Knochenzeichen
Entscheidung, die Cait so oder so ihr gesamtes Leben gekostet hatte.
Die Meilen sausten im Rhythmus mit ihren Gedanken vorüber. Sie warf einen Blick zum Himmel. Obwohl der Asphalt trocken war, sah der Himmel aus, als könnte er jeden Moment seine Schleusen öffnen. Eine passende Art, um einen bereits beschissenen Tag zu beschließen. Mühsam schob sie ihre privaten Sorgen beiseite. Es half immer, sich auf die Ermittlungen konzentrieren zu können. Sich intensiv mit etwas zu beschäftigen, was einen effektiven Nutzen haben könnte.
Als ihr Handy klingelte, sah sie zuerst aufs Display. Barnes. »Ja, Mitch?«
»Wo sind Sie?«
Zur Orientierung blickte sie sich rasch um. »So ungefähr vier Meilen vor McKenzie Bridge, schätze ich.«
Ein Pick-up rauschte vorüber und hupte. Nachdem er vorbeigefahren war, erkannte sie, dass Kathy und Rick Moses darin saßen.
Barnes’ Stimme klang ungewohnt erfreut. »Ich habe mit drei Beherbergungsbetrieben gesprochen. Einschließlich des einen, wo Bentley abgestiegen war, weil wir ja davon ausgehen, dass er sich letztlich als eines der Opfer erweisen wird, nicht wahr?« Er wartete nicht auf eine Antwort, ehe er weitersprach. »Es wurden verschiedene Namen genannt, aber einer stand bei jedem ganz oben auf der Liste: Del Barton.«
»Del?« Der Besitzer des JD’s. Der schmale Mann mit dem koketten Lächeln und der überarbeiteten Frau. »Nicht Joanie?«
»Angeblich gibt es nichts, was er nicht über Computer weiß. Ich habe Deputy Sutton bei mir, und wir stehen jetzt vor Bartons Lokal. Wir nehmen ihn zum Verhör mit aufs Revier.«
»Am besten holen wir die Computer aus den Motels und lassen sie von einem Profi untersuchen. Vielleicht finden wir Beweise für das Einschleusen von Spyware.«
»Ich sage Gibbs, er soll sich bei Ihnen melden. Vielleicht können Sie und er sich darum kümmern.«
»Wir sehen uns dann in ein paar Minuten dort.« Cait ließ das Telefon in die Tasche fallen und trat fester aufs Gas. Es hätte sie nicht überraschen dürfen, dass Barton sie angelogen und ihr weisgemacht hatte, dass seine Frau die Computerexpertin sei, dachte sie grimmig. Lügen waren die erste Zuflucht derer, die etwas auf dem Kerbholz hatten.
Aber es hätte sie doch etwas überrascht, wenn Del Barton tatsächlich ihr Täter wäre. Sie hätte seiner Frau mehr Mumm zugetraut als ihm.
Was ihr Bedürfnis, mit Joanie Barton zu sprechen, wesentlich dringender werden ließ als ihr Interesse an einem Gespräch mit Del.
Cait hielt gerade mit ihrem Geländewagen am Straßenrand, als die beiden Deputys Del aus dem JD’s führten.
»Del hat eingewilligt, mit auf die Wache zu kommen und mit uns zu reden«, sagte Mitch ausdruckslos.
»Mitten im schlimmsten Andrang zum Abendessen«, murrte Barton verdrossen und warf einen Blick nach hinten zum Restaurant. »Joanie kriegt einen Anfall.« Der leichte Anflug von Nervosität auf seiner Miene konnte schlicht und einfach darauf zurückzuführen sein, dass er seine Frau allein mit einem vollen Lokal zurücklassen musste. Auf jeden Fall schien es ihn nicht übermäßig zu beunruhigen, dass er jetzt unterwegs zum Sheriffbüro war. Noch gab es ja keinen ernsthaften Anlass für Angst. Man hatte ihm keine Handschellen angelegt. Die Befragung war rein freiwillig.
Es sei denn, er hätte sich geweigert …
»Bestimmt wird Deputy Barnes Sie so schnell wie möglich wieder hierher zurückbringen«, sagte Cait und trat zur Seite, während die drei Männer auf den Streifenwagen des Sheriffbüros zuhielten, der vor dem Lokal geparkt war. In der Eingangstür stand Joanie Barton und sah ihrem Mann nach. Auf ihrer Miene zeichneten sich Angst und Wut ab.
Wenn Del sich noch relativ gelassen zeigte, so war dies bei seiner Frau ganz und gar nicht der Fall.
»Sie!« Die kleine dunkelhaarige Frau stieß die Restauranttür mit solcher Wucht auf, dass die Fliegentür von der Wand dahinter abprallte. »Das ist alles Ihre Schuld!«
Cait war sich der Zuschauer nur allzu bewusst, die den Ablauf des Geschehens von beiden Straßenseiten aus mit regem Interesse verfolgten. »Joanie«, sagte sie freundlich.
»Ich hab Ihnen doch gesagt, dass nichts Gutes dabei rauskommt, wenn man das alles aufwirbelt.« Die kleine Frau stürmte wie ein Miniaturtornado auf sie zu. »Seit dem Moment, als die Knochen aus der Höhle geholt wurden, haben wir hier in der Stadt nichts als Scherereien. Zuerst ist der Tourismus vor die Hunde gegangen, und jetzt habt ihr Idioten auch noch Del verhaftet.
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