König 01 - Königsmörder
richtig, genau das zu tun.
»Ich entschuldige mich, Nix«, seufzte er. »Ich wollte Euch nicht kränken. Ich weiß, dass Ihr mir keine Versprechungen geben könnt, die Durms Körper vielleicht nicht wird einhalten können.«
Die strenge Miene des Pothers wurde sanfter. »Wenn ich aufgrund lebenslanger Erfahrung eine Bemerkung machen dürfte, Herr?«
»Nur zu.«
»Lasst Euch nicht von Männern, die ein begründetes Interesse an Durms langsamer Genesung haben, einschüchtern. Oder von jenen, denen es aufrichtig um das Wohlergehen des Königsreichs geht, die Euren neuen Rang jedoch noch nicht zur Gänze akzeptiert haben.
Ihr seid der König.
Eingesetzt von Barl und gesegnet mit der Wettermagie. Vergesst das nicht… Und lasst es auch jene nicht vergessen, die geschworen haben, Euch zu dienen.«
Gar sah Nix überrascht an. Dann, während ihm die Bedeutung der Worte des Pothers langsam aufging, fiel ein Teil der erdrückenden Last von ihm ab, und er konnte wieder ruhiger atmen. »Nein«, sagte er schließlich. »Ich werde es nicht vergessen.«
»Ihr solltet Euch ein wenig Ruhe gönnen«, erklärte Nix abrupt. »Ich habe mehr Jahre, als Ihr auf der Welt seid, beobachtet, was die Wettermagie Eurem Vater angetan hat. Es ist ein grausames Geschäft. Geizt mit Eurer Energie, Herr, oder Ihr werdet nicht lange genug leben, um zu sehen, wie Euer eigenes Kind in Eure Fußstapfen tritt.«
Gar schluckte eine schneidende Erwiderung herunter. Der Mann gehorchte dem Impuls seiner eigenen heiligen Pflicht und er hatte Recht, verdammt. Die Wettermagie erwies sich als genau das, worüber seine Mutter stets geklagt hatte, das und noch mehr. Trotz des ekelhaften Stärkungsmittels des Pothers hatte er ständig Kopfschmerzen, und seine Knochen fühlten sich eigenartig mürbe an. Als könnten sie jeden Moment zu Staub zerfallen. Wenn er sich nicht zu rigoroser Disziplin zwang, trieben seine Gedanken wie Daunen auf einer launischen Brise, unmöglich einzufangen. Und er zitterte innerlich, als bliese unter der Oberfläche seiner Haut unablässig ein dünner, kalter Wind.
»Es sind erst drei Wochen«, sagte er. »Mit der Zeit werde ich mich daran gewöhnen, so wie mein Vater vor mir es getan hat und sein Vater vor ihm. Barl hätte mir die Krone nicht überantwortet, ohne mir auch die Kraft zu geben, sie zu tragen.«
Nix nickte mit zurückhaltender Miene. »In der Tat.«
Gars Blick wanderte zu Durms reglosem Körper hinüber. »Ich muss mich wieder an die Arbeit machen. Sollte er auch nur die geringste Regung zeigen…« »Natürlich«, erwiderte Nix und öffnete die Tür für ihn. »Sofort.«
Während Gar durch den Palast zu Durms trostlos leeren Gemächern ging, dachte er:
Gib, dass er sich bald regt, Barl. Mir läuft die Zeit davon.
Es fühlte sich eigenartig an, beinahe… anstößig… in Durms privatem Arbeitszimmer zu sitzen und einen seiner eifersüchtig gehüteten magischen Texte in den Händen zu halten. Dieser Raum gehörte so sehr dem Meistermagier, dass er sich wie ein Eindringling vorkam. Beinahe konnte er Durms tiefe, missbilligende Stimme hören, die zu wissen begehrte, was er sich einbilde, dies zu tun…
Das Buch, das er so vorsichtig auf dem Schoß balancierte, enthielt die Zauber, die er zur Formung der marmornen Abbilder benötigte, die die Särge seiner Familie schmücken sollten. Es gab natürlich Doranen in der Stadt, die dies tun konnten. Die die Magie für jeden Bürger vollzogen, der Geld hatte und das Bedürfnis nach solchen Denkmälern. Ging es jedoch um die königliche Familie, schrieb die Tradition vor, dass die Aufgabe einzig dem Meistermagier vorbehalten sei. Da Durm ausfiel, würde er es selbst tun. Ein letzter, liebevoller Dienst für jene, die er nur um Haaresbreite überlebt hatte.
Er ließ das Buch aufklappen und suchte in den vom Alter fleckigen Seiten, bis er die Beschwörung fand. Las die Worte, spürte, wie die Siegel der Macht sich entfalteten, und staunte von Neuem über die neuen Kräfte, die ihm zugewachsen waren.
Vor Jahren hatte er versucht, kindliche Zauber zu lernen. Zu begreifen. Er hatte versagt, weil er ohne Magie so erfolgreich war wie ein taubes Kind, das versuchte, Musik zu hören, indem es ein Notenblatt las. Jetzt klangen Beschwörungen in seinem Kopf wie ein Chor.
Er schob die Erschöpfung beiseite, ohne das langsame Voranschreiten des Tageslichts hinter den mit Vorhängen verhängten Fenstern wahrzunehmen, und ließ sich unter die Oberfläche des Staunens gleiten, ließ
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