Knuddelmuddel

ins Restaurant Barquinho eingeladen. Am Hafen in Hamburg. Zu einem portugiesischen Essen.
    Und der Gewinner ist Jens Neumann.
    Es war eine Art privates Bauer sucht Frau oder Schwiegertochter gesucht , von meiner Mutter und meinen Freundinnen inszeniert, aber ohne Kamerabegleitung, glücklicherweise. Und vor allen Dingen, ohne dass die halbe Nation am Dienstagabend oder Sonntagmittag bei meinen ungeschickten Flirtversuchen zusehen darf, weil sie nichts Besseres zu tun hat. Das hätte ja nun wirklich gerade noch gefehlt!
     
    Es ist nachmittags, als ich aufwache, denn Jens und ich haben unser letztes Glas Rotwein getrunken, als die ersten Gäste im Café Covas schon ihre erste Tasse Kaffee tranken.
    Ich liege noch im Bett, aber ich habe schon die Augen und den Laptop auf. Ich glaube, ich bleibe erstmal hier in meinem Schlafzimmer, denn in meinem Wohnzimmer schläft ja dieser Jens auf meiner Couch.
    Ich öffne als erstes meine e-mails und gucke, was da über Nacht eingetrudelt ist. Ich weiß. Ich weiß, das ist irgendwie albern. Wie kann man nur alle par Stunden seine e-mails abrufen. Ich weiß. Ich glaube, es hat was damit zu tun, dass ich immer noch auf Wunder warte. Irgendwelche. Immerzu. Wunder, die mein Leben verändern. Zum Besseren natürlich. Aber womöglich ist das Wunder schon längst eingetrudelt. Nicht über e-mail, sondern durch die Wohnungstür. In Form von Jens Neumann. Nur weiß ich noch nicht, ob er ein Frosch oder ein Traumprinz ist. Oder ein Frosch, der ein Traumprinz werden kann, wenn ich ihn küsse – das ist die berühmte Magie im Kuss, das kannten sie schon zu den Zeiten, als die Märchen entstanden. Siehe Dornröschen und Froschkönig. Oder ob es ein scheinbarer Traumprinz ist, der sich dann doch wieder als nasser Frosch entpuppt, und von dem ich dann sogar froh bin, wenn er mir wieder von der Hand hüpft. Nix Besonderes in den mails. Schwachsinnigerweise scanne ich sogar die junk mails, ehe ich die Viagra-Penisverlängerung-Deal-des-Tages-etcs endgültig vernichte.
    Dann schreibe ich eine mail an Helene Schmidt, cc Andrea Reese, Sabine Timm, Jana Holt und den Buchladen.
    Sag mal, habt ihr sie eigentlich noch alle? Ihr wißt doch, was ich von Überraschungen halte! Und dann noch so eine große ... Trotzdem lieben Gruß an euch alle, Elke
    Das ist ja auch komisch – einerseits hasse ich Überraschungen und andererseits warte ich auf ein Wunder. Ja, was denn nun, Elke? Kein Wunder, dass das Universum nicht weiß, was es mit mir machen soll ... das Universum hört mich, aber meine Botschaften sind unklar ... und meine Botschaften sind unklar, weil ich anscheinend immer noch nicht weiß, was ich will ... wie soll es mich da unterstützen? Liebevoll und humorvoll hin und her. Die Richtung muss ich wahrscheinlich selber vorgeben. Ach, wenn ich doch nur wüsste, wie und was und wohin ...
    Ich höre, wie im Badezimmer die Klospülung gezogen wird, dann hört man Wasser laufen. Das ist Jens. Ist ja auch komisch, dass da jetzt wieder jemand in der Wohnung ist. Ich muss mich nicht kümmern, ich habe ihm gestern gezeigt, wo alles ist. Ich habe das Sofa bezogen und ihm Handtücher gegeben. So kann ich jetzt hier noch ein bisschen liegenbleiben, meinen Gedanken nachhängen und über meinen e-mails sinnieren.
    Im Grunde hat das EMfEK gute Arbeit geleistet, dass muss ich ihm lassen. Jens Neumann ist ziemlich perfekt.
    Er ist drei Jahre älter als ich, das ist akzeptabel. Das ist sogar gut. Ein klassischer Mann-Frau-Abstand mit Alter Mann nach oben. Er hat somit die fünfzig überschritten und ahnt auch, wie es ist, wenn man anfängt alt zu werden. Aber er ist noch nicht so weit vom Bergfest entfernt, dass er anfängt, seine Sachen für den Abgang zu packen. Er ist geschieden, aber es ist so lange her, dass die Bitterkeit verschwunden ist. Er kann den Namen seiner Ex aussprechen, ohne dass es verächtlich oder verärgert klingt. Er hat einen losen freundschaftlichen Kontakt zu seiner Frau, aber im Grunde nur, was die Kinder betrifft. Die emotionalen Altlasten sind also erstens kein giftiger Sondermüll und zweitens übersichtlich, das ist auch gut. Er hat zwei Kinder, zwei Jungs, die gerade das häusliche Nest verlassen haben und jetzt in München und Marburg studieren. Medizin in Marburg, Musik in München. Der eine Musik, der andere Medizin. Das ist auch gut, es zeigt nämlich, dass man in dieser Familie anscheinend echt gemäß seinen Neigungen studieren kann und dass Jens seine Söhne nicht in Richtung