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Knochenfinder

Knochenfinder

Titel: Knochenfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Lahmer
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Doch es war zwecklos. Jeder Deutungsversuch wurde sogleich durch die intensiven Vorstellungen von Blut, Fleisch und Knochen und durch dieses schreckliche, immer wiederkehrende gelbe Geruchsbild zunichtegemacht. Ihre Unterlippe zitterte, weil es ihr nur unter größter Anstrengung gelang, nicht laut zu heulen. Sie konnte das Geruchsbild noch immer nicht richtig identifizieren, doch sie hatte inzwischen einen Verdacht: Der Entführer benutzte ein Desinfektionsmittel, und irgendein Stoff darin roch so ähnlich wie ihr Teppichschaum. Vielleicht war er ja gestern am Versteck des Bonuscaches gewesen und hatte kurz zuvor hier unten René verarztet – oder ihm gar etwas angetan.
    Mit einem Mal bewegte sich wieder der Schein der Lampe. Er wanderte an der Decke der Höhle entlang und durchbrach wie ein Lichtschwert die trübe Dunkelheit. In Natascha brandete Panik auf. Wie eine Robbe versuchte sie, sich bäuchlings vorwärtszubewegen; sie stieß sich mit den Schultern vom Boden ab, die Oberschenkel schabten auf dem Boden. Sie hörte ein Keuchen, wusste jedoch nicht, wer es ausstieß: sie selbst, René oder der Entführer.
    Doch ihre Bewegungen waren zu langsam – wieder einmal. Der Strahl der Taschenlampe hatte sie erfasst und hielt sie gefangen wie ein magischer Käfig aus Licht.
    »Aber, aber, Frau Kommissarin. Wohin denn so eilig?«

Kapitel 56
    Simon blickte zu Winterberg, der nach ihrem kurzen Gespräch zu seinem Wagen gerannt war und nun sichtlich nervös mit seinem Handy telefonierte. Erstaunt stellte Simon fest, dass er sich müde und ausgelaugt fühlte, obwohl es noch nicht einmal Mittag war. Allerdings hatte er heute schon mehr Adrenalinstöße erhalten als sonst in einer ganzen Woche. Doch das hatte er sich selbst zuzuschreiben. Er hätte gestern einfach nur verhindern müssen, dass Natascha allein hier hochfuhr.
    Aber immerhin hatte er vorhin in ihrer Wohnung richtig gehandelt und die Socke mitgenommen. So wussten wenigstens die Hunde, wonach sie suchen sollten.
    »Hallo! Kommen Sie, schnell!«, rief eine Hundeführerin über den Platz, die kurze Haare hatte und eine Rettungsjacke in Blau und Neongelb trug. Sie hatte sichtlich Schwierigkeiten, ihren Golden Retriever bei Fuß zu halten. Zwar versuchte sie, ihren Hund zu beruhigen, doch er drehte sich wie toll im Kreis und bellte aufgeregt.
    Er hatte eine Spur! Simon rannte auf den Pulk der Hundeführer zu; Winterberg kam ebenfalls angelaufen.
    »Kommen Sie, Jasper hat eine Spur!« Die Hundeführerin ließ die Leine des Hundes ausfahren, und schon lief er zielstrebig los. Er überquerte ein schmales Stück Wiese und blieb dann vor einer Eiche am Rande des Parkplatzes stehen. Dort bellte er kurz und sah sein Frauchen erwartungsvoll an. Sie tätschelte und lobte ihn auf übertriebene Weise und hockte sich neben ihn. Der Hund blickte aufmerksam über den Platz.
    »Als Ihre Kollegin mit dem Fahrrad hierherkam, hat sie wahrscheinlich stark geschwitzt; und das macht es den Hunden natürlich leichter«, erklärte die Hundeführerin. »An dieser Stelle ist ihre Spur offenbar besonders deutlich. Das kann verschiedene Gründe haben. Schweiß oder Blut zum Beispiel.« Trotz der angespannten Situation klang ihre Stimme angenehm und verströmte Zuversicht. »Aber sie selbst ist offensichtlich nicht hier in der Nähe.«
    Simon drehte sich enttäuscht um. Ja, hier gab es keinerlei Versteckmöglichkeiten.
    Winterberg ging zu der Eiche und drehte sich nachdenklich im Kreis. »Von dieser Stelle aus kann man den gesamten Platz überblicken. Vielleicht hat sie hier gesessen, eventuell eine Pause gemacht. Wenn ihr Rad zu dieser Zeit schon am Grill gelehnt hatte, so wäre es auch von hier aus noch zu sehen gewesen.«
    Winterbergs Erklärung klang plausibel. Aber Simon wollte nicht wissen, wo Natascha irgendwann mal gesessen hatte. Er wollte wissen, wo sie jetzt war, und so schnell wie möglich dorthin gelangen. »Können wir bitte schneller machen?«, bat er.
    Die Hundeführerin nickte und stand auf. »Weiter, Jasper!«, befahl sie, und der Golden Retriever lief daraufhin sofort weiter.
    Simon und Winterberg folgten den beiden. Sie verließen den Schotterparkplatz in östliche Richtung und hielten auf den Wald zu. Doch schon nach weniger als dreißig Metern blieb der Hund erneut stehen und bellte.
    »Das gibt es doch gar nicht! Winterberg, schau dir das an!«, rief Simon. Er merkte kaum, dass er nach vorn sprang. Hätte Winterberg ihn nicht am Hemdsärmel gepackt, wäre er vornüber in

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