Kölner Luden: Sandmanns dritter Fall
fortzusetzen?« Nach einem Seitenblick auf den glasig dreinblickenden und an seiner Bierflasche nuckelnden Bastians schob sie nach: »Unten auf der Straße!«
Paula war damit überhaupt nicht einverstanden. Sie hatte gehofft, eine unbedachte Aussage des Mannes könnte ihr weiterhelfen. Doch sie folgte der Frau hinunter auf die lärmende Hauptstraße.
»Mein Klient ist seit sieben Jahren in meiner Obhut und wie ich Ihrer Mitarbeiterin schon erklärt habe, kaum aussagefähig. Wenn Sie darauf bestehen, lasse ich das ärztlich bestätigen. Aber seien Sie versichert: Was immer Sie von ihm wissen wollen, er kann es Ihnen nicht sagen. Der Mann hat sich regelrecht das Gehirn weggesoffen. Entschuldigen Sie die Deutlichkeit.«
Paula wusste Deutlichkeit durchaus zu schätzen. »Wenn mir Herr Bastians ohnehin nichts sagen könnte, warum wollten Sie nicht, dass ich mit ihm spreche?«
»Weil Herr Bastians möglicherweise Dinge sagt, die ihm nicht zum Vorteil gereichen. Schon gar nicht gegenüber der Polizei. Selbst, wenn Sie nicht wahr sind.«
»Woher wollen Sie wissen, dass Bastians lügt?«
»Weil er gerne mit Sachen prahlt, die er nicht getan haben kann.« Klinken überlegte einen Moment. »Kommen Sie mal mit!«
Eilig trippelte sie vor der Kommissarin die Stufen hoch, wobei Paula die hübschen Beine der Betreuerin auffielen. Im zweiten Stock angekommen, schloss Klinken Bastians Tür auf. Paula sah, wie Bastians sich schwerfällig von einem Sofa erhob und mit der Bierflasche in der Hand leicht schwankend zur Tür schlurfte. Erst jetzt bemerkte sie, wie stark seine Hände zitterten. »Was’n?«, fragte er dumpf.
Die Betreuerin antwortete. »Herr Bastians, Sie haben gelesen, dass ›Unter Krahnenbäumen‹ ein alter Mann ermordet wurde, oder?«
Die Augen des Alkoholikers leuchteten auf. »Ja! Davon habe ich gehört!« Er trank einen kräftigen Schluck. Ein zufriedener Seufzer entwich seiner Kehle, als er die Flasche absetzte. Er sah beide Frauen auf eine Art an, die wohl bedrohlich wirken sollte, stattdessen Paulas Mitleid hervorrief. »Den habe ich kalt gemacht! Mit ’nem Messer!«
»Ist er denn nicht vor Ihnen weggerannt?«, fragte Klinken scheinheilig.
»Ja, hat er versucht! Ich war schneller! Und dann: Ritsch!« Mit der Bierflasche in der Hand deutete Bastians einen Schnitt durch den Kehlkopf an, wobei er einen Großteil des Flascheninhalts auf seinem Sweatshirt verschüttete.
Klinken wandte sich an Paula. »Sehen Sie? Der Mann gesteht Ihnen alles und ich kenne zu viele Polizisten, die ihm das gerne glauben würden. Wenn Sie wirklich etwas wissen wollen, ist es in Ihrem besten Interesse, Gerd Bastians als allerletzten zu fragen.«
Im zehnten oder elften Versuch erst splitterte das Spiegelglas und das Bild von Marius Wunden brach sich dutzendfach darin. Weitere Schläge waren nötig, ehe die ersten Scherben zu Boden fielen. Unerreichbar für seine gefesselten Hände. Marius versuchte, einzelne aufzufangen, schnitt sich dabei in den Finger. Mehrfach hörte er sein Handy klingeln. Schließlich warf er sich verzweifelt mitsamt seinem Stuhl um und schrie vor Schmerz auf, als er mit den Blutergüssen des linken Oberschenkels auf dem Betonboden auftraf. Zum Glück landete er nicht in den Scherben.
So gelang es ihm endlich, eines der Glasstücke mit den Fingern zu greifen und die Fesseln nach einer ihm endlos erscheinenden Weile zu durchtrennen. Danach lag er eine halbe Stunde flach auf dem Boden, streckte die Glieder von sich und atmete. Nichts sonst.
25
Vor dem Polizeipräsidium nestelte Paula in voller Fahrt ihr Handy aus der Jackentasche und wählte Frankas Nummer. »Sie haben mit Bastians Betreuerin geredet?«
»Ja«, antwortete es knackend und abgebrochen. Der Empfang war miserabel.
»Warum weiß ich nicht, dass Bastians unter Betreuung steht?« Sie hasste mangelnde Vorbereitung. Noch mehr hasste sie das Gefühl, hängen gelassen worden zu sein.
»Es tut mir leid«, es knirschte erneut. Paula verstand kein Wort. Sie unterbrach Franka genervt, nahm das Telefon aus der Sprechvorrichtung und klemmte es sich zwischen Ohr und Schulter, während sie mit einer Hand und deutlich zu schnell unter der LanxessArena durchfuhr, um ein paar Grünphasen der zahlreichen Ampeln mitzunehmen.
»Jetzt geht es besser«, forderte sie Franka zum Weiterreden auf.
»Wie gesagt: es tut mir leid. Ich habe versucht mehr über Bastians Finanzen herauszufinden. Das einzige Ergebnis war, dass er unter Betreuung steht. Ich dachte
Weitere Kostenlose Bücher