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Kölner Kulissen

Kölner Kulissen

Titel: Kölner Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Pranschke
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holen, als der Türöffner summt. Rasch lehnt er sich mit der Schulter gegen die Tür, drückt sie auf und betritt das Treppenhaus. Erst mal reinkommen. Dann kann er immer noch sehen, zu welcher Wohnung er muss.
    Im Erdgeschoss öffnet niemand. Er betrachtet die Namensschilder an den Türen. Sie sind größer als die Klingelschilder draußen, sodass er sie ohne Brille entziffern kann – wenn er sehr nah herangeht. Sydow steht an keiner der Türen. Er steigt die Treppe hinauf.
    Im ersten Stock ist eine der Wohnungstüren nur angelehnt. Wer auch immer ihm die Haustür geöffnet hat, erwartet Besuch. Zoltan schüttelt den Kopf über die Unvorsichtigkeit der Leute. Martha würde er eine solche Nachlässigkeit nicht durchgehen lassen. Es sind einfach zu viele Kriminelle unterwegs, denkt er und setzt einen Fuß in den Türspalt. Erst dann versucht er, das Namensschild zu lesen. Da wird die Tür schwungvoll geöffnet.
    »Habt ihr also schon gemerkt, dass ihr die Einkaufstaschen vergessen habt?«, sagt eine Frau mit blondem Kurzhaarschnitt.
    Als sie Zoltan sieht, erstarrt sie in der Bewegung. Sie trägt ein ausgewaschenes gelbes T-Shirt und eine hellblaue Jogginghose. Zoltan erkennt sie wieder. Er hat sie auf dem Friedhof gesehen. Etwas abseits hat sie mit einem Mann unter einem Baum gestanden. »Die Staatsgewalt«, hat er Slobo zugeflüstert und mit dem Kinn in ihre Richtung gewiesen. Ob sie sich auch an ihn erinnert? Sie wirkt ebenso überrascht wie erschrocken, Zoltan an ihrer Wohnungstür zu sehen. Er nimmt die Hände aus den Taschen. Sie soll nicht argwöhnen, er halte eine Waffe griffbereit.
    »Frau Sydow?«, sagt er. Und ohne eine Antwort abzuwarten: »Ich würde mich gern mit Ihnen unterhalten.«
    Sie blickt über seine Schulter. Wahrscheinlich um sich zu vergewissern, dass er allein ist. Zoltan dankt Gott, an den er nicht glaubt, dass er Slobo im Auto gelassen hat.
    »Wer sind Sie, bitte?«, fragt sie.
    »Ich glaube, Sie wissen, wer ich bin. Ich war bei Vico Cramers Beerdigung.«
    Sie zögert. »Darf ich trotzdem um Ihren Namen bitten?«
    Er lächelt und sagt: »Schmidt.«
    Auch auf ihrem Gesicht ist der Anflug eines ironischen Lächelns zu erkennen. Sie scheint also nicht völlig humorlos zu sein. Das gefällt Zoltan, so kann man ins Gespräch kommen.
    »Schmidt?«, sagt sie. »Genau so sehen Sie aus. Und was kann ich für Sie tun, Herr Schmidt?«
    »Darf ich vielleicht reinkommen, Frau Kommissarin?«
    Er zeigt ihr seine offenen, leeren Handflächen, ein Symbol seines guten Willens. Ob sie ihm das abnimmt? Für sie ist es nur natürlich, ihm zu misstrauen. Aber Zoltan glaubt an die Macht solch einfacher Gesten. Oder eines Lächelns, eines freundlichen Umgangstons. Gerade in Momenten wie diesem, von denen alles abhängt. Denn wenn sie ihn jetzt nicht hereinbittet, ist er gezwungen, sich gewaltsam Zutritt zu verschaffen. Das will er vermeiden.
    »Mein Mann wird jeden Augenblick zurück sein«, sagt sie.
    »Es wäre mir eine Ehre, Ihren Gatten kennenzulernen«, sagt Zoltan. »Und auch den kleinen Lukas«, setzt er hinzu.
    Ihr Gesicht wird eine Spur blasser. Ein paar Sekunden lang sieht sie ihn noch schweigend an. Dann tritt sie einen Schritt zurück und sagt: »Bitte, kommen Sie rein.«
    Es duftet nach Kaffee. Zoltan geht den Flur entlang und sieht durch geöffnete Türen: ein unaufgeräumtes Kinderzimmer und ein Wohnzimmer, in dem sich Wäsche auf dem Sofa türmt. Daneben steht ein Bügelbrett mit einem dampfenden Bügeleisen darauf.
    »Sie müssen entschuldigen, Herr Schmidt, ich war nicht auf Besuch vorbereitet.«
    Wieder dieser ironische Unterton. Die Frau gefällt Zoltan. Als sie an ihm vorbei ins Wohnzimmer geht, streift sie seinen Arm. Hanna Sydow riecht nach Seife, einfacher Haushaltsseife, nicht nach irgendeinem parfümierten Duschgel. Auch das gefällt ihm.
    »Bitte«, sagt sie, nimmt die Wäsche vom Sofa und bietet ihm einen Sitzplatz darauf an. Sie legt die Wäsche in einen Korb und zieht den Stecker des Bügeleisens. Dann setzt sie sich in einen Sessel, verschränkt die Arme vor der Brust und wartet. Er soll den ersten Schritt machen. Das ist ihm nur recht.
    »Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden«, sagt er. »Sie ermitteln im Mordfall Vico Cramer.«
    »Wie Sie in der Zeitung lesen konnten, ist gar nicht sicher, dass Cramer ermordet wurde. Es könnte auch ein Unfall gewesen sein.«
    »Sehen Sie, da kommen wir dem Grund meines Besuchs schon näher. Die Informationen aus der Presse genügen

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