Knuddelmuddel
sagt der Mann und nimmt noch einen Schluck. „Der ist richtig gut“.
Jetzt könnte man natürlich denken, das ist, weil um diese Zeit und nach stundenlanger Trockenheit jeder Wein gut schmeckt. Aber das ist es nicht. Dieser Wein ist wirklich gut. Er hat eine tiefrote Farbe, ein bisschen wie rubinrote Tinte, und der erste Schluck ist etwas gewöhnungsbedürftig. Es ist kein glatter Wein, es ist mehr, als ob sich eine Vielfalt von Geschmack in Mund ausbreitet. Der Wein hat etwas Fruchtiges, etwas Erdiges.
„Was ist das für ein Wein?“, fragt der Mann.
„Das ist der Wein der Tochter einer Freundin von der Nachbarin aus dem dritten Stock“, sage ich.
„Erstaunlich“, sagt der Mann. „Wirklich erstaunlich.“
Er nimmt noch einen Schluck. Ich mustere den Mann weiter, der da so unerwartet auf meiner Couch sitzt. Ist er das Wunder, das ich immer heimlich erwarte?
Er trägt eine dunkle Jeans und ein helles Hemd über einem T-Shirt. Dazu eine leichte Jacke. Kein Jacket, eine Jacke, mehr wie ein Parka. Er hat keine von den großen groben Äußerlichkeiten, die meine persönlichen no-gos wären. Also keine Goldkettchen, um den Hals getragene Kreuze oder Totenköpfe. Keine sichtbare Tätowierung. Keine schwarzen Fingernägel. Keine mehrfarbigen Zuhälterschuhe. Sondern bequeme solide Halbschuhe.
„Tja, mein Name ich Elke Schmidt, wie Sie ja schon wissen“, sage ich. „Aber wer sind Sie?“
„Oh Gott, meine Güte, das tut mir leid“, sagt der Mann. „Ich bin manchmal so ungeschickt. Tut mir leid, ich habe völlig vergessen, mich vorzustellen.“
XIII
Ich bin gerührt. Das EMfEK hat sich seit Ende August einmal in der Woche in einem portugiesischen Restaurant unten am Hafen getroffen und das Ergebnis steht jetzt in Form von Jens Neumann vor mir. Das heißt, jetzt liegt das Ergebnis auf meinem Wohnzimmersofa und schläft. Das Komitee hatte mit Sicherheit auch viel Spaß dabei, und im Restaurante Barquinho kann man super gut essen, wir waren da öfter, die Bine, die Andrea und ich, als ich noch in Hamburg wohnte, und der Bacalhau com natas ist im Barquinho wirklich klasse.
Aber trotzdem.
Ich bin gerührt. So viel Einsatz und Mühe. Und das alles für mich.
EMfE steht nämlich für: Ein Mann für Elke. Und K steht für Komitee. Das Komitee besteht aus den üblichen Verdächtigen, die sich ja schon im August bemüht haben, mittels Kontaktanzeigen einen Traumprinzen für mich aus dem Universum zu fischen. Oder muss es heißen: im Universum zu fischen? Oder ist fischen vielleicht ganz der falsche Ausdruck, weil das Universum ja nicht aus Wasser besteht, sondern aus – ja, aus was eigentlich? Sagen wir mal, aus Luft, vielleicht. Aber Luft ist nur die Hülle um die Erde. Und was kommt danach? Ein Naturwissenschaftler wie Claudio würde so etwas wahrscheinlich wissen. Jedenfalls eher als ich. Belassen wir es also bei Luft, obwohl es nicht wirklich stimmt. Und wie heißt das, wenn man was in der oder aus der Luft fischt? So wie Schmetterlinge oder Vögel? Fangen. Es heißt fangen.
Also, die Mitglieder des Komitees haben sich noch einmal bemüht, einen Mann für mich zu finden, einfach auch, weil noch so viele Antworten auf die Anzeigen gekommen sind und es wäre schade, die nicht zu nutzen und ich war zu einer Nutzung ja nicht wirklich bereit, da war sich das Komitee nach Janas Reisebericht über ihre Zeit in Lissabon und der Ansage, dass ich die Briefe in einem Schatzkätzchen aufbewahre und nur zu meiner Erheiterung und Abschreckung hervor hole, einig. Also haben sie die Antworten lieber selber ausgewertet. Ein bisschen macht mich das richtig stolz. Obwohl nichts davon im Grunde mein Verdienst ist. Nicht direkt jedenfalls.
Aber trotzdem.
So viele Männer, die an mir interessiert sind!
Und so gute Freunde!! Das vor allen Dingen.
Ja, ich bin irgendwie gerührt.
Jedenfalls, hat Jens gesagt, sind da nochmal siebenundsiebzig Antworten gekommen. Wieso immer gerade siebenundsiebzig, liebes Universum, wieso immer siebenundsiebzig? (Es gibt Leute, die behaupten, das Universum wäre nicht nur unterstützend und liebevoll, sondern es hätte auch Humor. Haben diese Leute vielleicht recht? Wäre doch garnicht schlecht. Ein liebevolles, unterstützendes und humorvolles Universum. Das ist doch eigentlich ein sehr schöner Gedanke). Das Komitee hat also die Zuschriften gesichtet und die zehn Top-Kandidaten ausgesucht. Mit diesen zehn Kandidten haben sie telefoniert. Drei davon haben sie in eine Vorauswahl genommen und
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