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Kölner Luden: Sandmanns dritter Fall

Kölner Luden: Sandmanns dritter Fall

Titel: Kölner Luden: Sandmanns dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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Privatdetektivs echt oder aufgesetzt war. »Ich bin gerade mitten in einer Teambesprechung und habe deswegen nicht die Zeit dafür, dass wir uns gegenseitig unsere Verdienste aufzählen. Also mach’s kurz. Oder meld’ dich später noch einmal.« Der letzte Satz hatte sie ein wenig Überwindung gekostet.
    »In Ordnung. Ich suche einen Polizisten, der sich mit der Ringszene in den 60er und 70er Jahren auskennt. Fällt dir jemand ein?«
    »In den 60er Jahren? Da war ich noch nicht einmal geboren und wie du vielleicht weißt, bin ich in der Kölner Polizei qua Herkunft und Ermittlungserfolgen eher ein Außenseiter.« Sie interpretierte Marius’ Schweigen als Enttäuschung. »Vielleicht kann dir einer meiner hinreißenden neuen Kollegen weiterhelfen.« Sie riss sich von der wenig erheiternden Aussicht los und ging zurück in Richtung Büro. Dort steckte sie den Kopf durch die Tür, das Handy weiter am Ohr. »Kann mir einer von euch Hübschen einen Kollegen nennen, der sich mit der Ringszene vor 40 Jahren auskennt?« Scharenberg verkrampfte noch mehr, als Paula Wagner ihn ›hübsch‹ nannte, Franka Schilling errötete. Keiner der beiden fühlte sich wohl mit dieser Benennung, was Paula, die sich für ihre Lockerheit gegenüber ihren ungeliebten Untergebenen schon verflucht hatte, versöhnlich stimmte. Marius Sandmann hatte einen guten Einfluss auf ihre Laune. Sie war sich nicht sicher, ob ihr das gefiel. Manchmal glaubte sie, dass es vor allem ihre Wut war, die sie antrieb. Nach einigem Zögern brummte Scharenberg einen Namen. Sie musste zweimal nachfragen, ehe sie ihn verstand. Erneut schloss sie hinter sich die Tür.
    »Hast du es gehört?«, fragte sie den Detektiv.
    »Heim irgendwas habe ich verstanden.«
    »Heimering heißt der Kollege. Ich kenne ihn nur vom Hörensagen, weil er schon seit ein paar Jahren pensioniert ist. Falls du ihn im Telefonbuch nicht findest: Jahrelang war er Vorsitzender eines Kleingartenvereins in Sülz. Darüber solltest du ihn aufstöbern können. Vielleicht kann ich dir später noch seine aktuelle Adresse raussuchen.«
    »Das schaffe ich schon.«
    Nach dem Telefonat ging sie wieder zurück zu ihrem Team. »Wo waren wir stehen geblieben?«
    »Wir suchten einen Fall, mit dem wir unsere Arbeit beginnen können«, erwiderte Franka wie eine brave Schülerin, was hervorragend zu ihrer inzwischen wieder verblassten Wangenröte gepasst hätte. »Ich hätte vielleicht einen.« Eine Akte lag auf ihrem Schloss, der sie ein Foto entnahm und hochhielt. Paula blickte in das Gesicht eines jungen Polizeibeamten in der Uniform der 70er Jahre. »Gregor Heck, ein Kollege, der 1978 von einem Unbekannten erstochen wurde.« Franka schaute Paula an, provozierend, wie diese fand.
    »Warum sollten wir ausgerechnet diesen Fall untersuchen?«, fragte die Hauptkommissarin verächtlicher, als sie gewollt hatte.
    »Sie wollten doch unbedingt einen Fall, in den Polizisten verwickelt sind.« In Frankas Stimme lag ein kleiner, vermutlich nicht einmal unberechtigter Vorwurf. Paula jedoch fragte sich, warum der Maulwurf ihr ausgerechnet den Mord an einem Kollegen vorschlug. Sie musste herausfinden, mit wem Schilling unter einer Decke steckte. Am liebsten hätte sie ›Aber nicht als Opfer!‹ geantwortet, doch sie wusste, wie diese Antwort aufgenommen worden wäre. Gerade von denen, an die sie Franka Schilling weitertragen würde.
    »Was macht den Fall denn noch für uns interessant? Außer Ihrer mutwilligen Wahl, Frau Kollegin?« Scharenberg kam Paula überraschend zu Hilfe, doch Franka schien sich nicht beirren zu lassen.
    »Erstens wurden Heck Kontakte ins Rotlichtmilieu rund um die Kölner Ringe nachgesagt.«
    »In die Ringszene?« Paulas Interesse war geweckt.
    Franka nickte und fuhr fort. »Zweitens habe ich mir die Akte gestern Abend gründlich durchgelesen. Ich habe noch nie eine so schlampig geführte Ermittlung gesehen.«
    Der letzte Satz hing zwischen ihnen in der Luft und jeder stellte sich die gleiche Frage: Warum wurde ausgerechnet bei dem Mord an einem Kollegen, einem Verbrechen, das normalerweise jeden Polizisten auf Trab brachte, derart schlecht ermittelt, dass es selbst die Akten nicht verheimlichen konnten? Die Entscheidung der Hauptkommissarin war gefallen. Das war ihr Fall. Warum Schilling sich die Akte bereits am Vorabend angeschaut hatte, fragte sie sich nicht.

14
     
    1957
     
    Siggi Baumgart hatte nicht viel Freude an seiner Beute. Meist versteckte er die Uhr verschämt unter dem Jackettärmel.

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