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Kölner Kulissen

Kölner Kulissen

Titel: Kölner Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Pranschke
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willst gehen? Jetzt sei doch nicht albern.«
    »Ich frag mich, warum ich überhaupt gekommen bin.«
    »Unsere Verabredung war dein Vorschlag. Du hast mich angerufen.«
    Dass er damit auch noch recht hat. Sie schiebt den Stuhl zurück und steht wortlos auf.
    Richard versucht, ihre Hand zu greifen, doch sie ist schon außerhalb seiner Reichweite. Er schaut auf den Geldschein unter ihrem Glas.
    »Das ist doch zu viel!«, ruft er ihr hinterher.
    Sie sieht noch einmal über die Schulter. »Bestell dir für den Rest noch was zu trinken!«
    In der Bahn studiert Paula die Schlagzeilen der Zeitungen in den Händen der anderen Fahrgäste. Über den Fall Cramer steht heute nirgends etwas. Aber jetzt fällt ihr auf, dass Richard sie gar nicht auf Vicos Tod angesprochen hat. Davon muss er doch gehört haben. Und er weiß, wie nah Paula und Vico sich standen. Richard hat Vico auch kennengelernt. Aber schließlich, sagt Paula sich, hat der Alkohol ihn auch früher schon gleichgültig für die Probleme anderer gemacht. Wie hat sie annehmen können, daran hätte sich etwas geändert?
    An der Berrenrather Straße steigt sie aus. Es ist kurz nach ein Uhr. Die Hitze steht auf dem Asphalt und macht den Gestank der Autoabgase noch schlimmer. Doch als Paula vom Sülzgürtel in eine kaum befahrene Nebenstraße abbiegt, wird die Luft erträglicher. Sie geht unter Bäumen entlang und beobachtet die Häuser auf beiden Straßenseiten. Spießig, aber wenigstens ruhig, findet sie. Wenn sie dagegen an ihre Wohnung denkt …
    Sie muss Bomke anrufen. Ihre künstlerischen Vorbehalte gegen eine Rolle in der Serie sind doch absurd. Sogar Vincent, der Filmkritiker, hat das so nüchtern und materiell betrachtet. Gut, Vincent hat sie auch mit seinem Faible für B-Movies überrascht. Aber »Stadt am Fluss« hält er, genau wie sie, für Schrott. Trotzdem ist es seiner Meinung nach kein Seelenverkauf, an dem Schrotthandel mitzuverdienen. Sie nimmt sich vor, sich wenigstens mal bei Julia nach den Mietpreisen in diesem Viertel zu erkundigen.
    Aber zunächst haben die beiden etwas anderes zu besprechen. Paula ist fest entschlossen, das Experiment Kokaindeal abzubrechen. Wie sie dann mit Ulmer umgehen soll, weiß sie noch nicht. Doch es muss einen anderen Weg geben.
    Sie biegt in Julias Straße ab. Dabei ist sie noch so in Gedanken versunken, dass sie die Menschen erst bemerkt, als sie zwischen ihnen vor Julias Haus steht. Nicht alle sind Polizisten. Mindestens die Hälfte der Leute sieht aus wie Spaziergänger oder Nachbarn. Ein über die Straße gespanntes Plastikband trennt die Gaffer von den Beamten. Paula könnte in der Menge untertauchen und sich davonstehlen. Aber sie steht wie erstarrt. Niemand braucht ihr zu erklären, was da vor sich geht. Zwei Männer tragen einen dunkelgrauen Sarg aus dem Haus.
    Neben Paula wischt sich eine dicke Frau den Schweiß von der Stirn. Das Hemd des Mannes vor ihr hat einen handtellergroßen feuchten Fleck auf dem Rücken. Aber Paula ist starr vor Kälte. Sie fühlt sich wie in einem engen Metallzylinder, der keine Wärme durchlässt und keine Bewegung erlaubt. So ist es ihr unmöglich, zu gehen, als sie die Kriminalbeamten bemerkt.
    Sie erkennt die magere Frau mit dem blonden Kurzhaarschnitt und ihren etwas älteren Kollegen, der bei Vicos Beerdigung Gummibärchen gegessen hat. Gerade treten die beiden aus Julias Haustür. Der Mann schaut dem Sarg hinterher. Seine Kollegin lässt ihren Blick über die Schaulustigen schweifen. Paula erinnert sich daran, wie ihre Blicke sich während der Beerdigung einmal gekreuzt haben. Vielleicht kennt die Polizistin ihr Gesicht aus dem Fernsehen. Vielleicht interessiert sie sich nicht für Filme, war dafür aber auf dem Friedhof umso aufmerksamer. Oder später, beim Betrachten der Fotos, die ihr Kollege so fleißig gemacht hat. Wenn die beiden ihren Job also nur ein bisschen ernst nehmen, müssen sie Paula erkennen.
    Was das bedeuten könnte, erschließt sich ihr in diesen Sekunden nicht. Sie beobachtet die Männer, die den Sarg in ein Auto laden. Was ist nur schiefgelaufen? Dass das hier nichts mit Vicos Koks zu tun haben soll, schließt Paula aus.
    Als der Sarg im Auto verschwunden ist und die Männer die Türen dahinter verschlossen haben, trifft Paulas Blick die hellblauen Augen der Polizistin. Sie steht direkt vor ihr.
    »Frau Farkas«, sagt sie. »Ich bin Hauptkommissarin Hanna Sydow. Ich habe ein paar Fragen.«

VIERZEHN
    Slobo starrt durch die Windschutzscheibe. Er knetet und

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