Knochenfunde
Nathan stieg aus.
»Kümmern Sie sich um sie, Nathan.« Der Lexus schlitterte mit quietschenden Reifen auf die Straße.
Mist. Eves Hände ballten sich zu Fäusten, als sie die Rücklichter hinter der Kurve verschwinden sah. Alles war so schnell gegangen, dass ihr gar nicht klar geworden war, was Joe vorhatte. Sie hätte es wissen müssen. Sie kannte ihn gut genug, verdammt.
Der Volvo kam um die Kurve auf sie zugerast.
Er kam näher.
Fuhr an ihnen vorbei.
Sekunden später war er außer Sichtweite.
»Es hat funktioniert«, sagte Nathan. »Wir sollten zusehen, dass wir abhauen.«
»Wie bitte? Abhauen? Die sind hinter Joe her.«
»Aber das ist doch genau das, was er wollte. Wir können ihm nicht helfen. Sobald wir in Sicherheit sind, rufen wir ihn an. Sie machen seinen Plan zunichte, wenn Sie hier bleiben. Wenn er ihnen entwischt, kommen sie bestimmt zurück und suchen hier nach uns.«
»Wir geben ihm ein bisschen Zeit, um diese Männer abzuschüt teln, dann rufen Sie ihn an und sagen ihm, dass wir uns nicht von der Stelle rühren. Ich gehe nirgendwohin, solange Joe nicht wieder hier ist.«
Nathan sah sie an und zuckte die Achseln. »Meinetwegen, aber es ist keine gute Taktik.«
»Taktik interessiert mich nicht.« Sie lehnte sich gegen die Wand der Tankstelle, den Blick auf die Kurve fixiert, hinter der Joe verschwunden war. Gott, sie hatte solche Angst.
»Er wird das schon schaffen«, sagte Nathan. »Er hat doch eine Spezialausbildung, oder?«
»Bloß weil er bei der SEAL war, heißt das noch lange nicht, dass er Weltmeister im Autorennen ist. Und er hätte uns nicht hier zurücklassen dürfen.«
»Das war aber eine sehr gute Taktik – « Nathan brach ab, als er Eves Blick begegnete. »Tut mir Leid.« Er nahm sein Handy heraus und telefonierte mit Joe. »Er ist sauer«, sagte er, als er abschaltete.
»Pech. Er hatte kein Recht, hier wie ein Verrückter loszurasen. Er ist nicht der Einzige, der in dieser Sache drinsteckt.«
»Wir hatten aber nicht viel Zeit, um darüber zu diskutieren.«
Das wusste Eve selber, was jedoch weder ihre Wut noch ihr Gefühl der Hilflosigkeit minderte. Und auch nicht ihre Angst.
Joe.
»Ich hatte den Eindruck, dass er ein sehr guter Fahrer ist«, bemerkte Nathan.
Er versucht, mich zu trösten, dachte Eve. »Ja.«
»Und ich glaube, der Lexus ist schneller als der Volvo.«
»Reden wir nicht darüber, einverstanden?«, sagte sie mit zitternder Stimme.
Nathan nickte.
Zehn Minuten vergingen.
Wo zum Teufel steckte Joe?
Fünfzehn Minuten.
Nach fünfundvierzig Minuten kam Joe um die Kurve gefahren und hielt hinter der Tankstelle. Er öffnete die Beifahrertür. »Steig ein. Ich glaube, ich habe sie abgehängt, aber wir sollten lieber machen, dass wir wegkommen.«
Nathan rutschte auf den Rücksitz. »Das haben Sie gut gemacht, Quinn.«
»Vielen Dank«, erwiderte Joe sarkastisch. »Ihre Anerkennung ehrt mich.«
»Ich habe versucht, sie zum Aufbruch zu bewegen, aber sie hat sich zu große Sorgen um Sie gemacht.«
»Ach ja?« Joe schaute Eve aus den Augenwinkeln an.
»Blödsinn. Das war einfach dumm von dir, Joe. Du hättest bei uns bleiben und sie vorbeifahren lassen können, aber dir hat diese Verfolgungsjagd wahrscheinlich auch noch Spaß gemacht.« Ihre Stimme zitterte. »Es war… einfach dumm.«
»Es schien mir das Vernünftigste zu – «
»Es war eine gute Taktik, okay? Und jetzt halt die Klappe und bring uns hier weg.«
Joe pfiff leise durch die Zähne. »Zu Befehl, Ma’am.« Dann fuhr er zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
»Wohin fahren wir?«
»Keine Ahnung. Darüber zerbreche ich mir den Kopf, wenn ich mir sicher bin, dass uns niemand folgt.«
Erst als sie fast hundert Kilometer von Galens Haus entfernt waren und nachdem er mehrmals die Straßen und die Richtung gewechselt hatte, hielt Joe an. Er fuhr auf den Parkplatz eines Supermarkts in einer Kleinstadt nicht weit von New Orleans.
Er nahm sein Handy aus der Tasche und rief Galen an. »Wir sind außer Gefahr. Wir hatten Besuch.«
»Das hatte ich befürchtet. Ist niemand verletzt worden?«
»Nein, aber wir hocken jetzt in irgendeinem Kaff im Niemandsland. Sagen Sie mir, wohin ich Eve in Sicherheit bringen kann.«
»Ich arbeite dran«, sagte Galen. »Ich melde mich wieder.« Er legte auf.
»Darf ich jetzt erfahren, was zum Teufel passiert ist?«, fragte Eve.
Joe stieg aus dem Wagen. »Komm, wir vertreten uns ein bisschen die Beine.«
»Ich habe auch ein Recht zu erfahren,
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