Knochenpfade
Die ganze Einsatzgruppe konnte wegen so etwas suspendiert werden.
“Du erinnerst dich doch, dass letzte Woche ein Artikel im ‘Journal’ war. Irgendwo in der Nähe von Washington, D.C., soll sich möglicherweise ein Serienkiller herumtreiben. Einer von diesen Perversen, die Teile von ihren Opfern aufbewahren. Vielleicht hat das was damit zu tun.”
“Dad, ich kann nicht darüber reden. Du weißt ganz genau, dass ich nichts dazu sagen darf.”
“Ich rede doch nur über die Nachrichten.”
Er mühte sich mit einem Bagel ab, den er für sich selbst zubereiten wollte. Offensichtlich versuchte er ihn mit einem Brotmesser genau in der Mitte zu zerschneiden. Liz nahm ihm das Brötchen vorsichtig aus der Hand, brach es in zwei Teile und schob sie in den Toaster.
“Okay, dann sag mir doch mal, was du über den Serienkiller gelesen hast.”
10. KAPITEL
Unterführung 17th Avenue
Pensacola
Billy Redding hatte den Jackpot geknackt. Die Blechbüchsen schepperten nur so in seinem zerbeulten Einkaufswagen. Er hatte so viele wie möglich zusammengedrückt, bis ihm die Finger wehtaten. Der Fluch kleiner Hände. Tatsächlich hatte Billy sich schon vor Jahren eingeredet, dass seine schmalen nutzlosen Finger schuld an seiner jetzigen Situation waren. Aber vielleicht hatte sich das Blatt ja nun gewendet, und das Glück war ihm hold. Nachdem er die meisten Dosen flachgedrückt hatte, würden bestimmt noch zwei weitere Dutzend in seinen Einkaufswagen passen.
Die Samstagabende füllten die Abfalltonnen im Bayfront Park immer mit einem Jackpot. Der Trick bestand darin, wie Billy schnell gelernt hatte, dass man am Sonntag früh genug dort ankam. Noch vor der Stadtreinigung. Wenn er diesen Haufen verkaufte, würde das für eine ganze Woche reichen.
Er ging zurück zur Unterführung, wo er seinen Schatz versteckte. Der kurze Weg schlauchte ihn ganz schön. Er versuchte immer noch zu Atem zu kommen, als er ein Auto hinter sich hörte. Billy verzog sich an den Straßenrand, um dem Fahrzeug aus dem Weg zu gehen. Der Wagen fuhr langsamer. Billy schob seine klappernden Funde in der feuchten Morgenluft schnaufend weiter bergauf. Das T-Shirt klebte ihm am Rücken wie eine zweite Haut. Das hasste er, deshalb trug er darüber ein geknöpftes langärmeliges Oberhemd. Auf diese Weise hatte er eine Art Isolationsschicht, zumindest aber würde es noch mehr Schweiß aufsaugen können. Das Schwitzen machte ihm nichts aus. Nur dass man dabei nass wurde, gefiel ihm nicht. Wenn sein Bart feucht war, verfingen sich ständig irgendwelche Viecher darin. Deshalb blieb er immer dicht bei der Unterführung. Um sich vor dem Regen zu schützen.
“Hey, Billy!”, rief jemand hinter ihm.
Am liebsten hätte er so getan, als höre er nichts. Er musste sich beeilen. Aber manchmal blieben Leute auch stehen, um ihm ein paar Münzen zu geben. Er lugte über die Schulter zurück.
Ein Streifenwagen. Verdammt!
Sofort blieb er stehen. Den Einkaufswagen sicherte er mit einem Stein unter dem rechten Hinterrad. Mit einem großen Stein, den er immer genau zu diesem Zweck bei sich trug.
Als er zu dem Polizeiwagen hinüberging, erkannte er den rothaarigen Cop. Manchmal stellten sie sich ihm auch vor, aber er konnte die Namen nie behalten. Er war immer höflich zu ihnen. Solange er höflich war, blieben die auch höflich. Also hielt Billy den Kopf demütig gesenkt und beantwortete zuvorkommend ihre Fragen. Er sagte oft “Ja” und nannte sie “Sir”. Einmal hatte er aus Versehen “Sir” zu einer Polizistin gesagt. Das war ihm so peinlich, dass er nicht mal eine Entschuldigung hatte hervorstottern können. Zu guter Letzt hatte sie ihm einen Fünfer gegeben und gemeint, er solle sich deshalb keine Gedanken machen.
“Billy, ein Hurrikan ist im Anmarsch”, sagte der Cop, nachdem er das Fenster heruntergekurbelt hatte.
“Jawohl, Sir.”
“Wenn es so weit ist, schicke ich jemanden her, damit er dich abholt. Du musst zu einer sturmsicheren Unterkunft gebracht werden. Hast du verstanden, Billy? Du kannst nicht hier draußen bleiben.”
“Jawohl, Sir. Darf ich denn meinen Einkaufswagen mitnehmen?”
“In der sturmsicheren Unterkunft haben sie Verpflegung und alles, was du brauchst.”
Billy hielt den Kopf gesenkt und kickte gegen die Bordsteinkante. “Die sind echt schwer zu kriegen.”
Der Polizist schwieg, und aus dem Augenwinkel sah Billy, wie er leicht den Kopf schüttelte.
“Ist okay, Billy, wir werden das schon irgendwie deichseln. Ich sage
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