnen, das über dieselbe Distanz ging. Aber er schätzte die Dinge hoffnungslos falsch ein, ging in der Tattenham Corner viel zu weit außen durch den Bogen, schaffte es nicht, sein Pferd vor und nach den Sprüngen im Gleichgewicht zu halten, und holte zu keiner Zeit die

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