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Knuddelmuddel

Knuddelmuddel

Titel: Knuddelmuddel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Heinold
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selbständig gemacht. Eine üppige Abfindung war ein guter Start und jetzt kann er anscheinend ganz gut davon leben.
    Ich weiß immer noch nicht, ob er mein Mr Right ist. Ich frage mich immer noch, warum ich mich das überhaupt frage.
    Das Zusammenleben klappt gut. Tom fügt sich problemlos in den Haushalt ein. Er trägt ohne Aufforderung den Müll runter. Er repariert Kleinigkeiten, ohne dass man ihn darum bitten muss. Oder wenn, dann nur einmal. Wenn morgens eine Birne nicht funktioniert, dann ist sie ausgewechselt, wenn ich abends von der Arbeit komme. Der Wasserhahn tropft nicht mehr, weil er die Dichtung ersetzt hat. Sogar die Wäsche ist aufgehängt. Der Mann hat immer alleine gelebt, der kann sogar kochen, und zwar sehr gut, und auf jeden Fall besser als ich.
    Ich gestehe es nicht gerne und ich gestehe es mir eigentlich nicht mal selber ein, aber …
    Mir fehlt etwas.
    Aber was bloß?
    Im Bett klappt es auch. Es ist jetzt vielleicht nicht jedes Mal die ganz große Raserei und Euphorie. Aber wir sind ja schließlich auch keine zwanzig mehr, sondern fünfzig. Wir kennen uns seit mehr als dreißig Jahren. Er ist ein alter Schulfreund. Wir waren schon zusammen in der zehnten Klasse. Meine Kollegin Teresa hat Tom neulich gesehen, als er mich morgens zur Arbeit brachte und gesagt, ich soll ihn festhalten. So einen gutaussehenden Mann hätte nicht jede Frau zu Hause bei sich auf dem Sofa sitzen. Womit sie ja auch noch recht hat. Was also will ich eigentlich?
    Ich glaube, mir fehlt die Magie. In meinem Inneren wohnt ein kleines Mädchen, das immer noch von der großen Liebe träumt. Vom super Prinzen auf seinem Scheißgaul, der angeritten kommt und mich rettet, mich die Damsel in distress .
    Ich bin ein bekennender Pretty-Woman-Fan. Pretty Woman im Sinne von der Film mit Julia Roberts und Richard Gere. Das Hollywood-Märchen von der Hure mit dem goldenen Herzen und dem hartherzigen Investor, der von ihr erlöst wird. Und Happy-End und alle sind glücklich. Für immer. Ich bin eine Frau, die sich immer noch hartnäckig weigert, endlich mal die frauenfeindlichen und soziologisch fragwürdigen Aspekte dieses Märchenfilms zur Kenntnis zu nehmen und die wie ein Pferd mit Scheuklappen vor den Augen nur die Botschaften wahrnimmt, die sie hören will: Da ist er ja der Prinz! Er kommt auf einem weißen Schimmel – eine Limousine mit Chauffeur ist ein durchaus zeitgemäßer Ersatz – und rettet seine Angebetete, indem er sie mit in sein finanziell sicheres Leben nimmt. Dafür überwindet er sogar seine Höhenangst und seine Angst vorm Heiraten.
    Wahre Liebe siegt eben über alles. Sogar über die Vernunft.
    Und alles wird gut.
    Und Kuss und Schluss.
    Andrea darf ich das garnicht erzählen, die würde doch gleich wieder von Ignatia anfangen und dass ich das jetzt wirklich mal nehmen sollte.
    Wir haben jetzt übrigens auch ein Auto, natürlich keine Limousine mit Chauffeur, sondern einen dunkelblauen Kia, denn Tom macht es nichts aus, hier in der Stadt Auto zu fahren und er ist ein Parkplatz-Glückpilz. Was ein Parkplatz-Glückspilz ist? Na, jemand, der sich ums Parken keine Sorgen machen muss, nicht mal in Lissabon, weil er nämlich immer einen Parkplatz findet. Im Gegensatz zu einem Parkplatz-Dummie, wie ich es einer bin, der nie einen findet. Tom fährt mich morgens oft in die Baixa, oder er holt mich von der Arbeit ab. Abends gehen wir manchmal in Ricky´s Blues Bar, es hat sich herausgestellt, dass wir beide Blues mögen. Das ist schön, aber natürlich noch kein Zeichen. Viele Leute mögen Blues. Jedes Mal, wenn ich Blues höre, wenn Ricky auf seinem Klavier spielt, denke ich: Ich würde auch gerne wieder spielen. Mir fehlt die Musik. Aber ich habe ja kein Klavier mehr.
    Tom hat auch noch ein paar Mal angeboten, mir ein Klavier zu schenken. (Eigentlich immer, wenn sein Blick auf die Spuren auf dem Parkett fällt). Aber da ist ein bisschen was von alter Südstaaten-Mentalität in mir drin, nicht, dass ich aus den Südstaaten käme, oder zu Scarlett O`Haras Zeiten schon gelebt hätte. Aber die Lektüre von „Vom Winde verweht“ im Alter von fünfzehn prägt eben mehr, als man denkt. Und wie heißt es da so schön? Was darf eine echte Lady annehmen, ohne sich dem Gentleman zu verpflichten? Richtig – nur Blumen und Pralinen, mein Kind, nur Blumen und Pralinen.
    (Ich merke gerade, wie sehr mein Kopf voll steckt mit diesen altmodischen Ansichten. Und ich habe mich bisher immer für eine moderne Frau gehalten. Ist das etwa

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