Knochenfunde
Galen?«
»Ach, ich bin nur ein paar Möglichkeiten durchgegangen.« Er nahm ihr das Glas ab und stellte es auf den Tisch. »Was, wenn sie gar nicht aus Heißhunger wach geworden und aufgestanden ist?
Was, wenn jemand ihr gegenüber am Küchentisch gesessen und sie gezwungen hat, den Eintopf zu essen, und dann abgewartet hat, bis das Gift seine Wirkung getan hatte?«
Ihre Augen weiteten sich. »Sie sind ja verrückt. Bei mir kamen die Symptome erst nach über drei Stunden.«
»Ich gebe zu, es würde eine Menge Geduld und eiserne Ent schlossenheit erfordern. Vor allem würde es Nerven wie Drahtseile erfordern, einfach bei ihr sitzen zu bleiben und zuzusehen, wie sie stirbt. Vor allem, wenn derjenige sich nicht sicher sein konnte, ob nicht jeden Augenblick jemand zur Tür hereinstürmen könnte, sobald man irgendwo zu dem Schluss gekommen war, dass Marie Letaux ebenfalls das Opfer einer Lebensmittelvergiftung werden könnte.«
Eve schauderte. »Die Vorstellung ist absolut makaber.«
»So bin ich nun mal.«
»Warum sollte jemand so etwas tun?«
»Nun, nachdem ich die Leiche gefunden hatte und bevor ich die Polizei benachrichtigt habe, bin ich an ihren Schreibtisch gegangen und habe ihre Unterlagen durchsucht. Weder auf ihrem Konto noch auf ihrem Sparbuch ist Geld eingegangen, aber vor zwei Tagen hat sie ein Bankschließfach gemietet. Sehr praktisch. Und wenn sie nun einen Haufen Schotter dort deponiert hat?«
»Sie glauben, sie hat mich absichtlich vergiftet?«
»Ich glaube, dass wir uns fragen sollten, warum Sie sich eine Lebensmittelvergiftung zugezogen haben – durch ein Gericht, das von einer sehr erfahrenen Köchin zubereitet wurde.«
Eve schüttelte den Kopf. »Ich glaube es einfach nicht.«
»Weil sie Ihnen sympathisch war.«
»Und aus welchem Grund sollte sie ermordet worden sein?«
»Zum Beispiel, damit sie nicht reden kann.« Galen zuckte die Achseln. »Da gibt es eine Menge Gründe.«
»Aber Sie raten doch nur.«
Er lächelte. »Was wäre wenn?«
»Haben Sie das alles der Polizei gegenüber erwähnt?«
»Ich bitte Sie. Ich wäre sofort die Nummer eins auf ihrer Verdächtigenliste. Es war schon schwierig genug, ihnen zu erklären, warum ausgerechnet ich Marie Letaux gefunden hatte. Die haben sogar im Krankenhaus angerufen, um zu überprüfen, ob Sie tatsächlich mit einer Lebensmittelvergiftung eingeliefert worden waren.« Er dachte kurz nach. »Ich habe ein paar Freunde in New Orleans mit Erfahrung in Gerichtsmedizin, die sich vielleicht mal ein bisschen umsehen könnten.«
»Offizielle Freunde?«
»Ich bitte Sie«, wiederholte Galen, legte den Kopf in den Nacken und schaute sie an. »Sie nehmen meine Theorie also ernst?«
Eve nickte langsam. Sie musste sie ernst nehmen. Zwar sträubte sie sich dagegen, auch nur ein Wort von all dem zu glauben, aber sie hatte ihr Leben lang, vor allem seit sie ihren Beruf ausübte, zu viel an Brutalität und Betrug erlebt. Sie schüttelte sich. »Dazusitzen und zuzusehen wie sie… Gott, das klingt so… kaltblütig.«
»Nicht kaltblütiger als der Versuch, Sie zu töten.«
»Warum sollte mich jemand töten wollen?«
»Das sollten wir vielleicht Mr Melton fragen.«
» Sie glauben, es hat etwas mit der Rekonstruktion zu tun?«
»Das wäre jedenfalls ein logischer Zusammenhang. Und irgend wie kaufe ich Melton die Geschichte nicht ab, dass er nur versucht, einen Skandal zu vermeiden. Seine Heimlichtuerei gefällt mir nicht.
Die wissen, dass Sie mit den Medien nichts zu tun haben wollen, und das gibt ihnen noch einen zusätzlichen Vorwand, Sie hierher zu holen, anstatt Ihnen den Schädel einfach zu schicken. Meinen Sie nicht, Sie sollten lieber Ihre Sachen packen und machen, dass Sie nach Hause kommen?«
Das kam für Eve überhaupt nicht in Frage. Sie würde auf keinen Fall nach Hause fahren. »Bisher gibt es keinen Beweis dafür, dass es sich um irgendetwas anderes als eine Lebensmittelvergiftung handelt. Vielleicht ist ja auch überhaupt kein Geld in diesem Bankschließfach. Oder vielleicht hat Marie jahrelang gespart und jetzt beschlossen, das Geld in dem Schließfach zu deponieren.« Er hob eine Braue. »Ich mochte sie, Galen.«
»Nur wenige Menschen sind durch und durch verkommen. Man che sind nur ein kleines bisschen schlecht. Aber das kann ausreichen, um anderen großen Schaden zuzufügen. Und was ist mit dem verschwundenen Skelett? Irritiert Sie das denn gar nicht?«
»Natürlich irritiert es mich. Irgendjemand will verhindern, dass
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