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König 01 - Königsmörder

König 01 - Königsmörder

Titel: König 01 - Königsmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
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seines ehemaligen Königs zur Kenntnis.
    »Brave Männer und Frauen!«, rief er, und die Menge wurde still. »Eure Liebe rührt mich zu Tränen!« Einschmeichelnd und melodisch tauchte seine herrliche Stimme sie alle in Schönheit. »Mitternacht ist nah. Die Gerechtigkeit wartet. Lasst ihr ihren Lauf, und lasst alle hier Versammelten Barls Barmherzigkeit und Macht bezeugen! Hauptmann Orrick!«
    Orrick erschien vor ihm und verneigte sich. »Eure Majestät.«
    »Es ist an der Zeit, Hauptmann. Tut Eure Pflicht!«
    Die Menge schrie und stampfte mit den Füßen, um ihre Zustimmung zu zeigen. Auf dem Podest hinter Gar gab es keine solch vulgäre Zurschaustellung; aber die Stimmung der Selbstzufriedenheit war förmlich mit den Händen zu greifen. Er beobachtete angewidert, wie Orrick mit langsamer Bedächtigkeit über den Platz zu dem Käfig und zu Asher hinüberging. In einer Hand hielt er einen großen Schlüssel.
    Um sich abzulenken, wandte Gar sich zu Conroyd um, der mittlerweile Platz genommen hatte, und sagte leise: »Eigentlich sollte es heute hier regnen. Habt Ihr es vergessen?«
    Conroyd, der ganz auf Orrick konzentriert war, lächelte. »Seid still.« »Oder habt Ihr die Wettermagie noch nicht einmal empfangen? Conroyd, Ihr dürft das nicht hinausschieben. Die Menschen sind abhängig…«
    »Seid still«, sagte Conroyd, »oder Ihr werdet Eure Zunge verlieren.« Er zuckte zusammen. Spielte seine Einbildung ihm Streiche, oder stimmte irgendetwas mit Conroyd nicht? Etwas war anders an ihm. Seine Augen? Die Art, wie die Haut sich übers Gesicht spannte? Irgendetwas war da. Und es bescherte ihm eine Gänsehaut.
    Drei weitere Bälle aus Glimmfeuer erloschen, und einer explodierte. Bevor Sorvold oder Daltrie handeln konnten, ersetzte Conroyd sie mit einer knappen Handbewegung. Dann nickte er Orrick zu, der den Käfig aufschloss und Asher unsanft auf den Platz hinausschob. Asher bewegte sich langsam und gequält, und seine Ketten klirrten in der plötzlichen Stille. Er sah auf, und als ihre Blicke sich trafen, setzte Gars Herz einen Schlag aus. Er starrte.
    Darran hatte
gelogen.
In Ashers dünner gewordenem, blutleerem Gesicht war keine Vergebung. Kein Verständnis, kein Hinnehmen des Unausweichlichen. Nur Hass. Hass. Hass.
    Verdammt
sei Darran. Verdammt sei auch Asher. Und Conroyd. Die Menge. Und vor allem sollte er selbst verdammt sein. Er hatte so unbedingt an Ashers Absolution glauben wollen, dass er sich taub gemacht hatte gegen die leise Stimme in ihm, die flüsterte:
Was du tust, ist unverzeihlich.
Hatte sich täuschen lassen, weil eine Täuschung so verlockend war und er sie sich so verzweifelt wünschte.
    Eine Täuschung, die jetzt tot war. So wie Asher bald tot sein würde. Orrick geleitete seinen schlurfenden Gefangenen zum Henkersblock. Dann half er ihm unpersönlich niederzuknien. In diesem Moment brach das angespannte Schweigen; die Menge schrie. Jubelte. Stampfte abermals ekstatisch mit den Füßen auf. Einige von ihnen saßen dem Henkersblock so nah, dass sie gewiss in Gefahr standen, von Blutspritzern getroffen zu werden. Ihre Gewänder würden ruiniert werden. War ihnen das bewusst? Kümmerte es sie? Oder hatten sie mit Bedacht dort Platz genommen? War es ein Versuch, eine Art widerwärtiges Erinnerungsstück zu ergattern?
    Bei der Erinnerung an das Grauen von Timon Spakes Enthauptung konnte Gar diese Lust an Blut und Tod nicht begreifen. Diese Olken, die heulend nach Ashers Mord verlangten, waren dieselben Männer und Frauen, die vor nur einigen wenigen Wochen darum gekämpft hatten, ihn Freund nennen zu dürfen. Ihm ein Bier spendieren zu dürfen. Sich bei ihren Kumpanen damit rühmen zu dürfen:
»Wie ich erst neulich zu Asher sagte…«
    Eine Berührung an der Schulter, und Asher legte den Kopf auf den Henkersblock. Gar wollte die Augen schließen, vermochte es jedoch nicht. So viel war er seinem Freund schuldig, nicht die Augen zu schließen.
    Da seine Hände und Knöchel gefesselt waren, konnte Asher das Gleichgewicht nicht halten. Er rutschte immer wieder seitlich vom Henkersblock herunter; eine letzte Obszönität. Orrick blickte auf, und Conroyd nickte. Die Fesseln wurden entfernt. Abermals senkte Asher den Kopf, und Orrick trat zurück, sodass er nicht im Weg war. Der Henker kam näher, hob seine Axt. Ein Aufkeuchen lief durch die Reihen der wartenden Zuschauer – und alles Glimmfeuer erlosch. Jähe, undurchdringliche Dunkelheit. Schreie. Verwirrung. Conroyd, der fluchte. Eine Minute verstrich

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