Knochenfunde
nicht, dass er Ihnen Schwierigkeiten machen könnte?«
»Ich glaube, dass er uns mehr Unannehmlichkeiten bereitet,
wenn wir versuchen, ihn loszuwerden. Ich möchte, dass sie völlig entspannt ist, wenn sie an dem Schädel arbeitet. Galens Anwesenheit wird dafür sorgen, dass sie sich vollkommen sicher fühlt.«
»Ja, das ist wichtig.« Melton überlegte. »Diese Sache mit der Lebensmittelvergiftung hat mir überhaupt nicht gefallen. War das ein Unfall?«
»Natürlich war das ein Unfall.« Das war die halbe Wahrheit. Es war ein Unfall, dass Eve Duncan nicht gestorben war.
»Ich habe soeben erfahren, dass Marie Letaux vor ein paar Stunden tot aufgefunden wurde. Sie ist einer Lebensmittelvergiftung erlegen.«
»Das sollte Ihnen Beweis genug sein, dass es ein Unfall war.«
»Sollte es das? Und was ist mit den Todesfällen im vergangenen Monat? Dabei handelte es sich angeblich ebenfalls um Unfälle.«
»Das waren sie wahrscheinlich auch.« Dann fügte Hebert spöt tisch hinzu: »Sie werden ja allmählich paranoid. Kriegen Sie etwa kalte Füße, Melton?«
»Ich habe das Recht, mir Gedanken zu machen, verdammt.« Mel ton holte tief Luft. »Erst die Sache mit Etienne, und jetzt das. Ein weiterer äußerst merkwürdiger Zwischenfall. Die scheinen sich ü berall dort zu häufen, wo Sie auftauchen.«
Hebert ging nicht darauf ein. »Zögert sie noch, die Rekonstruktion durchzuführen?«
»Ja, aber ich glaube, dass sie immer noch daran interessiert ist.
Wir müssen sie nur noch ein bisschen bearbeiten.«
»Dann kümmern Sie sich gefälligst darum, und zwar ein bisschen plötzlich.«
»Sie wird morgen aus dem Krankenhaus entlassen, und ich schätze, dass sie sich dann sofort an die Arbeit machen will.«
»Gut. Ich sorge dafür, dass sie das tut. Sagen Sie mir Bescheid, falls ich noch irgendetwas anderes tun kann.« Hebert legte auf.
Melton war misstrauisch, aber nicht misstrauisch genug, um Jules akute Probleme zu bereiten. Vor der Sache in Boca Raton würde Melton nichts unternehmen. Die Leute vom Cabal legten Wert darauf, dass alles glatt lief, und die Vorbereitungen waren zeit- und arbeitsaufwendig. Im Moment hätten sie kein Interesse daran, einen neuen Mann ins Spiel zu bringen.
Hebert lehnte sich in seinem Sessel zurück und bedeckte sein Gesicht mit den Händen. Er musste die Panik bezwingen, die in ihm aufstieg. Er hatte Melton die Unwahrheit sagen müssen, aber er hatte immer noch alles unter Kontrolle. Die ganze Sache hatte eine nicht vorauszusehende Entwicklung genommen, und er musste schnell
handeln, um nicht davon ins Verderben gerissen zu werden. Gott, Eve Duncan war ein zäher Brocken. Er hatte regelrecht gespürt, wie sie um ihr Leben kämpfte. Nur schade, dass ihr Kampf letztendlich vergeblich gewesen war, dachte er bekümmert.
Denn so wie die Dinge lagen, konnte er sie unmöglich am Leben lassen.
»Du hast mir einen Riesenschreck eingejagt, Mama«, sagte Bonnie.
Eve schaute sich im Krankenzimmer um. Dann entdeckte sie Bonnie, die auf einem Besucherstuhl vor dem Fenster kauerte. Die Schwester hatte vor vierzig Minuten das Licht ausgeschaltet, aber der Mond war hell genug, um Bonnies rotbraune Locken sanft schimmern zu lassen. Es war zu dunkel, um die Sommersprossen auf ihrer Nase zu erkennen. Sie trug Jeans und ein Bugs-Bunny-T-Shirt, wie immer, wenn sie zu Besuch kam. Eve unterdrückte ein heftiges Gefühl der Zuneigung, das sie überkam, und sagte vorwurfsvoll:
»Du wolltest mich nicht gehen lassen, verdammt. «
»Ich hab dir doch gesagt, deine Zeit war noch nicht gekommen.
Und außerdem wolltest du überhaupt nicht sterben.«
»Sag mir nicht, was ich will. Wer ist hier die Mutter, du oder ich?«
»Ich finde, all die Jahre, die ich herumgeistere, geben mir ein Recht auf eine Meinung.« Bonnie seufzte. »Du machst es mir sehr schwer, Mama. Du willst immer noch nicht einsehen, dass ich alles andere als ein Traum bin.«
»Also ein Geist. Dass ich nicht lache. Deine so genannten Geisterfähigkeiten scheinen mir ziemlich begrenzt zu sein. Wenn du nicht wolltest, dass ich sterbe, warum hast du mich dann diesen Eintopf essen lassen? Du hättest mir eine Menge Bauchschmerzen ersparen können.«
»Ich habe dir schon mal erklärt, dass ich nichts verhindern kann…so funktioniert das nicht.«
»Das ist ja praktisch. Dich kann man also nie für etwas verantwortlich machen.«
Bonnie kicherte. »Genau. Das ist das Gute daran, ein Geist zu sein.«
»Gibt es denn auch unangenehme
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