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Knochenfinder

Knochenfinder

Titel: Knochenfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Lahmer
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nicht.«
    Winterberg winkte ab. »Natascha war auf jeden Fall hier. Und wir müssen noch einmal in die Hütte. Ich rufe André Fischer an. Wir gehen da nicht allein rein.«
    Winterberg gab der Hundeführerin ein Zeichen, dass sie sich zurückziehen sollte. Er holte seine Waffe hervor und ging langsam rückwärts in Deckung. Simon zog sich ebenfalls zurück, die Waffe im Anschlag.
    Sie würden auf Verstärkung warten.

Kapitel 57
    »Wollen Sie mir nicht ein wenig Gesellschaft leisten? Ich finde es etwas unhöflich, wie Sie sich mir gegenüber verhalten. Immerhin bin ich Ihr Gastgeber, Frau Kommissarin.«
    Seine Stimme klang freundlich, aber Natascha ließ sich davon nicht täuschen. Ein leichtes Zittern, kaum wahrnehmbar, schwang in seiner Stimme mit. Offenbar strengte ihn die gekünstelte Freundlichkeit ein wenig an. Außerdem waren sie in einer Situation, die wahrlich keinen Anlass zu Höflichkeiten gab.
    »Was wollen Sie von mir?«, fragte sie mit fester Stimme.
    Er kam auf sie zu und leuchtete mit der Taschenlampe über ihren festgezurrten Körper.
    »Ich würde mich gern mit Ihnen unterhalten. Sie scheinen die nötige Intelligenz dafür zu besitzen.«
    Natascha sah ihn von unten herauf an und ärgerte sich darüber, dass sie auf dem Boden lag. Er sollte bloß nicht glauben, dass sie sich ihm unterwerfen würde.
    »Letzteres kann man von Ihrem derzeitigen Nachbarn nicht behaupten«, fuhr er fort und setzte sich ihr gegenüber. »Ich hatte mehr von ihm erwartet.«
    Von der anderen Seite der Wand war kein Laut mehr zu hören. Nicht einmal ein leises Seufzen oder Ächzen, wie sie es in den letzten Stunden immer wieder vernommen hatte. Er lächelte sie mit perfekten Zähnen an. Natascha wünschte sich einen langen und harten Gegenstand, um sie ihm auszuschlagen.
    »Was wollen Sie von mir?«, verlangte sie erneut zu wissen.
    Sein Lächeln verwandelte sich in einen theatralischen Schmollmund. »Aber Frau Kommissarin. Sie können doch gut verschiedene Informationen miteinander verknüpfen. Versuchen Sie es doch noch einmal.«
    Statt zu antworten, sah Natascha ihn nur schweigend an. Im Schneidersitz hatte er sich auf dem steinigen Boden niedergelassen; die Taschenlampe lag auf der Erde. Er drückte nun die Fingerspitzen seiner Hände gegeneinander und starrte sie an. Sein Blick war abschätzig, als musterte er ein Pferd, das zum Verkauf angeboten wurde. Nur, dass sie kein Pferd war, sondern eine Gefangene. Außerdem schien er ein Ziel zu haben, und das machte ihr gewaltig Angst.
    »Ich glaube, Ihre Kollegen tappen noch immer im Dunkeln.« Er umfasste mit einer Geste die Höhle und freute sich wie ein kleines Kind über sein Wortspiel.
    »Was wollen Sie, verdammt!« Natascha hoffte, dass es selbstbewusster klang, als sie sich fühlte.
    »Mit den bisherigen Hinweisen scheinen Ihre Kollegen überfordert zu sein; sie sehen nur das, was man ihnen hinlegt. Sie hinterfragen zu wenig. Finden Sie nicht auch, dass wir ihnen helfen sollten?«
    Natascha schüttelte heftig mit dem Kopf. »Nein, die brauchen sicherlich keine Hilfe; meine Kollegen schaffen das auch so. Aber warum möchten Sie so gern entdeckt werden?« Sie musste versuchen, mehr Informationen aus ihm herauszubekommen. Nur dann könnte sie einen geeigneten Fluchtplan entwickeln.
    Er schaute kurz zur Decke, als müsste er über eine Antwort nachdenken. Dann erwiderte er: »Ach, wissen Sie, es geht mir weniger darum, dass uns jemand hier unten finden wird. Denn dann ist unweigerlich auch das Spiel beendet. Es ist vielmehr die Freude daran, dass man sich mit meinem Rätsel beschäftigt. Und wie kann ich am besten feststellen, dass Ihre Kollegen die Lösung entdeckt haben? Indem ich sehe, dass sie plötzlich hier unten auftauchen.« Er lachte. »Ehrlich gesagt, glaube ich, dass das noch eine Weile dauern wird. Sie stellen sich viel zu ungeschickt an.«
    Natascha sah in Gedanken Winterberg vor sich. Wie er im Besprechungsraum gestanden hatte, mit braunen Mappen in der Hand, und immer wieder auf und ab gegangen war. Vor ihrem inneren Auge erschienen auch die Staatsanwältin, in einem mintfarbenen Kostüm, und Schmitz, der wie immer Kaugummi kaute. Sie hatte auf einmal den absurden Wunsch, die Zeit zurückdrehen zu können, um den Kollegen zu helfen.
    »Aber was sollen die Kollegen denn herausfinden?«, fragte sie schließlich. »Was ist so rätselhaft an dem, was Sie treiben?«
    »Sie haben es also auch nicht gemerkt.« Er lächelte und nickte wie zur Selbstbekräftigung.

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