Kölner Kulissen
reibt seine Hände, als würde er sie waschen. Seit Minuten beobachtet Zoltan ihn aus dem Augenwinkel, während er den Wagen durch die Nacht lenkt. Er fährt exakt fünfzig Stundenkilometer. Eine Verkehrskontrolle wegen überhöhter Geschwindigkeit ist das Letzte, das sie sich jetzt erlauben dürfen. Slobos Jackett ist voller Blut. Auch Gesicht und Haare haben etwas abbekommen. Zoltan sieht nicht viel besser aus. Im Haus der Frau haben sie sich nicht gewaschen. Nach dem Schuss sind sie sofort verschwunden. Zoltan fragt sich, ob sie Spuren hinterlassen haben. Er flucht.
»Es war ein Versehen«, jammert Slobo. Es ist der erste Satz, den er spricht, seitdem sie vom Club Royal, wo sie den zweiten Wagen abgestellt haben, losgefahren sind. Dazu knetet er weiterhin seine Hände.
»Das hast du vorhin schon gesagt. Gleich nachdem du ihr den Schädel weggeblasen hast.«
»Ich bin gestolpert!«
»Hör auf damit.«
»Womit?«
»Deine Hände …«
Slobo sieht zuerst zu Zoltan, dann auf seine Hände. Vom Kneten und Reiben sind sie ganz rot.
»Das macht mich nervös«, sagt Zoltan.
»Entschuldige.«
»Spar dir die Entschuldigungen für deinen Onkel.«
Slobo krallt seine Finger in die Hosenbeine.
»War sie deine Erste?«, fragt Zoltan.
»Was?«
»Ob sie die Erste war, die du umgelegt hast?«
»Blödsinn.« Slobo wendet sich von Zoltan ab und sieht aus dem rechten Seitenfenster in die Dunkelheit.
Zoltan schiebt die Brille ein Stück höher die Nase hinauf und atmet laut ein und aus. »Sie war deine Erste«, sagt er.
Slobo erwidert nichts. Er starrt weiter in die Nacht.
Die Erkenntnis, dass Slobo gerade seine Jungfräulichkeit verloren hat, besänftigt Zoltan nicht. Die Wut auf Slobo bleibt, auch wenn sich eine Spur Mitgefühl dazumischt. Nach seinem ersten Mord hat Zoltan tagelang weder essen noch schlafen können. Und damals ist das Opfer ein bewaffneter Mann gewesen, nicht wie in Slobos Fall eine wehrlose Frau. Er betrachtet diesen Gedanken noch einmal und findet es merkwürdig, dass das Geschlecht des Opfers für ihn einen Unterschied macht.
Ruckartig wendet Slobo sich ihm zu. Offensichtlich hat er die Straße erkannt, in die sie abgebogen sind.
»Du fährst zu Dragan?«, fragt er. Seine Angst ist nicht zu überhören.
»Wohin sonst?«
»Schon jetzt?«
Zoltan seufzt. »Wann wolltest du ihm denn von deinem … von deinem Versehen erzählen?«
»Aber … ihm ist sein Schlaf doch so wichtig.«
Fast muss Zoltan darüber lachen. »Glaub mir«, sagt er, »sein Geld ist ihm noch wichtiger.«
»Welches Geld?«
»Die Frau hat den Stoff doch von irgendjemandem bekommen. Also wird bereits Geld damit verdient.«
»Oder sie hat Cramer das Koks selbst abgenommen«, meint Slobo. »Sie ist … sie war Schauspielerin. Julia Schwartz.«
»Du kennst sie?«
»Klar, aus dieser Serie. Du nicht?«
»Du weißt doch, dass ich nicht fernsehe. Aber ich erinnere mich an ihren Namen. Er stand in Cramers Adressbuch.«
»Und sie war bei Cramers Beerdigung.«
»Deshalb sind wir schließlich zu ihr gefahren. Aber glaubst du etwa, sie selbst hat Cramer den Schädel eingeschlagen? Und ihm dann die frische Ware geklaut?«
»Warum nicht? Traust du ihr das nicht zu?«
»Grundsätzlich traue ich jedem Menschen zu, einen anderen zu töten«, sagt Zoltan. »Und manchmal passieren ja auch Unfälle.« Er wirft einen Seitenblick auf Slobo.
»Ja, eben«, bestätigt der.
»Trotzdem … Sie hat jemand anderen gedeckt. Und war kurz davor, uns den Namen zu verraten.«
Slobo setzt zu einer weiteren Entschuldigung an, aber Zoltan gebietet ihm durch eine Handbewegung, den Mund zu halten. Er parkt den Wagen vor Dragans Haus.
Es ist kurz vor Mitternacht. Dragan ist also vor einer guten Stunde zu Bett gegangen. Immerhin besser, als ihn um drei oder vier Uhr früh herauszuklingeln, denkt Zoltan und öffnet die Wagentür.
»Du meinst, sie hat einen Komplizen?«, fragt Slobo. »Und der hat den Stoff?«
»Halt jetzt einfach mal den Mund«, sagt Zoltan. »Wenigstens solange wir auf der Straße sind. Deine Theorien kannst du gleich in allen Einzelheiten vor deinem Onkel ausbreiten.«
Slobo macht keine Anstalten, aus dem Wagen zu steigen. »Und wenn wir noch bis morgen warten?«, sagt er.
Zoltan schließt die Wagentür noch einmal und lehnt sich zu Slobo hinüber. »Deine Bestrafung kannst du nicht verhindern«, sagt er. »Wenn du es ihm jetzt erzählst, lässt er dich vielleicht verprügeln. Wenn du aber bis morgen wartest …«
Slobo sieht ihn
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