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Kölner Kulissen

Kölner Kulissen

Titel: Kölner Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Pranschke
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wendet er sich Slobo zu und setzt sich auf die Kante des Schreibtischs.
    »Bestimmt nicht«, versichert Slobo.
    »Was ist mit deinen Händen?«, fragt Dragan.
    »Ich bin nur nervös«, sagt Slobo und will die Arme vor der Brust verschränken.
    Dragan greift dazwischen. »Zeig mal her«, sagt er und nimmt Slobos linke Hand in seine. Er betrachtet zunächst die Handfläche, als könnte er darin die Zukunft seines Neffen lesen. Dann dreht er den Handrücken nach oben und legt Slobos Hand neben sich auf die Schreibtischplatte. »Weißt du, Slobo, ›Stadt am Fluss‹ ist meine Lieblingsserie«, sagt er und greift hinter seinen Rücken. »Und Julia Schwartz habe ich immer sehr gern gesehen.«
    Die Bewegung ist zu schnell. Slobo kann nicht rechtzeitig reagieren. Der Briefbeschwerer zerschmettert seine Hand. Die bronzene Taube zittert in Dragans Faust.
    Nachdem er Slobo in der Notaufnahme des St.   Antonius Krankenhauses abgeliefert hat, fährt Zoltan nach Hause. In dieser Nacht geht er nicht mehr schlafen. Eine Weile steht er in der Tür des Schlafzimmers und betrachtet die Umrisse von Marthas Körper unter der Decke. Sie liegt auf der Seite, die Beine angewinkelt. Die Decke ist hochgerutscht und legt ihr linkes Bein bis zum Hintern frei. Zoltan schleicht zum Bett und deckt sie zu. Er kann sie riechen, ihr Duft füllt den Raum. So stark wie jetzt hat er selten gespürt, wie sehr er sie liebt. Er fragt sich, warum ihm das ausgerechnet in diesem Augenblick bewusst wird. Er will sich zu ihr legen, sie aber nur ganz leicht berühren, damit sie nicht aufwacht. Doch er fürchtet, dass ihm das nicht gelingt. Also schleicht er rückwärts aus dem Schlafzimmer, schließt leise die Tür und setzt sich an den Schreibtisch unterm Fenster.
    Dort liegen schon das Adressbuch der Schauspielerin und die Kopien der Seiten aus Vicos Adressbuch. Zoltan schaltet die Schreibtischlampe an und setzt die Brille auf. Eine Minute lang starrt er das kleine, in rotes Leder gebundene Buch und die losen Blätter daneben an. Doch anstatt beides miteinander zu vergleichen, steht er auf und nimmt einen der Schaukästen, in denen er seine Schmetterlinge aufbewahrt, von der Wand und stellt ihn auf den Tisch. Im künstlichen Licht der Schreibtischlampe wirken die Farben anders als im Sonnenlicht. Die orangefarbenen Fleckenreihen am Flügelrand des Großen Eisvogels strahlen stärker als sonst. Manche Sammler beleuchten ihre Schaukästen absichtlich mit künstlichem Licht, um solche Effekte hervorzurufen. Zoltan mag das nicht. Es erinnert ihn an die Warenbeleuchtung in Supermärkten, die Käse gelber und Fleisch roter aussehen lässt, als sie tatsächlich sind. Solche Tricks anzuwenden käme ihm nie in den Sinn.
    Er denkt an den Distelfalter vorhin auf dem Rathenauplatz, an seine orangebraunen Flecken im Licht der Abendsonne. Wie der Schmetterling sich auf die kleine gelbe Kugel der Boulespieler gesetzt hat. Sind seitdem tatsächlich erst sechs oder sieben Stunden vergangen? Ja, länger ist es nicht her. Und trotzdem hat Zoltan keine Zeit zu verlieren. Er hängt den Schaukasten zurück an die Wand. Dann schlägt er das Adressbuch der Schauspielerin auf.
    Bis um acht Uhr morgens vergleicht er die Einträge miteinander. Findet er einen Namen in beiden Adressbüchern, notiert er ihn auf einem weißen DIN-A 4-Bogen. Mit Bleistift und Lineal hat er darauf eine Tabelle gezeichnet. Es gibt Spalten für Nachnamen, Vornamen, Adressen und Telefonnummern. Eine weitere Spalte bleibt vorerst frei. Am Morgen hat er siebzehn Übereinstimmungen zwischen beiden Adressbüchern gefunden. Siebzehn Namen, die er in die Tabelle einträgt. Zwei davon gehören den beiden alternden Diven, die er gestern Nachmittag getroffen hat. In die leere Spalte hinter den beiden Namen setzt er jeweils einen Haken. Bleiben fünfzehn. Das ist zu schaffen. Er sucht im Internet nach Informationen und Fotografien. Über drei der fünfzehn Personen findet er gar nichts heraus. Unter den übrigen zwölf sind fünf Kolleginnen und Kollegen von Julia Schwartz, außerdem zwei Regisseure und eine Agentin. Von allen acht findet er im Netz Fotos, die er ausdruckt. Später muss sich Slobo die Bilder ansehen. Aber schon jetzt ist sich Zoltan sicher, vier der Schauspielerinnen und die beiden Regisseure bei Vicos Beerdigung gesehen zu haben. Mit Bleistift macht er in seiner Tabelle jeweils ein Kreuz neben diese Namen. Mit ihnen wird er beginnen.
    Zwischendurch denkt er an die Kommissarin, der er Vicos Adressbuch

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