Knuddelmuddel
vielleicht das Buch, das Sie suchen? Das Stichwort Santos führt zu keinen Ergebnissen, der Juni dagegen zu unmäßig vielen, so dass ich etwas ratlos bin.
Im Moment bin ich hier alleine im Laden, die Kollegen sind schon im Wochenende, aber ich werde am Montag die anderen Kollegen noch mal um Rat fragen.
Mit freundlichen Grüßen, Jana Holt, Praktikantin
Das Unglaubliche ist: Die hängen alle im Internet. Ist ja nicht zu fassen. Haben die an einem Samstagnachmittag nichts Besseres zu tun? Das heißt, mmhhh, ich hänge hier ja auch im Internet. Am Samstagnachmittag. Habe ich nichts Besseres zu tun?
E-mail von Elke Schmidt an Sabine Timm: Liebe Bine, tut mir leid, Elke
Postwendende e-mail zurück von Sabine an Elke: Sollen wir skypen?
Postwendend e-mail zurück von Elke an Sabine: Kann nicht reden, Tom ist hier
Sofort läutet der Skype. Ich mache die Kamera an, schalte aber Lautsprecher und Mikro aus. Wie soll man ein anstängiges Frauengespräch führen, wenn da ein Mann im Zimmer ist? Aber es ist schön, Bine wieder zu sehen. Ich merke: Meine Freundinnen fehlen mir. Die Frauenfrühstücke fehlen mir. Der Klatsch. Die Fernsehabende.
Bine war beim Friseur und hat die Haare jetzt kurz. Das Kastanienbraun ist weg. Dafür ist das Grau jetzt drin. Irgendwie sieht sie plötzlich ganz erwachsen aus. Elegant geradezu. Der graue Pullover. Die lange Kette mit silbernem Anhänger. Ich brauche eine Weile, um mich an die neue Bine zu gewöhnen und klar, bald muss ich mir auch Gedanken um die große Frage „färben oder nicht färben“ machen. (Als ob es im Leben keine anderen Probleme gebe. Doch – gibt es. Aber das hier ist trotzdem eins. Ein Mann mit grauen Schläfen ist interessant. Eine Frau mit grauen Schläfen ist alt).
Bine macht den Mund auf und zu, aber ich kann nichts hören, weil die Lautsprecher ja runtergestellt sind. Wir sehen uns auf dem Bildschirm und tippen unsere Botschaften. Es ist ein bisschen wie im Stummfilm. Bewegte Bilder und geschriebene Texte. Fehlen nur die Schrifttafeln.
Bine: schöne Wohnung
Ich: gefällt sie dir?
Bine: ja
Ich: mir auch
Bine: was ist das für eine Lücke da an der Wand
Ich: da stand das Klavier vom João
Bine: kauf dir doch ein neues
Ich: kein Geld
Bine: schade
Ich: Tom hat angeboten, eins zu kaufen
Bine: aber?
Ich: das kann ich natürlich nicht annehmen
Bine: er darf mit dir schlafen, aber er darf kein Klavier in die Wohnung stellen?
Ich: yupp
Bine: warum nicht
Ich: weil, weil ...
Bine: weil es dann wie eine Bezahlung aussehen würde?
Ich : tja
Bine: das ist albern
Ich: ich weiß
Bine: ihr seid beide Singles und erwachsen
Ich: ja schon
Bine: du schenkst ihm deinen Körper, aber er schenkt dir ja auch seinen
Ich: mmmhhh
Bine: das sollte man nicht vergessen
Ich: ja schon
Bine: und Tom ist ein guter Liebhaber
Ich: was?
Bine: ist er doch
Ich: ja
Bine: sach ich doch
Ich: und woher weißt DU das?
Bine: Paris?
Ich fasse es nicht – deswegen weiß Tom so genau, dass Dirk mit Andrea geschlafen hat, weil er nämlich derjenige war, der mit Bine geschlafen hat. Nur ich habe mit keinem geschlafen! Ich fasse es nicht. Wie heißt Bines Wort dafür? Knuddelmuddel. Aber hallo. In der Tat.
Bine: Elke?
Ich: :-(
Bine: Elke!
Ich: :-( :-(
Bine: das ist dreißig Jahre her
Ich: aber trotzdem ...
Bine: ach komm, das ist doch albern
Eigentlich hat sie recht, wo kämen wir da hin, wenn wir auf alles eifersüchtig wären, was in unserer Vergangenheit liegt.
Aber trotzdem.
Am Abend gehen Tom und ich in der Tasca von Sr Ventura essen, Bacalhau com natas , das ist Trockenfisch mit Sahne, im Ofen überbacken, schmeckt absolut lecker, dazu trinken wir einen Reguengos, einen Weißwein aus dem Alentejo. Und danach gehen wir noch in Ricky´s Blues Bar.
Wir sitzen in einer Ecke, die Bar ist gemütlich eingerichtet, aber die Bänke und Hocker sind schon ein bisschen unbequem. An den Wänden Plakate der Bluesgrößen. Louis Armstrong. Ella Fitzgerald. Ein Foto von New Orleans. Ein Filmplakat von Casablanca. Mann, was sieht Humphrey Bogart gut aus. Und Ingrid Bergmann sowieso. Die weißen Wände im Halbdunkel. Wir sitzen auf einer Bank an der Wand, vor uns auf dem Holztisch eine Kerze, ein Schälchen mit Erdnüssen, zwei Gläser mit Brandy. Tom sitzt dicht neben mir, ich kann seinen Körper fühlen, seine Wärme spüren. Es ist ein komfortables Leben. Ich könnte mich dran gewöhnen. Ricky zwinkert mir zu und dann spielt er La
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