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Knochenbruch

Knochenbruch

Titel: Knochenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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und ich dachte, er sei wunderbar …« Er holte zitternd Luft. »Ich möchte nicht, daß Sie so aussehen wie die anderen, wenn er mit Ihnen fertig ist.«
    »Das werde ich nicht«, sagte ich mit mehr Überzeugung, als ich empfand.
    »Aber er wird nicht einfach Tommy Archangel reiten lassen und nichts dagegen unternehmen. Ich kenne ihn … Ich weiß, daß er das nicht tun wird. Ich weiß, er meint, was er sagt. Sie wissen nicht, wie er sein kann … Sie müssen mir glauben. Sie müssen.«
    »Ich tue mein Bestes«, sagte ich trocken, und Alessandro zitterte beinahe vor Ohnmacht.
    »Neil«, sagte er, und es war das einzige Mal, daß er meinen Vornamen benutzte, »ich habe Angst um Sie.«
    »Dann wären wir schon zwei«, sagte ich ohne besonderen Ernst, aber es heiterte ihn nicht im mindesten auf. Ich sah ihn mitleidig an. »Nehmen Sie’s nicht so schwer, Junge.«
    »Aber Sie … Sie verstehen nicht.«
    »Und ob ich verstehe«, sagte ich.
    »Aber es scheint Ihnen nichts auszumachen.«
    »O doch, das tut es«, sagte ich wahrheitsgemäß. »Ich bin nicht übermäßig versessen auf eine weitere Knochenbrecher-Sitzung mit Ihrem Vater. Aber noch weniger versessen bin ich darauf, am Boden zu kriechen und seine Stiefel zu küssen. Also wird Tommy Archangel reiten, und wir drücken die Daumen.«
    Er schüttelte zutiefst besorgt den Kopf. »Ich kenne ihn«, sagte er. »Ich kenne ihn …«
    »Nächste Woche in Bath«, sagte ich, »können Sie im Lehrlingsrennen Pullitzer reiten und Clip Clop in Chester.«
    Sein Gesichtsausdruck sagte deutlich, daß er Zweifel daran hatte, daß es eine nächste Woche noch geben würde.
    »Haben Sie übrigens Geschwister?« fragte ich plötzlich.
    Die zusammenhanglose Frage schien ihn zu verwirren.
    »Nein … Meine Mutter hatte noch zwei Kinder nach mir, aber es waren beides Totgeburten.«

15
     
    Samstag morgen, 2. Mai. Two-Thousand-Guineas-Tag.
    Die Sonne erhob sich zu einer neuerlichen goldenen Reise über die Heide, und ich mühte mich millimeterweise aus dem Bett, mit Unbehagen und weniger Seelenstärke, als ich für bewunderungswürdig gehalten hätte. Den Gedanken, daß Enzo noch mehr Schaden anrichten konnte, schob ich hastig beiseite. Und doch hatte ich selbst alle Punkte auf seiner Abschußliste blockiert und ihm nur eine einzige Zielscheibe übriggelassen. Nachdem ich sozusagen einen vollen Frontalzusammenstoß eingefädelt hatte, war es nun zu spät, um zu wünschen, ich hätte es nicht getan.
    Ich seufzte. Waren fünfundachtzig Vollblüter, der Lebensunterhalt meines Vaters, die Zukunft des Stalls und vielleicht Alessandros Freiheit ein gebrochenes Schlüsselbein wert?
    Nun, ja, das waren sie.
    Aber zwei gebrochene Schlüsselbeine?
    Gott behüte.
    Durch das Summen meines Rasierapparates erwog ich das Für und Wider einer schnellen Flucht. Eines gut organisierten, verfolgerlosen Rückzugs in die Festung von Hampstead. Leicht genug zu arrangieren. Das schlimme war nur, irgendwann würde ich zurückkommen müssen, und solange ich fort war, würde der Stall zu verletzlich sein.
    Vielleicht konnte ich das Haus mit Gästen füllen und dafür sorgen, daß ich niemals allein war … Aber die Gäste würden in ein oder zwei Tagen abreisen, und Enzos Rachedurst hielt sich wohl so gut wie Napoleon-Brandy, die Zeit konnte ihm keinen Abbruch tun.
    Ich kämpfte mich in einen Pullover, ging hinunter in den Garten und gab mich der Hoffnung hin, daß selbst Enzo einsehen würde, wie sinnlos Rache war, wenn man dadurch verlor, was einem das Wichtigste auf Erden war. Wenn er mir noch weiteren Schaden zufügte, würde er seinen Sohn verlieren.
    Es war schon vor langer Zeit festgelegt worden, daß Tommy Hoylake die Gelegenheit seiner Übernachtung in Newmarket nutzen sollte, um am Morgen einen Trainingsgalopp zu reiten. Dementsprechend steuerte er um sieben Uhr seinen Jaguar den Kies hinauf und hielt mit einem Ruck draußen vorm Bürofenster.
    »Morgen«, sagte er und stieg aus dem Wagen.
    »Morgen.« Ich sah ihn genau an. »Sie sehen nicht besonders gut aus.«
    Er schnitt ein Gesicht. »Hatte die ganze Nacht Bauchschmerzen. Habe auch mein Abendessen wieder von mir gegeben. Passiert mir manchmal. Nerven, nehme ich an. Wie dem auch sei, jetzt geht es mir etwas besser. Und ich werde am Nachmittag wieder in Ordnung sein, da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.«
    »Sind Sie sicher?« fragte ich besorgt.
    »Ja.« Er schenkte mir ein bleiches Grinsen. »Ich bin sicher. Wie ich schon sagte, das passiert

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