Knochenpfade
Bescheid, dass du den Wagen mitbringst.”
Nachdem der Cop verschwunden war, stopfte Billy ein paar von den Blechbüchsen in eine Plastiktüte und versteckte sie an seinem sicheren Ort, ein dicht mit Gras bewachsenes Fleckchen ein paar Meter von der Unterführung entfernt. Wenn er sich beeilte, schaffte er es noch zurück in den Park, bevor die Typen von der Stadtreinigung ankamen. Er konnte erst morgen zum Recyclinghof gehen. Heute schaffte er es nicht mehr, das würde einen ganzen Tag in Anspruch nehmen.
Jetzt, wo nur noch die Hälfte der Büchsen im Einkaufswagen lag, schepperten die Dinger noch lauter. Billy liebte dieses Geräusch. Es erinnerte ihn an das Geklimper der Wechselgeldmünzen, die sein Daddy immer in der Tasche herumgetragen hatte. “Eiscremegeld” hatte er es immer genannt. Bei diesem Geheimcode hatten sie beide lachen müssen, denn Billys Mutter hatte nie erraten, was es bedeutete. In Wirklichkeit waren sie nämlich immer losgezogen, um davon eine billige Flasche Wodka zu kaufen, die sie sich dann teilten.
Billy war gerade beim Park angelangt, als er einen weiteren Wagen hinter sich hörte. Er machte ihm Platz, aber das Auto hielt neben ihm an.
“Hallo!”, rief der Fahrer ihm zu.
Billy ging weiter und warf nur einen kurzen Blick auf den Lieferwagen. Der Mann trug eine dunkle Sonnenbrille und hatte den Ellenbogen auf den Fensterrahmen gestützt. Billy bemerkte ein Abzeichen auf der Schulter. Eine Uniform. Wie ein Polizist. Hatten sie jetzt schon jemanden geschickt? Er blieb stehen und blickte zum klaren blauen Himmel hoch. Dann sah er zur Bucht hinüber. Die Wellen am Riff waren aufgewühlt, aber ein Hurrikan schien nicht in Sicht.
“Sie müssen mit mir kommen”, sagte der Mann. “Ich weiß, es sieht wie ein schöner sonniger Tag aus. Aber der Hurrikan ist schon unterwegs.”
“Jawohl, Sir, das weiß ich.” Billy blieb mit Abstand zur Fahrbahn stehen. “Sie haben mir versprochen, dass ich meinen Wagen mitnehmen kann.”
Der Mann starrte ihn an. Billy war fest entschlossen, nicht mitzugehen, wenn er seinen Einkaufswagen hierlassen musste.
“Ist okay, ich habe genug Platz.” Der Typ stieg aus und öffnete die Seitentür, um Billy zu helfen. “Wahrscheinlich ist es besser, wenn Sie den Wagen von innen annehmen, dann können Sie ihn festhalten, damit er nicht umkippt.”
Als Billy in den Laderaum kroch und über die vielen Beutel mit Eis stieg, überlegte er, ob von den anderen Cops eigentlich irgendeiner mal Kakishorts und so schicke Segelschuhe getragen hatte. Das war sein letzter Gedanke, bevor der Stein ihm die Schädeldecke einschlug.
11. KAPITEL
Militärflugbasis Pensacola
Wieder schnitt sich Benjamin Platt, als das spärliche Badezimmerinventar von der Vibration zu klappern anfing. Über ihm brummten ständig Flugzeuge und Helikopter, die in einem fort abhoben. Das würde auch in der nächsten Zeit nicht aufhören. Beim Versuch, sich zu rasieren, hatte Platt sich inzwischen so viele Schnitte und Kratzer eingehandelt, dass er mit dem Gedanken spielte, sich einen Bart wachsen zu lassen.
Hurrikan Isaac hatte noch immer nicht den Golf von Mexiko erreicht. Aber die aktuellen Wetterberichte kündigten an, dass der Sturm geradewegs auf den Florida Panhandle zusteuerte. In der Basis jedenfalls wollte man nichts dem Zufall überlassen. Die Schulungsstätte der Flugmarine hatte Piloten, Fluglehrer und sogar Schüler einberufen, um die Maschinen in sichere Gefilde zu bringen. Der Admiral war heute Morgen außerdem unerbittlich in Bezug auf seine Anordnung, auch die Quarantänepatienten aus dem Gefahrenbereich zu transportieren.
Platt hatte sich gestern sehr spät erst abseilen können, um ein paar Stunden Schlaf zu bekommen. Aber so richtig entspannen konnte er sich nicht. Das Bild der jungen Soldaten ging ihm nicht aus dem Kopf. Als Platt wieder bei Captain Ganz eingetroffen war, hatte der Admiral bereits angerufen. So wurde er nur noch Zeuge von Captain Ganz’ Reaktion darauf. Der Captain war schon ziemlich fertig mit den Nerven gewesen, weil er einen weiteren Patienten verloren hatte. Dass der Admiral darauf bestand, die behelfsmäßige Quarantänestation zu evakuieren, ärgerte und frustrierte ihn. Er war auf Platt angewiesen. Der musste eine akzeptable Lösung finden, und das möglichst schnell.
Während Platt sich beeilte, zur Autopsie ins Labor zu kommen, spürte er eine weitere Last auf seinen Schultern. Er hatte noch nicht einmal Gelegenheit gehabt, sich die Blutproben
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