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Kölner Luden: Sandmanns dritter Fall

Kölner Luden: Sandmanns dritter Fall

Titel: Kölner Luden: Sandmanns dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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Das wertvolle Stück war viel zu auffällig für einen Jungen von UKB.
    Deshalb hatte er sich entschlossen, die Uhr zu verkaufen oder wenigstens zu tauschen. Unsicher stand er vor dem Haus, in dem Helm Münzenberg wohnte, einem einstöckigen Pavillon mit maroden Fenstern und abblätternder Farbe, die die aus scheinbar wahllos zusammengesuchten Trümmern gebaute Mauer dahinter offenlegte. Helm selber lehnte lässig an der Hauswand, die Hände unter das Revers seines Jacketts gesteckt, und beobachtete das Treiben auf der Straße, während er gleichzeitig mit Siggi redete. Neben ihm, nicht ganz so lässig, dafür fast einen Kopf größer, stand Helms bester Freund Peter Altmann, den wegen seines Nachnamens alle ›ahle Pit‹ riefen, obwohl er sogar jünger war als Siggi. Helm nahm die Uhr, hielt sie locker in der Hand und ließ sie mit schnellen Bewegungen durch die Finger gleiten.
    »Schönes Stück, Baumgart, wo haste die denn her?«
    »Tauschware«, nuschelte Siggi. Helms Augen brannten sich förmlich in seine. Er glaubte Siggi offenbar kein Wort. Stumm gab er die Uhr an Pit weiter, der versuchte, seinen Chef an Lässigkeit zu überbieten. Dabei ließ er die Uhr fast aus der Hand fallen. Siggi schnellte nach vorne, um seinen wertvollen Besitz vor dem drohenden Aufprall auf dem Bürgersteig abzufangen. Er hatte sich immer für reaktionsschnell gehalten, aber Helm hatte die Uhr bereits geschnappt, bevor Siggi ihr überhaupt nahe gekommen war. Überrascht schaute der Fänger auf die Rückseite der Uhr und zeigte sie seinem Kumpel. Der hob die Augenbrauen. Beide blickten Siggi mit einer Mischung aus Bewunderung und Mitleid an.
    »Kein Interesse«, sagte Helm und gab ihm die Uhr ohne viel Federlesens zurück, stieß Pit an und ließ Siggi stehen. Der blickte nun ebenfalls auf die Rückseite der Uhr, obwohl er wusste, was da stand. Der Geck hatte seinen Namen eingravieren lassen: ›Adolf Heimering‹ entzifferte Siggi. Der Name sagte ihm nichts.
    Die Hände in den Taschen vergraben ging er ratlos in Richtung Eigelstein. Er hatte gehofft, Helm die Uhr verkaufen zu können, versprach er sich davon doch einen besseren Preis als bei den Altwarenhändlern rund um die alte Torburg. Nun wusste er nicht, was er tun sollte. Helm war an der Uhr interessiert gewesen, bis er den Namen des Gecks gelesen hatte. Dann hatte er ihm das wertvolle Stück zurückgegeben wie eine heiße Kartoffel. An der Ecke zur Domstraße hörte er ein Rufen.
    »Da!«
    Der Geck stand etwa dreißig Meter von ihm entfernt an der Ecke zum Eigelstein und zeigte mit dem Finger auf Siggi. Neben ihm standen zwei Männer.
    Der eine, ein kräftiger Mann mit Halbglatze, trug einen schwarzen Mantel, der andere Kleidung, die Siggi allzu gut kannte und nie gerne sah: eine frisch gebügelte Polizeiuniform. Er nahm die Beine in die Hand und rannte Unter Krahnenbäumen hinunter in Richtung Kunibertskloster und Rhein. Hinter sich hörte er die Schritte seiner Verfolger. Auf der Ecke zu Kahlenhausen drehte er sich um. Sie waren ihm deutlich näher gekommen. Überrascht registrierte er, dass allein der Uniformierte und der Junge im folgten. Bevor er sich fragen konnte, wo der dritte abgeblieben war, stürzte sich eine schwarze Masse von der Seite auf ihn und drängte ihn in eine nahe Hofeinfahrt. Zwei Männer, die dort ein Pferdefuhrwerk beluden, schauten überrascht hoch und wollten Siggi zu Hilfe eilen. Doch der Mann zog einen Ausweis aus der Tasche, hielt ihn den beiden Männern entgegen und brüllte: »Polizei! Verschwindet! Aber fix!« Daraufhin hoben sie abwehrend die Hand und widmeten sich im Schuppen hinter dem Fuhrwerk irgendwelchen wichtigeren Aufgaben.
    Atemlos erreichten der Geck und sein uniformierter Begleiter die Einfahrt. Der Mann in Zivil, dessen Ähnlichkeit mit dem Geck aus der Nähe kaum zu übersehen war, hatte Siggi gepackt und drückte ihn gegen die Hauswand. Das also hatte Helm zurückschrecken lassen. Siggi hatte ausgerechnet dem Sohn eines Polizisten die Uhr geklaut.
    »So, Bürschchen!« Der Brocken blickte Siggi zornig an und keuchte. Offenbar war er über die freigeräumten Trümmergrundstücke nördlich der Straße gekommen. Clever, dachte der Junge noch, und schon ging es los.
    Ein erster Kopfstoß traf ihn. Er versuchte vergeblich, sich die Nase zu halten. Der Zivilbulle hielt ihn fest. Seine Arme hatten kein Spiel. Unvermittelt schleuderte er ihn gegen die gegenüberliegende Wand. Siggi spürte einen Fuß, der sich seinem Bein in den Weg

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