König 01 - Königsmörder
seid wahnsinnig«, erklärte er schließlich. »Der Großrat würde das niemals zulassen.
Holze
würde niemals…«
»Hört auf, Euch etwas vorzumachen!«, entgegnete Conroyd brutal. »Glaubt Ihr, dass es auch nur einen atmenden Doranen gibt, der einen Olken mit Magie sehen will? Und wenn Ihr denkt, Holze würde versuchen, mich aufzuhalten, dann habt Ihr das Ausmaß seiner Hingabe an seine geliebte Barl und ihre Gesetze traurig verkannt!«
Plötzlich konnten Gars Beine sein Gewicht nicht länger tragen.
Er fiel auf sein Bett und wandte den Kopf ab, damit Conroyd seine Verzweiflung nicht sehen konnte. Seine Niederlage.
»Habt Ihr denn kein menschliches Gefühl?«, flüsterte er. »Bedeutet das Wort eines Königs nichts? Asher hat mir
vertraut.
Hat auf mein Versprechen vertraut, dass ich ihn schützen würde.«
»Dann ist er ein doppelter Narr. Es war ein Handel, den einzugehen Ihr nicht berechtigt wart. Ein Versprechen, von dem Ihr genau wusstet, dass Ihr es niemals würdet halten können, nicht wahr?«
Nein.
Nein.
Zumindest… kein Versprechen, von dem er geglaubt hatte, dass er es würde halten müssen. Verdammt, sie waren so
vorsichtig
gewesen. »Die Entscheidung ist einfach«, fuhr Conroyd unbarmherzig fort. »Tut, was ich sage, oder ertrinkt in einer Flut von olkischem Blut.«
Gar zwang sich, seinen Peiniger anzusehen. »Ihr würdet es wirklich tun, nicht wahr? Ihr würdet sie alle töten.«
»Das habe ich gesagt«, erwiderte Conroyd. »Glaubt Ihr es endlich?« Ja. Er glaubte es und fragte sich, während eine Welle der Übelkeit über ihm zusammenschlug, ob sein Vater jemals Verdacht geschöpft hatte, wie dieser Mann wirklich war. Ob er den Hass und die Gewalttätigkeit erkannt hatte, die hinter seinen Augen schliefen.
»Und was ist mit mir?«, fragte er dumpf. »Was geschieht mit mir, nachdem ich meinen Namen unter Eure schmutzigen Lügen gesetzt habe? Ein bequemer Unfall?«
Conroyd zuckte die Achseln. »Nicht, wenn Ihr nicht den Verstand verliert und versucht, etwas… Unkluges… zu tun. Ihr werdet hier im Turm bleiben. In aller Abgeschiedenheit. Zurückgezogen aus dem öffentlichen Leben, nachdem der Verlust Eurer Familie und Eurer Magie Eure Gesundheit auf beklagenswerte Weise zerstört hat. Das und der Verrat eines Mannes, dem Ihr törichterweise vertraut habt.«
»Das Volk…«
»Wird Euch nicht lange vermissen. Die Doranen haben Eure Existenz vor Eurer irrtümlichen Erhebung auf den Thron kaum wahrgenommen. Und was die Olken betrifft…« Ein weiteres geringschätziges Achselzucken. »Die waren ohnehin nie wirkliche Menschen.«
Gar drückte sich eine Faust aufs Herz. In ihm war ein so schrecklicher, so tiefer Schmerz, dass er glaubte, daran zu sterben. Er wünschte, er hätte es gekonnt. Asher töten… oder all seine unschuldigen Brüder und Schwestern Lurs zu töten. Wie immer er sich entschied, er würde für alle Ewigkeit mit Blut befleckt sein. O
süße Barl, vergib mir…
»Dann bringt mir Eure Proklamation«, sagte er und konnte seine eigene Stimme kaum erkennen. »Ich werde sie unterzeichnen. Und möge Barl Euch verfluchen, Conroyd, in diesem Leben und im nächsten.«
Nach einer schlaflosen Nacht erhob Dathne sich mit der Sonne, wusch sich, kleidete sich an und verzehrte halbherzig ihr Frühstück, bevor sie nach unten in die Buchhandlung ging. Das Abstauben von Regalen war ein stumpfsinniges Gegenmittel gegen Sorgen, außerdem musste es ohnehin getan werden. Die junge Poppy, die sie als Aushilfe eingestellt hatte, war perfekt im Umgang mit Kunden, schien jedoch eine Allergie gegen jedwede Säuberungsarbeiten zu haben.
Bücher hatten etwas Besänftigendes. Selbst der neueste Liebesroman von Gertsik beruhigte ihre aufgewühlten Nerven und entlockte ihr ein Lächeln. Sicher aufgehoben zwischen ihren stummen Regalen, konnte sie so tun, als lebte sie noch immer ihr altes Leben, schlenderte im Laden umher und versuchte, sich nicht an die Berührung von Schneeflocken auf ihrer Haut zu erinnern. Aber die Erinnerung ließ sich nicht leugnen.
Asher hat es schneien lassen!
Ihre Hände zitterten, und sie ließ ihr Staubtuch fallen. Sie hätte sich niemals erträumen lassen, dass seine Macht sich auf diese Weise zeigen würde. Wettermagie war doranische Magie. Sie hatte noch nie von einem Olken gehört, der sich ihrer bedienen konnte.
»Närrin«, tadelte sie sich grimmig und hob das Staubtuch wieder auf. »Er ist der Unschuldige Magier und geboren aus der Prophezeiung. Was hast du gedacht,
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