König 01 - Königsmörder
Zähne und legte ihm die dunkelgrüne Droge unter die Zunge, wo sie sich langsam auflösen würde. Während sie darauf wartete, dass das Schlafmittel ihn vollends beruhigen würde, betrachtete Nix noch einmal die Traube von Pothernin der Tür.
»Nun? Eure Pflicht hier ist getan. Macht euch wieder an die Arbeit.« Sie zogen sich schweigend zurück, aber die Blicke, die sie austauschten, sagten alles. Selbst die unerschütterliche Kerril wirkte zweifelnd.
»Geh!«, befahl er ihr. »Ich werde bei ihm bleiben, bis ich mich davon überzeugt habe, dass er weiterschlafen wird.«
Sie nickte und verließ den Raum. Er drückte die Fingerspitzen auf Durms sprunghaften Puls, den Geschmack von unmittelbar bevorstehendem Versagen im Mund. Er konnte diese Scharade nicht länger aufrechterhalten; dieser Anfall hatte ihm auch noch die letzte verblassende Hoffnung geraubt.
Durm lag im Sterben. Es war jetzt nur noch eine Frage der Zeit, bis der schwächer werdende Wille des Magiers endgültig nachgab.
»Es tut mir leid«, seufzte er und tätschelte Durms schlaffes Handgelenk. »Ich habe es versucht. Bitte, glaubt mir, ich habe es versucht.«
Er war so nah daran gewesen, sich zu befreien, so nah. Morg spürt, wie die Droge in sein Gefängnis aus Blut und Knochen einsickert, und schreit seinen Zorn und seine Verzweiflung heraus. Barls Wettermagie verbrennt ihn wie ein Brandeisen. Sie bedeutet, dass der Krüppel noch immer über seine unnatürliche Magie gebietet… aber wie kann das sein? Gars künstliche Kräfte hätten ihn mittlerweile im Stich gelassen haben müssen! Sie waren eigens dazu geschaffen, wieder zu verebben!
In die Schatten verbannt, kräht Durm, der Misthaufenhahn, seinen vorübergehenden Triumph heraus. Morg knurrt ihn an und offenbart all seine schrecklichen Zähne, woraufhin Durm klugerweise den Schnabel schließt und den Kopf einzieht. Solchermaßen zufriedengestellt, konzentriert Morg all seine Willenskraft auf einen Sieg. Er muss diesem Käfig aus Fleisch entfliehen. Er muss herausfinden, warum die Magie des Krüppels noch immer ungebrochen ist. Er muss seinem Exil ein Ende machen. Lass mich raus! Lass mich raus! Lass mich raus!
Matt spürte, wie die Veränderung einem Feuer gleich durch die Welt toste. Er fuhr in seinem Bett auf. Mit hämmerndem Herzen zündete er die Kerze auf seinem Nachttisch an und sah sich in seinem winzigen Schlafzimmer um. Alles wirkte noch genauso wie immer.
Der Schweiß auf seinem Gesicht brannte ihm in den Augen und rann kitzelnd durch seine Bartstoppeln. Er riss das Laken hoch, wischte sich ab und wartete darauf, dass sein donnernder Puls sich beruhigte.
War es Asher? War ihm etwas zugestoßen? Er konnte es nicht sagen. Die Fähigkeit des Sehens war ihm nicht gegeben, und zum ersten Mal in seinem Leben bedauerte er das.
Wie immer, wenn er Sorgen hatte, suchte er Trost bei seinen Pferden. Die ganze Nacht hindurch brannten neben jedem Stall Sicherheitslampen, die lange Schatten warfen. Am Himmel leuchteten die Sterne wie Brocken lebendigen Eises, und die Mauer schimmerte golden und unbewegt wie eh und je. Er tappte leise in seinen Pantoffeln über den Hof und achtete dabei auf jeden Schritt. Seine Burschen waren gute Kerle und bestens ausgebildet; sie würden beim ersten Zeichen einer Störung oder beim Klang unerwarteter Schritte auf dem Kies aufwachen.
Der arme, vernachlässigte Ballodair, den sein Näherkommen aus dem Schlummer gerissen hatte, schob schläfrig den Kopf über seine Stalltür, und seine schön geschwungenen Ohren zuckten. Matt tätschelte ihn zärtlich und versprach, dafür zu sorgen, dass der König ihn häufiger ritt oder ihm erlaubte, für eine Weile aufs Land zu gehen, wo ein Pferd ein Pferd sein konnte und so viel Be– wegung bekam, wie es wollte.
Wie aufgeschreckte Saatkrähen wirbelten ihm Gedanken und Fragen durch den schmerzenden Kopf. Etwas Ungeheuerliches war soeben geschehen. Das Gleichgewicht der Magie Lurs hatte sich verändert, war aus den Fugen geraten. Er runzelte die Stirn und ließ geistesabwesend Ballodairs ordentlich gekämmte Stirnlocke durch seine Finger gleiten.
Steckte Asher hinter dieser Veränderung? Und wenn ja, bedeutete das, dass das Warten jetzt wirklich sein Ende gefunden hatte? Im letzten Jahr hatte es so viel Anspannung gegeben. Furchtsame Erwartung. Er hatte das Gefühl, als hätte er für eine Ewigkeit unter einem dräuenden Himmel den Atem angehalten, Blitze zucken sehen, Donner grollen hören in der steten Erwartung,
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