König 01 - Königsmörder
bei dem Gedanken, windet sich und schlägt wild gegen die Gitterstäbe seines Käfigs. Durms kränkliches Fleisch rebelliert gegen seinen Zorn. Das versagende Herz wird noch schwächer, und die gequälten Lungen fallen in sich zusammen. In Panik lässt Morg ab von nutzlosen Gefühlen und konzentriert seine ganze Willenskraft auf sein Ziel. Schlage, Herz! Atmet, Lungen!
Widerstrebend gehorcht ihm der sterbende Durm.
Morg denkt nach. Er ist nur aus einem einzigen Grund hier: Um Barls Mauer in all ihrer goldenen Pracht niederzureißen und die Nachfahren ihres trügerischen Herzens in den Schmutz zu treten, auf dass er selbst die letzten Fleckchen der Welt für sich erobern kann. Um das zu tun, braucht er einen Wirt. Und wenn Durm diesem Zweck nicht länger dienen kann, muss er einen anderen Wirt finden, der es kann.
Ein anderer Wirt…
Er hat keine Ahnung, oh ein solcher Wechsel überhaupt möglich ist. Ich werde ihn möglich machen, schwört Morg. Ich bin grenzenlos, und ich werde beenden, was ich begonnen habe. Danach kann der fette Durm sterben. Zusammen mit all seinen Freunden.
Die Zeit fliegt und mit ihr die Ereignisse, die er in Gang gesetzt hat. Schon bald wird die schwarze Krötenmagie, die er in den Geist des Krüppels gepflanzt hat, sich verzerren, wird schrumpfen und sterben. Er muss dabei sein, um es zu sehen. Er muss lebendig sein, um den Augenblick auszukosten, Nektar auf seiner Zunge, und die blutige Zeit anbrechen lassen, die das Ende der Welt, wie diese armen Narren sie gekannt haben, einläuten wird.
Ich bin Morg, seufzt er. Unsterblich und unbesiegbar. Ich empfinde keinen Schmerz. Ich empfinde keine Furcht. Er windet den ausgefransten Faden von Durms Leben um seinen eigenen geballten Verstand und konzentriert seinen Willen auf die Ewigkeit. Lebe, Durm, schmeichelt er in die widerhallende Leere um ihn herum. Lebe, fetter Narr. Denn ich bin Morg, und ich bin noch nicht fertig mit dir.
Matt seufzte, dann streckte er sich. Es hatte weit länger gedauert, als er gedacht hatte, aber schließlich war auch der letzte Splitter aus dem Fleisch des verletzten Hengstes gezogen, der klebrig von Salben im tiefen Stroh seines Stalls döste. Endlich fertig mit der Behandlung, strich Matt mit der Hand über den unversehrten Teil des grau gescheckten Halses, dann lehnte er sich an die Wand direkt hinter ihm. Er war jetzt allein und wartete; alle Burschen waren für die Nacht bereits entlassen worden. Es waren nur er und seine Pferde, so, wie es ihm am besten gefiel. Der Hengst spitzte die Ohren, und Matt streichelte ihn abermals, suchte Trost in der Wärme lebenden Fleisches unter seiner Hand. Weit fortgedrängt, wo er ihn nicht spüren konnte, lauerte der Schmerz wie ein Wolf im Wald. Die ganze königliche Familie bis auf Gar war tot, und morgen würde die Stadt in einer Welt erwachen, wie man sie sich niemals vorgestellt hatte. Was das für ihn und Dathne bedeutete, für Veyra und den Rest des Zirkels, für Gar, für Asher… Er hatte keine Ahnung. Er war jetzt zu müde, um darüber nachzudenken. Zu müde und zu ängstlich. Die Schatten in seinem Leben waren viel näher herangekrochen gekommen, berührten ihn jetzt mit frostiger Dunkelheit und Überraschung. Er hatte nach ihnen Ausschau gehalten, und dennoch hatten sie ihn vollkommen unvorbereitet getroffen.
Innerhalb und außerhalb des Stalls wurde es langsam still. Matt schloss die Augen und ließ sich von der Stille davontragen. Ließ sich atmen, einfach nur atmen, und suchte nach dem kaum merklichen Hin und Her der Energien, die unsichtbar durch die Nachtluft kreiselten. Er entfaltete seine Gabe und bat sie, vom Fluten und Fließen der Magie in der Welt zu kosten.
Etwas war anders. Etwas… fehlte.
Stirnrunzelnd versuchte er, das Gefühl festzumachen. Was war seine Ursache? Nicht Tod, obwohl der Tod von König Borne von größter Bedeutung war. Es waren schon früher mächtige Doranen gestorben, und er hatte keine große Veränderung in der Welt wahrgenommen. Die Lautlosigkeit ihres Dahinscheidens wurde bald schon erstickt von den Stimmen, die zurückblieben. Nein. Dies musste etwas mit der anderen Veränderung zu tun haben, die er gefühlt hatte. Jener Veränderung, bei der sich ihm, als er sie das erste Mal bemerkte, die feinen Härchen im Nacken aufgestellt hatten und ein namenloses Grauen nach ihm gegriffen hatte. Jener Veränderung, die er nicht einmal ansatzweise erklären konnte, weder Dathne noch sich selbst. Ein einzelner Misston im Chor von
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