König 02 - Königsmacher
machen…
Asher blickte stirnrunzelnd auf Cygnets Ohren hinab. Er hatte nie um ein interessantes Leben gebeten. Im Grunde genommen hatte er überhaupt nicht um viel gebeten. Nur um etwas Geld und ein Boot und ein wenig Ruhe und Frieden. Doch es schien, als hätte er vom Schicksal mehr erbeten, als es ihm zubilligen wollte.
Es war so verdammt ungerecht!
Gar sagte: »Ohne einen weiteren Streit vom Zaun brechen zu wollen, möchte ich eins bemerken. Sobald wir wissen, wie die Dinge in Dorana stehen, sobald… die neue Ordnung errichtet ist, solltest du dir Zeit nehmen, über deine Zukunft nachzudenken. Ich möchte nicht, dass du dich verpflichtet fühlst, weiter in meinen Diensten zu bleiben. Seit du vor einem Jahr als Fischer in die Stadt gekommen bist und zum Stallburschen wurdest, hast du es weit gebracht, Asher. Ich denke, du könntest alles tun, was du willst.«
O ja. Natürlich konnte er das. Alles… Nur nicht das Einzige, das ihm je wirklich wichtig gewesen war. Er sah Gar von der Seite an. »Was schwebt Euch denn vor?«
Gars Lippen zuckten zu einem winzigen Lächeln. »Oh, ich weiß nicht. Vielleicht braucht Dathne ja einen Laufburschen für ihre Buchhandlung.«
Ashers Magen krampfte sich zusammen.
Dathne.
Zum Kuckuck mit Gar. Er hatte sich solche Mühe gegeben, nicht an Dathne zu denken.
»Ich habe mir doch nichts eingebildet, oder?«, fuhr Gar fort. »Du und Dathne…« »Wir sind Freunde«, erwiderte er energisch. »Zumindest waren wir das. Dann bin ich fortgegangen. Ich bin mir nicht sicher, was wir jetzt sind.«
»Ihr seid im Unreinen auseinandergegangen?«
Asher seufzte. »Wir sind auseinandergegangen.«
»Ich mag Dathne«, meinte Gar nachdenklich. »Sie ist eine ungewöhnliche Frau. Eigentlich zu gut für dich. Nimm meinen Rat an, Asher: Wenn du mit ihr gesprochen und sie gefragt hast - lass sie nicht wieder los. Was ist das?« Es war eine Kutsche, die verwegen auf sie zugestürmt kam. Das Hämmern der Hufe auf der harten Straße war in der kühlen Abendluft deutlich zu hören, ebenso wie das Knallen der Peitsche, die der Fahrer über dem Rücken der galoppierenden Pferde schwang. Trotz ihrer knochentiefen Müdigkeit brachen Cygnet und Ballodaire in einen Trab aus. Asher und Gar tauschten einen Blick und drängten die Tiere weiter. Die Kutsche kam immer näher, und sie konnten erkennen, dass es sich um einen offenen Reisewagen handelte und dass hinter dem Lenker des Gespanns zwei Personen saßen. Als die Kutsche noch näher kam, standen die Fahrgäste auf - ein gefährliches Unterfangen in einem so schnell fahrenden Wagen -, hielten einander fest umfangen und winkten. Riefen. Als die Kutsche nur noch wenige Meter entfernt war, konnten sie erkennen, dass einer der Fahrgäste die Königin war, Dana, deren langes blondes Haar hinter ihr im Wind flatterte, und der andere war… der andere…
»In Barls gesegnetem Namen…«, flüsterte Gar. Er ließ seine Zügel fallen, vergaß vollkommen, seinen Heilsring zu küssen und schwankte im Sattel. Ballodaire, der aufs Beste ausgebildet war, blieb rasch, aber nicht zu rasch stehen. Asher hielt neben ihm an und streckte helfend die Hand aus. Gar, der die Geste nicht einmal wahrnahm, saß wie zu Stein erstarrt im Sattel.
Die Kutsche drosselte das Tempo, und Matcher, der Kutscher, lehnte sich zurück und rief den Pferden sein »Brrr, brrr« zu. Bevor der Wagen wenige Schritte von ihnen entfernt zum Stehen kam, wurde der Schlag aufgerissen.
»Papa?«, rief Gar und ließ sich zu Boden gleiten. »Papa!
Papa!«
Vater und Sohn liefen aufeinander zu. Der König taumelte; nicht stark, sondern verzweifelt. Sie prallten zusammen, umarmten einander überschwänglich, lachten, weinten. Sie schlugen einander auf die Schulter und strichen sich mit zitternden Fingern über die Wange. Ihr Glück kannte keine Grenzen. Still wie der Tod beobachtete Asher das begeisterte Wiedersehen.
»Zeth, wo ist Pa? Ich will mit ihm sprechen.« »Nein, er ist genau da, wo du ihn hingebracht hast, lieber Asher. Tief in der kalten, dunklen Erde.«
Die Königin, die in ihrer Hast stolperte, eilte auf ihren Mann und ihren Sohn zu. Drei Menschen in einer unzertrennlichen Umarmung, und sie alle weinten zusammen.
Es verstrich einige Zeit. Schließlich lösten der König, die Königin und der Prinz sich voneinander und gingen, immer noch in überschwänglicher Laune, auf die Kutsche zu. Sie stiegen ein und schlossen die Tür. Matcher schnalzte mit der Zunge und griff nach seiner Peitsche. Die
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